Das Ende

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Ich sehe nach oben. Dicht fällt der Regen auf uns herab. Sein Schleier grenzt uns ab. Unsere Welt, die wir sehen, beschränkt sich auf wenige Meter. Ich seh so nur die kahlen Baumstämme. Bruno meinten das wäre ein Fichten Wald. Unten gab es keine Fichten. Keine Wälder. Nur vereinzelt stehen Bäume zwischen den Häusern.

Wälder sind etwas komisches. Bäume stehen dicht zusammen. So dicht, das ihre Kronen den Regen abhalten. So das es nicht mehr schmerzt, das die vielen schweren Tropfen so schnell auf dich niederschlagen. Doch umso leichter der Regen ist. Des so schwerer ist mein Herz.

Ich drehe meinen Kopf in die Richtung aus der wir kamen.

Ich hatte laut geschrien. Und geweint. Mir war nämlich aufgefallen was ich alles verloren hatte. Was aus mir geworden war. Ich hatte mir zu Beginn geschworen meine Gefühle nicht zu verlieren. Sie nicht aufzugeben. Doch ich wurde immer kälter. Bis ich ein Monster wurde.

Ich hatte getötet. Ich hatte gehasst. Nur weil ich schwach war. Ich konnte mit dieser Welt nicht umgehen. Ich kann es immer noch nicht. Vielleicht werde ich es nie.

„Komm Sila. Wir müssen weiter!“ reißt mich Bruno aus meinen Gedanken. Er greift meine zitternde Hand und zieht mich weiter nach vorne. So wie er schon seit Stunden tat.

Irgendwann hatte Bruno nämlich meine Hand zum ersten Mal gegriffen. Ich hatte lange im Schlamm gehockt und meiner Trauer freiem Lauf gelassen. Es hatte mich einfach so eingeholt. Das Leben. Ich war plötzlich keine Waffe mehr. Ich war wieder Sila Klein. Plötzlich fühlt ich wieder. Ich verlor wieder. So viel mir auf was ich alles verloren hatte. Freunde, Familie und mein zuhause. Eigentlich hatte ich nichts mehr. Doch Bruno zeigt mir was ich hatte. Er nahm meine Hand und legte seinen Arm um mich. „Du bist nicht allein. Du hast mich. Paulus, Violetta, Emma, Fynn, Lara... einfach alle, sie sind auch bei dir. Sie wachen über uns. Denn wir waren Freunde. Wir waren eine Familie... Lass deinen Kopf nicht hängen!“ flüsterte er mir liebevoll zu. Er sah mich an, so das ich meinen Kopf hob und in seine warmen Augen sah. „Siehst du. So musst das sein. Habe immer deinen Kopf oben. Sonst müssen die anderen sich um dich sorgen bereiten. Das willst du doch nicht?“ seine Hand strich sachte über mein Gesicht. Er lege seine Stirn wieder an meine. In meinem Kopf blitzten die Gesichter der anderen auf. Tränen liefen mir über mein Gesicht. Denn ich hatte nicht gedacht das ich ihre Gesichter noch einmal so deutlich sehen konnte. Doch ich wollte es immer wieder. So merkte ich sie mir genau. Denn auf diese Weise konnte ich sie immer bei mir haben.

Bruno stand auf und zog mich auf meine Beine. „Wir müssen hier weg.“ auf einmal ist er eiskalt gewesen. Seitdem ist er auch nicht mehr anders geworden. Er passt auf mich auf, ja das stimmt. Doch seine Augen wirkten seitdem nicht mehr warm. Sondern wie unendliche schwarze Löcher.

Wir gehen immer weiter über den Moos bedeckten Waldboden. Ständig sind Kuhlen in der Erde. Wenn ich nicht aufpasse trete ich in eine. „Au.“ fährt es aus mir als ich in genau eine dieser benannten Kuhlen trete und ungünstig auftrete, so das kurzzeitig ein stechender Schmerz durch meinen Fuß fährt. Bruno bleibt stehen und sieht mich an. „Sei vorsichtig.“ raunt er nur. Dann zieht er mich weiter durch den kalten und verregneten Wald.

Sila KleinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt