39 - Schwertkampf

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Ich stürze. Der härteste Sturz meines Lebens, stelle ich fest, als der Zwerg hinter mir zu gickeln beginnt.
"Oh man, Kurama! Du brauchst echt noch viel Training, hm?" Jetzt lacht sie richtig, zwar leise, aber dennoch genug, um mich auf Hundertachzig zu bringen.
Wütend greife ich nach dem lächerlichen Stück Holz, das eigentlich ein Schwert sein sollte. Sie sieht mich furchtlos an, als ich auf sie zu stürme. Diesmal werde ich all meine Kraft benutzen - da hat sie nicht viel entgegenzusetzten. Doch auch diesmal weicht sie mir geschickt aus, nutzt allen Raum, der ihr zur Verfügung steht. Dann bekomme ich ihren Fuß im Nachen zu spüren. Schwarze und weiße Punkte tanzen vor meinen Augen und so ist es kein Wunder, dass der nächste Tritt mich erneut zu Boden wirft. Wieder spüre ich die Spitze des Holzes in meinem Rücken. "Wieder tot," höre ich es gelangweilt von meinem Mentor. "Wenn du glaubst, du verdienst ein Schwert, dann beweis es mir. Bis dann bin ich in meinem Studierzimmer."
Ich höre, wie seine schweren Schritte sich entfernen und verkrampfe. Versagt. Schon wieder! Versagt, versagt, versagt! Schon wieder übertrumpft mich dieses... Gör, der Liebling des Mannes, der mich so sehr verabscheut, ist auch noch besser als ich. Wieso kann ich das nicht?! Nur ein einziges Mal will ich besser sein. Besser als mein Vater, besser als andere es von mir erwarten. Zumindest nur EIN MAL besser als SIE!

"Ich werde euch allen zeigen, dass ich es kann! Ich werde der beste Beschützer, den ihr euch je vorstellen könntet - nein, sogar besser! Und dann, dann wirst du mir nie wieder auch nur nahe kommen, so viel besser werde ich sein!!", schreie ich aus vollem Halse und renne ein letztes Mal auf sie zu. Sie macht sich schon kampfbereit, als ich einfach an ihr vorbei zische. Als sie sich umdreht bin ich schon über alle Berge.

...

"Ich werde nie gut genug sein, oder?"

Schinuya neben mir seufzt. "Hat Jorjio dir das gesagt?"

"Nein, aber ich sehe es. Sie sind alle unzufrieden mit mir. Ich lerne nicht schnell genug, sagen sie. Ich bin nicht gut genug für das, was ich mal machen soll. Das sagen sie alle."

"Nun, dann musst du ihnen das Gegenteil beweisen."

"Glaubst du, ich kann das, dass ich gut genug bin? Senja besiegt mich doch sowieso wieder...ich kann das einfach nicht." Niedergeschlagen senke ich den Kopf auf meine Knie, hebe ihn allerdings wieder, als Shinuja herzlich zu lachen beginnt. "Das ist nicht witzig!", schimpfe ich wütend.

"Oh doch, Kleiner. Oder glaubst du, es wäre irgendwem hier anders ergangen?"

Überrascht sehe ich ihn an. "Was meinst du damit?"

"Na, wir mussten alle gegen den besten der Älteren antreten. Immer und immer wieder. Dabei geht es nicht darum zu gewinnen."

"Oh, doch. Außerdem ist sie viel jünger, als ich! Ein totaler Zwerg! Ich bin es, der überlegen sein sollte!" Bockig stütze ich wieder das Kinn aufs Knie.

Widererwarten scheint Shinuja jedoch nicht im Mindesten überrascht. Lässig lehnt er sich zurück und schließt genüsslich die Augen. "Achso? Und wann hast du angefangen, das Kämpfen mitdem Schwert zu lernen?"

Wieso ist das wichtig? Ich muss doch wohl besser sein, als so eirn kleines Mädchen! "Drei Wochen schon."

"Hast du dir schonmal überlegt, wieso sie der Liebling deines Lehrers ist?"

"Ist doch egal. Ich werde sowieso nie besser als sie."

"Wenn du meinst..."
Langsam bekomme ich das Gefühl, er schläft bald ein. Außerdem hört er mir wohl gar nicht wirklich zu. Könnte er nicht zumindest ein wenig Mitleid vortäuschen?

"Weißt du noch, wer Lyllian ist?" Verwundert bejahte ich. "Sie war meine Gegnerin."

"Achso? Und? Wie war's? Bestimmt nicht so mies, wie bei mir..."

Woe erwartet widerspricht er lachend: "Oh doch, sogar viel schlimmer!" Von wegen. Das sagt er doch nur, um mich zu trösten. Beleidigt ziehe ich die Augenbrauen zusammen.
"Kleiner, du ahnst nicht, wie schwer es war, überhaupt in die Nähe meines Gegners zu kommen. Es hat mich ganze zwei Wochen gekostet, ihn überhaupt berühren zu können und von kämpfen konnte man da noch längst nicht reden." Er sieht mich grinsend an. "Wie weit hast du es denn geschafft?"

Kurz überlege ich. Was hatte ich denn erreicht? Eigentlich nichts. "Ich komme nicht näher als einen Meter. Danach liege ich auch schon auf dem Boden."

Verdutzt blinzelt er. Dann lacht er aus vollem Halse, bis sich Trännen aus seinen Augenwinkeln rinnen. Ständig wiederholt er: "Ein Meter, ein verfluchter Meter!"

Als er nach ein paar Momenten immernoch nicht aufhört stehe ich auf und sehe ihn verärgert an. "Ich weiß wirklich nicht, was daran so witzig ist! Ich versuche es wenigstens!"

Immernoch lachend schüttelt er hektisch den Kopf, versucht nach Atem ringend zu sprechen, jedoch ohne Erfolg. Ich will schon gehen, da fängt er nach Luft japsend an, zu sprechen: "Das war dein zweiter Tag. Ich habe da schon bei drei Metern Entfernung mein Schwert fliegen sehen. Sei stolz auf dich - du machst das wirklich gut." Seine Stimme ist weich geworden und er strubbelt mir liebevoll durch die Haare, fast väterlich. Mir wird warm in der Brust. "Danke, Shinuja."

* * *
H

ey, kurze Info, könnte verwirrend sein:
Das hier war ein kleiner Einschub aus Kuramas Vergangenheit, ein Erinnerungsfetzen sozusagen. Er soll zeigen, was Shinuya für Kurama bedeutet hat, denn er war soetwas wie ein Ersatzvater, den er schmerzlich verloren hat. Fand ich schöner, als das in der Geschichte zu erklären 🙃
Außerdem wollte ich mich noch kurz bedanken, dass ihr das Buch bis hierhin gelesen habt und hoffe es gefällt euch! 🤗 Danke auch für alle Kommentare jetzt und in Zukunft. Hab euch lieb und hope to read you. 🙋🏽‍♀️️🤗

Das Geheimnis der drei BücherWo Geschichten leben. Entdecke jetzt