University of Buffalo

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Mary Lous Sicht

"Schätzchen, es ist schon etwas laut hier drin"
"Ja mom, das ist ein Studentenheim. Was erwartest du?" ich drehte mich zu ihr um und schenkte ihr ein lächeln. Um erlich zusein, ich teilte ihre Meinung. Aus manchen Zimmern ertönten nur Stimmen. Einige hatten hitzige Diskussionen, andere hörten sich weinerlich an und hin und wieder regte sich auch jemand auf.
An anderen Türen hingegen, hörte man Musik spielen und es war mir ganz am Anfang auch schon passiert, dass ein ziemlich lautes Stöhnen an mein Ohr gedrungen war.

Mich aber schreckte nichts davon ab. Das hier war eine Großstadt und ein College und weder die laute Musik wirkte abstoßend auf mich, noch das Gestöhne. Das war hier wohl einfach so. Nicht jeder kam aus Kanada und konnte die Stille eines Bauernhofes genießen. Nicht jeder war von Tieren umgeben und hatte die Chance in so einer, etwas abgelegenen aber friendlichen Welt, aufzuwachsen wie ich.

Jetzt aber war ich hier, mit zwei Kisten bepackt und bereit für das Abenteuer, das sich nun mein Leben nannte. Ich kannte die Geschichten meiner beiden älteren Brüder über das Kollege. Wenn man diesen Erzählungen glauben schenken konnte, dann ging es hier ab und zu etwas extremer zu. Sie redeten von Partys, 'Weibern' und Spaß. Noch nie hatte ich wirklich ein Wort davon gehört, dass ihnen das Lernen wichtig war. Mir aber war es das schon. Ich wollte hier studieren um etwas aus meinem Leben zu machen und einmal gutes Geld zu verdienen. Da waren Dinge wie Partys und vermutlich auch Sex nicht in meinem Kopf.

Ich habe mich aus einem guten Grund für die University of Buffalo entschieden. Mein fester Freund Phil spielt ab der neuen Saison für das örtliche professionelle Eishockeyteam, die Buffalo Sabres. Ich wollte in seiner Nähe sein und hatte daher das Angebot dieser Uni nicht ausgeschlagen.

"Wo gehst du denn hin? Mary Lou, mach die Augen auf. Hier ist es doch; B24" mein ältester Bruder Greg verdrehte die Augen und blieb vor der Holztür stehen die zu meinem Zimmer führen sollte. Ich drehte um und lehnte mich dagegen. Aus diesem Raum ertönte kein Mucks. Keine Stimmen, keine Musik, kein Gemurmel und ich danke Gott dafür, dass auch kein Stöhnen zu hören war.
"Was zur Hölle tust du da? Mach schon die Tür auf" Greg drückte so schnell auf die Türklinke, dass ich mit samt der Tür die aufging, in den Raum fiel und auf dem Boden landete.
Einige Sekunden blieb ich regungslos auf dem Teppich mit dem Logo des Colleges liegen und analysierte den Raum.
Es war niemand hier. Langsam rappelte ich mich auf als auch meine Mutter mir zur Hilfe kam. Ich klopfte den Staub von meinem Shirt.
"Stell die Kartons da rüber, bitte. Ich will das rechte Bett" kaum habe ich meinem Bruder diese Anweisung gegeben, da warf er die Kartons in die Ecke und machte es sich auf meinem Bett gemütlich. Er wippte etwas auf und ab, bis er mich angrinste.
"Die Federn sind etwas durchgelegen Mary Lou" sein breiter Gesichtsausdruck bleibt weiterhin bestehen.
"Du weißt, Schwesterherz ich liebe dich über alles..." er legte sich zurück und verschränkte die Arme hinter dem Kopf.
"Aber?" mir entwich ein seufzen.
"Aber ich hab so das Gefühl, dass das nicht das Ware für dich ist" beiläufig zuckte er mit den breiten Schultern.
"Ich meine, ich will das es dir gut geht und hier drin geht es nunmal etwas anders zu als Zuhause oder auf der High School. Die Leute hier sind erwachsen und bevor du nicht im zweiten Semester bist, nimmt dich sowieso keiner Ernst. Es gibt hier ein paar Typen die dich anmachen werden auf der Hoffnung nach mehr. Es gibt hier Tussis und Weiber die dich schlecht behandeln werden, weil...du dich etwas gezügelter verhältst als andere und wenn du nicht wenigstens ein bisschen Gas gibst und dich auf Partys blicken lässt, dann landest du im Buchclub. Keine Ahnung ob die hier einen haben aber du wirst dann zur Streberin und als Langweilerin abgestempelt die dir notfalls sogar die Hausaufgaben macht, weil sie denkt es läuft hier wie auf der High School"
"Greg!", ermahnte ihn meine Mutter.
"Pass auf was du sagst" wie früher erhob sie den Zeigefinger und deutete anklagend auf ihn.
"Ich will ihr doch nur helfen. An Nancy brauchst du dir kein Beispiel nehmen" zweifelnd betrachtete ich ihn wie er da lag. Er hat zwar recht was Nancy angeht aber bei dem Rest wollte ich ihm nicht wirklich glauben. Sie war die Erstgeborene unserer Eltern und somit 10 Jahre älter als der Nachzügler. Diesen Platz nahm dann wohl oder übel ich ein. Sie war verheiratet, und lebte in Moose Jaw. Außerdem hat sie zwei Kinder und das dritte ist unterwegs. Sie lebt in einem kleinen Häusschen in einem Dorf in dem sie jeder kennt und Bill, ihr Mann ist Busfahrer. Zugegeben; dieses Leben ist ein Klischee aber zugleich ein wunderschönes.
"Wie du meinst" beleidigt zuckte ich mit den Schultern.
"Ich wollte es nur gesagt haben, Kleines. Auch Mauerblümchen ändern sich. Ich hab dich Lieb" er erhob sich endlich von den weißen Laken und gab mir einen Kuss auf die Wange. Meine Mutter und er machten sich dann auf den Weg nach unten um die restlichen Kartons zu holen. Ich wusste, dass er das nicht böse meinte aber trotzdem blieben seine Worte in meinem Kopf.

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