Hello Canada

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Nathans Sicht

Kaum hatten wir die Kanadische Grenze überschritten, fühlte ich mich total befreit. Ich war zuhause, ich ließ das Fenster herunter und die lauwarme kanadische Luft schlug mir entgegen. Lou sah Gedankenverloren aus dem Fenster, ich griff nach ihrer Hand und für einen Augenblick sahen wir uns lächelnd an. Unser Entschluss mit dem Auto zu fahren, und damit einen mehrtägigen Roadtrip auf uns zu nehmen, entpuppte sich immer mehr als die beste Idee, die wir je hatten.

Kanada war mir so vertraut und doch war es mir in den letzten Jahren ziemlich fremd geworden. Ich hatte wenig Zeit in meinem Heimatland verbracht, doch nun war ich wieder hier und es fühlte sich direkt wieder wie früher an, als ich noch im örtlichen Verein gespielt hatte, nur das Auto hatte sich maßgeblich verändert, es war nicht mehr der alte klapprige VW, der mich über Jahre zu jedem Spiel gefahren hatte.

Am späten Abend des zweiten Tages erreichten wir Saskatoon und hatten damit schon über die Hälfte der 2.238 Meilen langen Strecke von Buffalo nach Athabasca zurückgelegt. Wir hatten am Stadtrand in einem kleinen Motel Quartier bezogen. Ich ließ mich direkt aufs Bett fallen und kickte dabei die Schuhe von meinen Füßen. Mary Lou stand immer noch Gedankenverloren mitten im Zimmer. „Was ist los?“, ich drehte mich zur Seite um sie besser sehen zu können. „Ich war seit Ewigkeiten nicht mehr in Saskatoon“, sie schmunzelte. „Ich musste an den Ausflug denken, den mein Dad mit mir gemacht hatte als ich 11 Jahre alt war. Ich war als jüngste und dazu noch als jemand ohne Zeitaufwendiges Hobby immer hintenan gewesen und eines Freitagabends hat mein Dad mich gepackt und wir sind die ganze Nacht hindurch bis nach Saskatoon gefahren. Wir haben nur Chips, Pizza und Süßigkeiten gegessen. Bei Sonnenaufgang standen wir auf der Broadway Bridge und das war das schönste was ich je gesehen hab. Wenn ich ehrlich bin hatte ich nie wieder so ein tolles Wochenende. Mit Ausnahme auf unseren kleinen Roadtrip“, sie lächelte und ließ sich neben mir auf das Bett fallen. Ich zog sie eng an mich und gab ihr einen Kuss, bevor ihr auch schon die Augen zugefallen waren. Sie lächelte friedlich im Schlaf und ich musste noch lange an ihre Worte denken, bevor ich auch endlich einschlief.

„Lou komm wach auf“, sanft rüttelte ich an ihr, bis sie brummend die Augen öffnete. „Was willst du es ist noch Stockfinster“, sie wollte sich grade zur Seite drehen, doch ich hielt sie davon ab. „Komm steh auf wir müssen los, wenn wir pünktlich sein wollen“, brummend ergab sie sich und stand auf. Ich hatte grade unsere Taschen ins Auto befördert, als Lou fertig angezogen in der Tür stand. Beide stiegen wir wieder ins Auto. Ich startete den Motor fuhr vom Parkplatz des kleinen Motels. Am Horizont war grade ein grüner Streif zu erkennen, der einen neuen Tag ankündigte. Ich lenkte das Auto quer durch die Straßen und kaum waren wir eine Minute unterwegs da, war Lou auch schon wieder eingeschlafen. Als ich das Auto abstellte, hatte sie der grüne Streif mit einem Orange vermischt. „Lou wach auf“, flüsterte ich. „Wo sind wir?“, wollte sie wissen und gähnte herzhaft. „Wir sind auf der Broadway Bridge und in ungefähr 10 Minuten wird die Sonne aufgehen“, ihre Augen fingen an zu glänzen. Ich konnte gar nicht so schnell gucken, wie sie aus dem Auto gesprungen war. Als ich endlich auch das Auto verlassen hatte, stand Lou schon am Brückengeländer und der leichte Wind spielte mit ihren Haaren. Ich trat hinter sie und schlang meine Arme um ihren schmalen Körper. Genau in dem Moment stiegt die Sonne über dem South Saskatchewan River hervor und bot uns einen Anblick, den wir unser ganzes Leben nicht mehr vergessen würden. „Danke dafür“, in Lous Augen stand Tränen, als sie sich zu mir drehte. Ich zog sie noch enger an mich und drückte ihr einen Kuss auf die Lippen. „Für dich immer“, ich lächelte sie an und wir beide wandten uns wieder der Sonne zu, die immer weiter am Himmel emporkletterte.

Als wir auf den Hof der Taylors einbogen, wurden wir direkt von einem Begrüßungskomitee empfangen. Ich hatte den Wagen noch gar nicht ganz gestoppt, als Lou schon ausgesprungen war und ihre Eltern freudig umarmte. In diesem Moment war ich mehr als aufgeregt. So langsam ich konnte, stieg ich aus dem Auto aus und trat langsam dahinter hervor. „Mom, Dad das ist Nathan“, Lou war auf mich zu gerannt und zog mich quasi auf ihre Eltern zu „Willkommen in der Familie Nathan“, ihr Vater gab mir die Hand und zog mich gleich in eine brüderliche Umarmung. Auch ihre Mom umarmte mich direkt und begrüßte mich freudig. Ganz perplex von der freudigen Begrüßung, war ich gar nicht mehr in der Lage, dem Gespräch zu folgen, das grade begonnen hatte. „Wir haben euch das Gästehaus hergerichtet, in deinem Alten Zimmer wäre es wohl etwas eng geworden“, Bethany Taylor lächelte uns an. „Danke Mom, wir machen uns dann kurz frisch und kommen dann rüber“, damit gingen wir zum Auto und holten unsere Taschen. Das Gästehaus der Taylors, war groß genug um eine ganze Eishockeymannschaft darin unterzubringen, zudem lag es direkt an einem See, der quasi mit zu dem 20.000 Hektar großen Grundstück gehörte, das die Taylors ihr Eigen nennen. „Beeil dich meine Brüder werden gleich da sein“, ich war immer noch damit beschäftigt mich in dem Haus zurecht zu finden. „Was wieso?“, ich war verwirrt und die lange fahrt hatte mich müde gemacht. „Wir grillen heute Abend drüben am Haus, meine Brüder kommen und später auch meine Schwester mit ihrem Mann und den Kindern, alle wollen dich kennenlernen“, ich wusste mir war etwas entgangen, als ich in meiner starre über die herzliche Begrüßung verharrte. Lou war schon wieder davon gewuselt und ich, ich versuchte so gelassen wie möglich zu bleiben.

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