Kapitel 15

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„Ähm, okay?" sagte ich und trat zur Seite. Ich war mir nicht sicher was mir bevor stehen würde. Sofia und Alice betraten meine Wohnung. Eigentlich war ich ja müde und wollte einfach nur schlafen.
Sie begaben sich in mein Wohnzimmer und ich folgte ihnen. Fia stand mit verschränkten Armen da und sah mich an. Alice sah zu Boden, als könnte sie mir nicht ins Gesicht sehen.

„Um was geht es?" fragte ich, auch wenn ich schon eine Ahnung hatte. Fia seufzte.
„Alice hat mir von Peter Pan erzählt." meinte Fia. Ich warf Alice einen vorwurfsvollen Blick zu, doch sie sah nicht zu mir. Das war in diesem Moment vielleicht sogar besser für sie.

„Ach, hat sie das?" fragte ich und verschränkte ebenfalls meine Arme. Sofia sah mich besorgt an.
„Ja, und ich denke, dass du dir vielleicht Hilfe suchen solltest." sagte sie vorsichtig. Ich runzelte meine Stirn. Bitte was?
„Was? Wieso denkt ihr alle ich wäre verrückt?" fragte ich aufgebracht. Ich würde es doch wohl wissen, wenn ich verrückt werde.
„Ich denke nicht, dass du verrückt bist, Ben. Ich denke nur, dass du unendlich einsam warst." erklärte Sofia. Ich rollte mit den Augen. Das Gespräch mit Alice hat mir schon gereicht.

„Was hat das mit Peter zutun?" fragte ich genervt. Fia kam einen Schritt näher.
„Wenn man trauert, spielt die Psyche einem manchmal Streiche. Ich studiere sowas, Ben. Es kann vorkommen, dass man sich etwas oder jemanden einbildet um den Schmerz zu verarbeiten." erklärte sie mir und ich lachte. Das kann sie doch nicht ernst meinen.
„Das ist lächerlich! Ich bin mir sicher, dass ich mir diese ganzen Gespräche nicht eingebildet habe!" erwiderte ich aufgebracht. Fia seufzte, und Alice sah nun langsam auf zu mir.

„Benji, hör Sofia doch mal richtig zu. Ich denke sie könnte recht haben." meinte Alice. Ich sah sie an und runzelte meine Stirn.
„Schön, dass du dich auch einmal zu Wort melden kannst." meinte ich wütend.
„Hey! Sie will nur helfen!" warf Fia ein. Ich war so wütend, dass ich wieder diesen Kloß in meinem Hals verspürt. Ich schluckte ihn runter.

„Na klar, ihr alle wollt immer nur helfen, aber wer hat es am Ende getan? Niemand von euch!" antwortet ich laut. Fia zuckte zusammen.
„Hör zu, ich habe dir für Montag einen Termin bei einem Therapeuten gemacht." sagte sie mit zittriger Stimme, als würde sie gleich weinen. „Wir gehen dahin und-„

„Ist das dein ernst? Hörst du dir eigentlich selbst zu? Ich brauche keinen Therapeuten, Sofia! Mir geht es blendend!" fuhr ich sie an. Es tat weh, dass sich beide gegen mich stellten. Meine eigene Familie.
„Nein, geht es dir nicht und das ist okay! Gehe einmal hin und dann wenn du dann noch meinst, dass das unnötig ist, dann kannst du es bleiben lassen." sagte sie. „Bitte." flüsterte sie und eine Träne lief über ihre Wange. Ich schloss meine Augen und atmete tief durch.

Ich wollte nicht. Ich war nicht verrückt. Peter Pan existiert. Ich bilde mir das nicht ein. Ich brauche keinen Therapeuten. Allerdings wollte ich Fia auch nicht zum weinen bringen. Auch wenn ich gerade unendlich wütend auf sie bin, ist sie meine Schwester. Meine einzige Schwester.
„Okay, ich gehe einmal hin, aber danach werde ich es lassen!" sagte ich genervt. Sofia wischte sich die Träne weg und nickte.

„Danke." flüsterte sie. Eine Stille herrschte, bis sie sich räusperte. „Ich werde mich dann mal auf den Weg nachhause machen. Ich denke ihr habt noch was zu klären." meinte sie und sah zu Alice.
„Danke, Fia." sagte Alice und Sofia nickte. Sie warf mir einen letzten Blick zu und ging dann. Jetzt gab es nur noch mich und Alice.

„Benji, ich-„
„Ich möchte, dass du gehst." sagte ich kalt. Sie sah mich verletzt an und ich konnte sehen wie Tränen in ihre Augen stiegen. Auch ich verspürte den Wut-und-Trauer-Kloß in meinem Hals.
„Es tut mir leid, aber ich mache mir Sorgen!" verteidigte sie sich. Ich lachte und versuchte damit meine Wut zu überspielen.

„Du hast es versprochen, Alice. Deine Entschuldigung ist nichts mehr wert." erwiderte ich und auch bei ihr lief eine Träne über ihre Wange. Sie schniefte.
„Bitte, schick mich nicht weg. Du bist mein bester Freund und ich will nur, dass es dir gut geht." seufzte sie als weitere Tränen über ihre Wangen liefen. Nun stiegen auch mir Tränen in die Augen.
„Nein, bin ich nicht mehr." sagte ich kalt. Sie starrte mich an. Ihre Mundwinkel zogen sich langsam nach unten.
„Was?" fragte sie ungläubig. Mein Herz zog sich zusammen.
„Du hast richtig gehört. Ich bin nicht mehr dein bester Freund." wiederholte ich. Nun konnte ich es selbst nicht mehr zurück halten und eine einzelne Träne verließ meinen Körper.

„Nein, Benji, das meinst du nicht so." erwiderte sie und kam näher. Sie legte ihre Hand auf meinen Oberarm doch ich schüttelte sie ab.
„Ich will dich nie wieder sehen." sagte ich und wendete meinen Blick ab. Sie schluchzte und hielt sich ihre Hand vor ihren Mund.
„Es tut mir leid." sagte sie erneut doch ich schüttelte meinen Kopf. Ich konnte sie nicht ansehen, denn sonst würde ich hemmungslos weinen.
„Geh." sagte ich und zeigte zur Tür. „Und komm nicht wieder." fügte ich hinzu. Sie schniefte und trat einige Schritte zurück. Langsam ging sie zu Tür und im Augenwinkel konnte ich sehen, dass sie sich noch einmal umdrehte.

„Ich wollte nur helfen." flüsterte sie und verließ mein Haus. Sobald ich hörte wie sich die Tür schloss, brach ich zusammen.
Ich sackte zusammen und saß somit am Boden. Ich weinte und schluchzte. Meine Beine zog ich an meinen Körper und schlang meine Arme herum.

Ich war so enttäuscht, verletzt und unendlich wütend. Wie konnten mir alle so in den Rücken fallen? Vor allem Alice. Es tat so weh, ich konnte es überall verspüren.
Es war einer dieser Momente, wo ich mich am liebsten einfach auflösen möchte. Für immer. Weg laufen und nie wieder zurück kommen. Es klang so verlockend und dennoch so unrealistisch.

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