Der Anfang vom Ende

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Ich atme tief ein. Die Luft füllt meine Lunge. Sie schmerzt. Denn es ist kalt. Ich spüre die Kälte überall. Im Rachen. Hinab, durch die Luftröhre und schließlich in meiner Lunge. Alles friert die Kälte ein. Doch ich wärme die Luft. Atme aus. Ich spüre die Wärme meines Atems hinter der Gasmaske. Ich schließe meine Augen. Ein bekanntes Kribbeln blitzt durch meinen Körper. Ein Bild erscheint in meinem Kopf. Ich sehe viele Leichen. Viele Kämpfe. Feuer. Explosionen.

Doch ich konzentriere mich nur auf eins. Dem Violetten und den Roboter. Grade in diesem Moment. Wenige Meter vor mir. Wehrt der junge Mann mir seinen Zwei größten Messern den Roboter ab, welcher versucht ihn mit seiner Linken Hand am Arm zu greifen.

Die Munition des Roboters ist aufgebraucht. Deswegen ist der Nahkampf also möglich. Dazu hatte der Violette schon geschafft den Roboter zu entwaffnen. Respekt. So was ist nicht leicht. Dazu hat er so eine Kleine Chance gegen diese Maschine. Und ich werde aus seiner Chance einen Sieg machen. Schließlich bin ich Sila Klein. Eine Rote. Dieses Spielzeug besiege ich schnell.

Mit diesem, letzten Gedanken springe ich aus dem hohen Gras, reiße meine Augen auf und umschließe mit beiden Armen den linken Arm des Biestes. Ich drehe mich um mich selbst und halte den Arm so fest ich kann. Jeder Muskel meines Körpers ist zum zerreißen gespannt. Meine Arme schmerzen. Der Widerstand ist größer als gedacht. Doch nicht zu groß für mich. Ich spüre wie die Maschine ihren Kontakt zum Boden verliert. Das gibt mir Mut. So nehme ich weiter meine ganze Kraft zusammen und versuche mich im Kreis um mich selbst zu drehen.

Der Violette war schlau genug um etwas auszuweichen, sonst würde spätestens jetzt, wo ich den Roboter schwerfällig um mich wirble, auch der junge Mann Geschichte sein. So wie viele andere es schon sind.

Ich drehe mich immer weiter um mich selbst. Dann lockere ich den Griff um den Arm des Roboters und sofort fällt er krachend ein paar Meter weiter zu Boden. DAS IST MEINE CHANCE! Ich springe zu ihm. Greife dabei in eine Tasche nach einer Handgranate. Ich erreiche ihn. Hole die Handgranate aus der Tasche. Mit der anderen Hand schlage ich gegen eine der größten Beuten und vertiefe sie so, dass meine Faust in die Beule passt. Ich ziehe  die Sicherung der Handgranate stecke sie in die Beule und renne um mein Leben.

Das alles. Es dauerte nur wenige Sekunden. Jetzt. Der Roboter ist dabei aufzustehen. Ich und der Violette rennen in verschiedene Richtungen. Weg von dem Roboter. Weg von der Granate. Doch zu schnell höre ich den ohrenbetäubenden Knall. Spüre ich die Hitze in meinem Rücken. Viel zu schnell werde ich vom Boden Gerissen, durch die Luft geschleudert nur um dann in den tiefen Matsch zu fallen und immer weiter zu rollen. Halb rutsche ich, halb rolle ich durch den Matsch. Stoße auf Äste die ein Brennen hinterließen wo sie mich treffen. Immer weiter ist die Welt nicht zu erkennen für mich. Alles dreht sich. Ich drehe mich. Doch dann bleibe ich mit meinem linken Knie an einem Stein hängen. Brennender Schmerz breitet sich rasend schnell in meinem Knie aus. Ich schreie auf. Wünsche mich zurück. Wünsche diesen Schmerz weg. Doch mir bleibt keine Zeit. Denn ich weiß, drei feindliche Eyes haben mich bemerkt.

Noch im Matsch liegend greife ich nach einer Handgranate aus meiner Weste. Meine andere Hand zieht mich an dem Stein nach oben, auf die Beine. Ohne hinzusehen schmeiße ich die Handgranate zu den Feinden. Ich höre das laute knallen und die Todesschreie. Doch ich stehe einfach auf. Seh nicht hin. Denn ich weiß sie sind tot. Ich sehe mich nur um. Mein Knie schmerzt. Es schmerzt furchtbar. Doch ich kann mir Schäche nicht leisten. Kann ich nie. So richte ich mich auf und gehe grade aus. Ich suche nach Bruno und Paulus. Ich muss sie finden. Ich will wissen ob sie leben. Ich hoffe auch Fynn und Emma geht es gut. Ich weiß das ich ihnen egal bin. Sie sollten mir auch egal sein. Doch irgendwie hoffe ich das sie Leben. Komisch, ich weiß. Doch trotzdem suche ich immer weiter nach ihnen. Doch ich scanne nur immer mehr Leichen oder Kameraden die Angriffe abwehren. Ich sollte ihnen helfen. Doch ich humple nur Vorwärts. Suche. Suche nach meinen liebevollen Lügen. Suche meine Freunde. Ich spüre wie mein Blut sich von meinem Knie aus über meine Wade und mein Schienbein schleicht. Sich grade zu in meine Socken drängt. Es ist unangenehm. Doch nicht so unangenehm wie die schweren Tropfen die auf mich nieder Fallen. Immer und immer wieder. Mein Sichtfeld beschränkt sich auf ein paar Meter. Doch das hindert mich nicht weiter zu suchen. Ich kann ja Scannen. So bin ich im Vorteil gegenüber den die keine Scanner sind. Wie war das? Ich bin nichts wert weil ich als rote Scanne? Haha wer sagte das nochmal? War es Bruno oder einer der anderen Vollidioten? Sie haben keine Ahnung wie gut es ist zu scannen. So kann ich jeden sogar mit geschlossenen Augen vernichten.

Irgendwie ist der Gedanke verlockend. So schließe ich meine Augen und gehe Blind weiter. Meine Welt ist somit Schwarz. Doch trotzdem sehe ich alles. Ich sehe die zwei feindlichen Soldaten die auf mich zurennen. Die eine ist eine Violette. Eine Scannerin. Das erklärt warum sie wissen das ich hier bin. Es sind zwei Frauen. Ein Stück neben der Violetten rennt eine Große Frau. Eine Graue. Also eine Springerin. Sie sind beide anscheinend einiges älter und erfahrener. Sie sind dazu nur leicht verletzt. Na toll das wird was. Doch ich glaube an meinen Sieg. So greife ich nach meiner Waffe und beginne auf sie zu schießen. Dauerhaftes knallen schallt in meinen Ohren. Ich lasse meine Augen zu. Ich will sie mit geschlossenen Augen töten. Ich will ihnen überlegen sein. Ich will wieder etwas erreichen. Ich treffe die Graue am Arm. Mist! Am Bein wäre effektiver gewesen. Ich stehe auf und Taste meine Westentaschen nach Handgranaten ab. Verdammt. Ich muss sie bei meinem Sturz verloren haben. Ich besitze nur noch eine. Das kann doch nicht wahr sein. Ok, jetzt wird es ernst. Wiederwillens öffne ich meine Augen. Ich kann die Beiden Frauen schon sehen. Die Graue Stößt sich vom Boden ab. Sie Springt hoch hinauf . Die Violette hat in beiden Händen lange Schwerter. Blut klebt an ihnen. Wenn ich nicht aufpasse auch bald meins. Ich sehe hinauf. Die Graue steuert direkt mit ihrem Fuß aum mein Kinn zu. Doch das kann sie vergessen. Ich warte. Bis nah genug ist. Wieder erscheint ein perfektes 3D Bild in meinem Kopf. Den Scann habe ich jetzt gebraucht. SO weiß ich das ich jetzt ihr Fußgelenk packen muss. In dem Moment wo ihr stiefel schon dabei war meine Wange zu berühren fasse ich ihr Fußgelenk. Ich drehe mich um mich selbst und schleudere sie gegen ihre Partnerin. Es kracht. Verdammt die Violette hat nicht viel abbekommen. Doch die Graue ist hin. Ich gehe zu der Violetten die unter der Leiche der Grauen liegt. Ihre Schwerter durchbohren ihre Kameradin. Gut geworfen, lobe ich mich selbst. Bevor die Violette etwas Tun kann greife ich ihren Kopf. Sie Brüllt. Doch kurz darauf Knackt es und sie ist Still. Genickbruch.

„SILA!“ dringt eine Stimme zu mir. Ich drehe mich um. Doch schon spüre ich wie eine Faust sich in mein Gesicht bohrt und ich zum zweiten Mal den Boden unter meinen Füße Verliere und durch den Matsch schleife. Ich sehe auf. Nur um zu sehen wie Bruno Hunderte von Kugeln durch den Körper eines Kindes schießt. Die Roten Augen des Kindes sind Aufgerissen. Die Faust noch ausgestreckt. Alles in mir zieht sich zusammen. Wie das Blut den Körper des Kindes Bedeckt. Schrammen. Überall hat es schrammen. Doch das schlimmste ist, der Linke Arm fehlt. Das kleine Mädchen hat nur einen Arm. Sie ist höchstens 10. Was hat sie hier draußen zu suchen? Sie ist der Feind. Ich weiß.Doch sie ist ein Kind! Sie hat nichts böses Getan. Da bin ich mir sicher. Doch jetzt sehe ich sie. Wie ihre langen, Haare an ihrem Körper kleben. Jedes Leben sie verlässt. „NEIN!“ höre ich mich rufen. Ich strecke meinen Arm nach dem Mädchen aus. Sie ist ein Kind! Sie hat nichts mit dem allen zu tun! Sie ist unschuldig! Bitte. Bitte nicht! Ich versuche Aufzustehen und nach vorwärts zu kommen. Doch ich schleife nur durch den Tiefen Matsch und kann in der letzten Sekunde das Mädchen auffangen. Mit leerem Blick sieht sie mich an. Sie atmet zum letzten Mal aus. Zum letzten Mal senkt sich die Brunst der Kleinen. Tränen steigen in meine Augen. Sie ist doch nur ein Kind. „WAS HAST DU GETAN?“ brülle ich Bruno an, sehe jedoch nicht auf. „SIE WAR DOCH NUR EIN KIND.“ „Ich habe sie erlöst.“ nuschelt Brunos Stimme. Er hatte meinen Namen gerufen. Wo kamen er und die Kleine nur her? Ich habe sie im Eifer des Gefechts nicht mitbekommen.

Ich habe die Kleine nicht gekannt. Doch alleine Ihr früher Tod lässt mir keine Ruhe. Ich sehe sie einfach nur an. Wie der Regen auf ihr lebloses Gesicht tropft. Ich lege meine Hand auf ihre Augen und streiche ihre Lider runter. Sie soll nicht ewig so in die kalte Welt starren. Sie soll in Frieden ruhen. Ich atme tief ein. Will etwas sagen. Schaffe es erst nicht. Doch ich reise mich zusammen und frage es.

„Wo ist Paulus?“ ich drehe mich zu Bruno. Er steht etwas weiter weg im Regen. Risse und Blut schmücken seine Nasse Uniform. Sein Gewehr ist gesenkt. Wie sein Kopf. Er hebt ihn leicht. Sieht mich an und dann etwas zur Seite. Ich folge seinem Blick. „Er hatte nicht so viel Glück wie wir.“

Sila KleinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt