"Halt die klappe Paulus" zischt ein kleiner Junge sein kicherndes Ebenbild an. "Tut mir leid, aber..." "Nichts mit aber." mischt sich eine dritte Stimme unter. Der kleine Junge, der eben noch vor sich her kicherte fängt nun an zu schmollen. Ich spüre wie ich eine Hand ergreife und mich umdrehe. Es ist dunkel. Kein Mucks ist zu hören. Doch diese kleinen Jungen schleichen vorsichtig durch die Räume. Einer vor mir und einer hinter mir. Dicht an der Wand streifen wir entlang. Der Junge vor mir schien genau zu wissen wo er hin will. Er zieht mich an meiner Hand voran, und ich ziehe den anderen hinter mir her. Doch auf einmal verschwand die kleine Hand. Ruckartig bewege ich mich nicht mehr und sehe nach hinten, ich merke wie auch der Junge vor mir stehen bleibt. Doch mein Blick ist nur auf den Jungen gerichtet der mit großen Augen etwas anstarrt. Ich folge seinem Blick und bleibe an dem Spiegel auf der anderen Seite des Raumes hängen. Erfüllt mit seinem weißen, verschnörkelten Rand fast die ganze Wand. So kann ich unser Spiegelbild erkennen. Drei kleine Jungen, zwei Hand in Hand. Sie sehen bis aufs letzte Haar exakt gleich aus. Die kleinen, kindlichen Körper mit den großen, leuchtend blauen Augen und den dunklen Haaren auf dem Kopf. "Mama stand einmal mit mir auf dem Arm vor diesem Spiegel." flüstert der hinterste. Ich sehe ihn an. "Paulus. Das war kurz nach unserer Geburt. " seufzt die Stimme hinter mir. "Paulan hat Recht." stimmt meine kindliche Stimme nur zu. So seufzt der kleine Paulus nur ebenfalls. "Ich weiß. Es ist trotzdem eine schöne Erinnerung." In der Stille die sich zwischen uns bildet findet meine Hand wieder seine. "Lass uns weitergehen." meine Stimme ist weich und voller Liebe. So nickt der kleine Junge nur. Gerade drehen wir uns wieder nach vorne. Doch da sehen wir kalten, matten, blaugraue Augen uns böse an funkeln. "ICH HAB SIE " brüllt die männliche Stimme in die Gänge. Wobei er seine Waffe auf uns richtet. "LAUFT!" schreit der Junge vor mir. Doch schon erklingt der erste Schuss.
Schreiend reiße ich meine Augen auf. Luft. Ich brauche Luft. Panisch versuche ich meine verkrampfte Lunge zu füllen, was mir jedoch nur kläglich gelingt. Doch ein Schnaufen unterbricht mich. Schlagartig suchen meine Augen hastig meine Umgebung ab. Das hohe Gras welches sich sacht im Mondlicht vom Wind wiegen lässt und die schwarze Riesen in der Ferne, die von den Bäumen gebildet werden. Es wirkt normal, doch da erreicht mein Blick meine linke Seite. Eine alte, kleine, in Fell gekleidete Frau thront auf einem Hirsch mit stolzem Geweih. Ich blinzle, um sicher zu gehen, dass ich mir diese gelben Augen nicht nur einbilde. "Du stinkst." die leuchtenden Augen verengen sich zu schlitzen. " Deine Haut brennt von dem Gestank des unschuldigen Blutes." die alte, raue Stimme klingt traurig, doch auch voller Verachtung. "Lass mich in Ruhe." knurre ich die Fremde an. "Unverschämt, allen Respekt verlernt." nuschelt die Fremde miesmuffelig. "Weißt du Gör überhaupt was es mit deinen Träumen auf sich hat?" fragt sie mich auf einmal. "Woher wollen sie wissen, dass ich träume?" knurre ich jedoch nur. " Dein Gesicht hat dich verraten, vergiss nicht was meine Farbe auf sich hat." Stimmt ja, sie lesen uns alle wie Bücher. "Es sind nur Träume." schmeiße ich zu der Frau hoch und lege mich wieder zurück in das Gras. Meine hinterm Kopf verschränkten Arme dienen mir als Kissen, so, dass meine Augen sich unbeschwert in den Sternen finden können. "Deine Träume sind gescannte Erinnerungen der anderen, du Dummkopf." "Mir egal."" Du weißt wen du als letztes zu welcher Situation berührt hast. Wenn du deinen wirren Kopf mal sortierst würdest du vielleicht gerade nicht so alleine und ungeschützt vor dem Dorf liegen." Genervt springe ich auf. "Hör mir mal zu Omi. Ich hab kein Interesse an irgendwelche Erinnerungen von herzlosen Wesen! Ich hab genug mit meinen eigenen zu tun." knurre ich voller Wut an. "Ohje, da suhlt sich ja jemand in seinem Leid. Hör auf dich selbst zu bemitleiden. Es herrscht Krieg. Da passiert sowas, doch du lebst und hast sogar alles dran. So ist das was du gerade veranstaltest mehr als nur kindisch." monoton gattert diese alte Schabracke ihre Beleidigungen herunter. Doch warum wird mir diese Frau gerade sympathisch? "Wer bist du?" frage ich nach einiger Stille. "An meinem Namen würdest du Baby dir nur deine Zunge brechen, nenne mich Arvida." "Arvida? Du scheinst mir kein Dorfbewohner zu sein?" ein kratzendes Lachen ertönt. "Du bist eine, ich bin doch nicht wie ihr! Ihr habt das Leben dank der Menschen verlernt, ihr Armen. Nein, ich komme aus meinem Stamm, meiner Familie." "Stamm? Bist du eine Wilde?" "Stult! Wir sind keine Wilden. Wir sind einfach nur frei und halten uns an die Gesetze der Natur." nun muss ich mir das Grinsen verkneifen. "Das sind doch wilde." "So ein Dummkopf." grummelt die Frau darauf nur verärgert. "Stult, was heißt das?" gehe ich nach kurzer Stille dem unbekannten Wort nach. "Dummkopf natürlich. Nicht mal deine Ursprache kannst du sprechen. So ein dummes Gör. Nicht hören, nicht riechen, nichts kann sie." schimpft sie zu sich selbst. "Jetzt halt mal inne." knurre ich, schon wieder kurz davor die Unterhaltung nicht nur lustig zu finden. "Die ganze Zeit meckerst du nur an mir rum, doch woher soll ich wissen was du meinst? Wenn ich von Schule, Politik, Waffen oder anderen kram der Menschen reden würde würdest du auch kein Wort verstehen." Das Gesicht der Frau versteinert sich. "Was hast du mit den Menschen zu schaffen?" faucht sie mich jetzt an. "Ich lebte 15 Jahre mit ihnen zusammen." gebe ich zu. Mistrauisch mustern mich die Augen der Frau. Der sachte Wind schleicht vorsichtig über die Wiese über unsere Körper, die vom Mondlicht erkennbar gemacht werden. Das Geweih und der Kopf des Hirsches versperrt die Sicht zur alten Frau. "Folge mir." murrt ihre Stimme doch dann auf einmal. Der Hirsch dreht sich und beginnt seinen Weg zu gehen. "Warum sollte ich?" frage ich misstrauisch. "Willst du wieder zu den Flüchtlingen zurück?" erwiderte sie. Sie scheint mitbekommen zu haben das ich mich im Dorf nicht wohlgefühlt habe. Trotzdem gebe ich dieser komischen Eye nur ungerne Recht, so folge ich ihnen durch die helle Nacht ohne auch nur ein weiteres Wort zu verlieren, während mein Herz noch immer die Angst aus meinem Traum durch meinen Körper fließen lässt.

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Sila Klein
ФэнтезиNiemand weiß was wir genau sind, doch jeder meint zu wissen WIE wir sind. Grausam,herzlos, nur so beschreibt man uns. Doch wir wissen nicht mal wodurch wir ihren Hass gelegt haben und weswegen wir ihn unser ganzes Leben bestimmen lassen müssen. Wir...