Kapitel 40

121 10 4
                                    

Es war eine wunderbare Woche gewesen und trotzdem bizarr. Irgendwie. Er konnte es nicht ganz erklären. Aber er wusste wo der Drache begraben lag. Wusste was das Problem war. Das Problem war, dass die Beziehung, was auch immer das genau zwischen ihnen war, nicht definiert war. Sie wollte nicht mehr, noch nicht und anderseits verbrachten sie ständig Zeit miteinander. Taten alles, fast alles, was Paare auch machten. Aber eben nur fast. Es war mehr wie in einem Tag zum nächsten zu Leben. Den wie sollte man eine Zukunft planen, richtige Pläne machen, wenn man keine Zukunft hatte? Zumindest als Paar, weil man kein richtiges Paar war. Sein Kopf schwirrte bei den Gedanken. So wie in Versailles. Es war schön. Wunderschön. Er hatte die Zeit mit ihr genossen. Aber es war schwer gewesen, keine Pläne zu machen. Nicht was sie nächste Woche oder am nächsten Morgen machen sollten. Nein, er meinte ernsthafte Pläne für die Zukunft. Nun theoretisch könnte er das tun, aber er fürchtete, dass er sie dann verschrecken würde und das wollte er nicht. Denn er durfte sie nicht mehr verlieren.

Nein, er wollte nicht. Und er würde alles tun, damit das nicht passieren würde. Wirklich alles. Wenn nötig, würde er sein Herz aus seiner Brust reißen und ihr vorlegen. Merlin, wie konnte er solange ohne sie leben? Sie war sein Lebenselixier. Seine Nahrung. Sein Sauerstoff. Ohne sie leben, ging nicht mehr. Und von ihm aus, könnte es jeder wissen. Sicher die Presse spekulierte. Spekulierte über ein Liebes-Comeback. Aber das taten sie doch ständig. Wichtig war, was er wusste. Wichtig war was wirklich war. Scheiß auf die Presse. Scheiß auf das Gerede. Scheiß auf das was andere wollten. So wie seine Mutter. Er liebte seine Mutter, aber sie wurde langsam aufdringlich. Besonders nach dem kleinen Ausflug in Versailles. Sie wollte am liebsten alle Details wissen und Draco trieb sie in den Wahnsinn, weil er nichts dazu sagte. Noch mehr regte sie vermutlich auf, dass Draco immer wieder sagte, dass sie kein Paar waren. „Oh Merlin Draco." hatte sie ihn gestern Abend angefahren. „Halte mich nicht für dumm. Du wirst bestimmt nicht bei ihr schlafen um mit ihr Händchen zu halten. Steht endlich dazu."

Er würde dazu stehen. Würde es rausschreien in die ganze Welt. Wenn Astoria die Erlaubnis dazu geben würde. Wenn sie ihn wollte und solange musste er abwarten. Geduld zeigen. Verständnis. Auch wenn ihn das vermutlich bald umbringen würde. Aber er würde das durchstehen. Würde sie nicht drängen, denn er durfte sie nicht verlieren. Sie nochmal zu verlieren, wäre sein tot. Und er würde sie nicht noch einmal verlieren. Nicht noch einmal den Fehler machen. Denn er liebte sie. Nur sie und er würde sich dieses Glück nicht mehr nehmen lassen. Nie wieder. „Kommt Astoria heute mit?" riss ihn eine vertraute Stimme aus den Gedanken und Draco wandte sich nur zögerlich von der Wohnung von Astoria ab. „Wie?" fragte er, als sein Vater ihn ansah. Lucius grinste schief. „Das Abendessen heute. Nimmst du Astoria mit?" Er hatte es fast vergessen. Irgendeine Freundin seiner Mutter erwartete sie heute zum Abendessen. „Ich weiß nicht. Vielleicht. Ich frag sie später." murmelte er und wandte sich wieder dem Fenster zu. Eigentlich hatte er etwas anderes im Sinn gehabt für heute Abend.

Lucius gluckste „Was tust du da?" „Auf Astoria warten." Sein Vater trat neben ihn „Nur damit ich das verstehe. Du stehst hier, in deinem Zimmer und starrst runter zu Astoria, um zu sehen ob sie da ist." So ungefähr. „Und warum gehst du nicht einfach runter und schaust ob sie da ist?" fügte sein Vater hinzu und Draco atmete schwer aus „Ich will sie nicht bedrängen." Sein Vater lachte auf „Und dafür wirkst du wie ein verrückter Stalker." Draco raufte sich die Haare und sah ihn an „Hör auf dich lustig zu machen. Mich macht der Zustand ohnehin schon verrückt." Sein Vater sah ihn fragend an „Welchen Zustand?" Draco presste die Lippen zusammen. Zögerte. „Das Astoria mich nicht will." Lucius lachte wieder „Für das, dass sie dich nicht will, bist du recht häufig bei ihr." Lucius sprach es nicht aus, aber Draco gab sich der Vorstellung nicht hin, dass sein Vater dachte er würde keusch leben, nur weil es um Astoria ging.

„Ich liebe sie." wisperte er leise. „Ich liebe sie und will sie nicht verlieren." Er blickte zu seinem Vater auf, als dieser ihn auf die Schulter klopfte „Du wirst sie nicht verlieren." Ach ja? Er hatte es schon einmal gegen die Wand gefahren. Was wenn er es wieder tun würde? „Außer du benimmst dich wieder wie ein Idiot." fügte sein Vater amüsiert hinzu und Draco wollte protestieren, als sich unten in der Wohnung etwas bewegte. Seine Augen verengten sich „Ist das... nicht dieser James Townsend." warf sein Vater ein, als er ebenfalls die Person unten erkannte neben Astoria. „Ja." knurrte Draco. Es war nicht Eifersucht. Nein. Er hasste James Townsend. Den James Townsend war ein widerlicher Dreckskerl. Er schadete Astoria. Hatte sie als Jugendliche ausgenutzt, um seinen Spaß zu haben. Sie schienen zu streiten, zumindest sah es so aus, als Astoria entschieden James Hand wegschlug, als dieser sie offenbar anfassen wollte. Sie trat an die Fensterfront und sah nach oben. So als suchte sie Hilfe von ihm. Doch sie konnte ihn nicht sehen. Die Fenster waren verschleiert, wie immer. Sein Vater bestand darauf.

Astoria wandte sich wieder ab und sie schienen wirklich zu streiten, zumindest sah man das aus ihrer Mimik und den Bewegungen. Was zum Teufel machte James bei ihr und warum zur Hölle stritten sie? Was war da los? „Mir gefällt das nicht." murmelte sein Vater und Draco nickte stumm. Ihm gefiel das auch nicht. Astoria hielt plötzlich inne. Schien sich regelrecht zu versteifen und wich weiter an die Fensterfront. Sie wirkte fassungslos bis sie offenbar vor Wut platzte. Sie schien James regelrecht in den Boden zu reden und als er irgendetwas erwiderte, schlug sie zu. Gab ihm eine gewaltige Ohrfeige. Sie ging an ihm vorbei, zumindest wollte sie das, als James sie zurückzog und ihr ins Gesicht schlug. Draco sah nur noch aus den Augenwinkeln, dass Astoria offenbar zu Boden ging, weil er schon aus dem Zimmer stürmte. Er nahm nicht den Aufzug, sondern die Nottreppe. Nahm beinahe immer drei Stufen auf einmal und hörte wie sein Vater ihm offenbar folgte. Er würde James umbringen. Seinen verdammten Arm abschneiden, mit dem er es gewagt hatte Astoria zu schlagen.

Die Tür war angelehnt, als Draco vor der Wohnung ankam. Er stieß die Tür regelrecht auf und blieb verwundert stehen, als er Astoria im Flur sah. Sie blickte nur kurz auf, sie telefonierte offenbar. Er runzelte die Stirn und verstand gar nichts mehr. „Ja, Danke. Die Wohnung ist offen." erklärte sie irgendjemanden und legte auf, bevor sie aufsah. „Hallo." sagte sie schwer. Ihre Haare wirkten leicht wirr und ihre Wange war gerötet. Dieser Dreckskerl hatte sie geschlagen. Draco hatte sich das also nicht eingebildet. Sowohl Lucius als auch Astoria sagten seinen Namen, als er an Astoria vorbeistürmte. Er blieb im Wohnraum erstaunt stehen, als er einen bewusstlosen James auf dem Boden liegen sah. Er wandte sich verwirrt um und Astoria atmete schwer aus. „Wir haben uns Sorgen gemacht." erklärte Lucius, wir haben gesehen wie James... nun ja."

Astoria lachte falsch auf. „Ja. Er dachte er könnte mich wohl mit Gewalt überzeugen. Aber er hat wohl vergessen, dass mein Vater mir beigebracht hat wie man sich verteidigt." Offenbar. Draco wollte ihn am liebsten verfluchen, doch stattdessen wandte er sich von James ab und trat zu Astoria. Er berührte vorsichtig ihre gerötete Wange und musterte sie besorgt. „Geht es dir gut?" fragte er leise und ihre Stimme war sanft. „Ja. Mein Kopf fühlt sich zwar immer noch an, als würde er gleich von meinem Hals fallen, aber ja, mir geht es gut." Draco nickte stumm verstehend und sie drei wandten den Kopf, als jemand in die Wohnung trat. Es waren zwei Männer. Einen kannte Draco. Es war einer der Wachleuten in diesem Wohnungskomplex. Der andere, größere Mann, war ihm unbekannt. Doch Draco fiel ihm sofort das Abzeichen an seinem dunkelblauen Anzug auf. Es war das Wappen des französischen Ministeriums. „Miss, ich hab jemanden von der magische Strafverfolgungspatrouille informiert." erklärte der Sicherheitsmann und der Unbekannte Mann reichte Astoria die Hand.

Draco war noch nie in den Genuss gekommen, von Astoria niedergeflucht worden zu sein, aber er würde versuchen es nie so weit kommen zu lassen. Der gerufene Herr der Strafverfolgung befragte Astoria gelassen. Frage ob sie etwas brauchte. Erklärte die nächsten Schritte und verabschiedete sich, bevor gerufene Kollegen immer noch einen bewusstlosen James mitnahmen. Der Stupor musste hart gewesen sein und kräftig. Draco wusste das sie talentiert war, aber das hätte er selbst ihr nicht zugetraut. Lucius verabschiedete die Männer und Astoria setzte sich erschöpft auf die breite Wohnlandschaft. Draco holte einen Waschlappen aus dem Bad und verhexte ihn magisch, damit er kühlte. Er sah seinen Vater auffordernd an. „Könntest du... uns alleine lassen?" fragte Draco ruhig und sein Vater zögerte, bevor er nickte und ebenfalls verschwand.

„Danke." murmelte Astoria, als Draco ihr den Lappen reichte. Er setzte sich zögernd neben sie, auf die rechte Seite des anderen Teils der Wohnlandschaft und musterte sie aufmerksam von der Seite. James war offenbar in ihrer Wohnung bereits gewesen, als Astoria Nachhause gekommen war. Draco hatte zugehört, als sie befragt worden war. „Warum war er hier?" fragte er ruhig und Astoria sah ihn an, bevor sie seufzte und ihren Kopf kurz in ihren Händen abstützte. „Um mir zu sagen, was ich falsch mache in meinem Leben." Draco zog stumm die Brauen nach oben. „Das du nicht der Richtige bist. Das ich einen Fehler mache. Das er gerne mich wieder vögeln würde." Bastard. Aber das sagte er nicht. Das schien auch Astoria zu bemerken, die ihn wieder ansah. „Du bist so ruhig?" Draco lachte kühl auf „Ich würde gerne schimpfen, aber ich will nicht wie ein eifersüchtiger Trottel aussehen." „Er ist ein Schwein." stellte Astoria fest und Draco fügte hinzu „Ein Drecksack." Sie schwiegen wieder. Nur einen Moment, als Draco nachhakte „Was hat du zu ihm gesagt?".

„Das er sich aus meinem Leben raushalten soll und ich sicher nicht mehr zu ihm zurückkomme." antwortete sie und stand auf. Draco blieb sitzen und musterte sie weiterhin konzentriert. „Das es ihn einen Scheiß angeht, was ich tue und was nicht." Das war gut. Sehr gut sogar. „Draco." sprach sie schwer aus und wandte sich langsam zu ihm. „Was ist?" fragte er besorgt und sie schien mit sich zu kämpfen. „Er ist schuld." murmelte sie und als er sie fragend ansah, atmete sie schwer aus. „Nicht alles, aber er hat es angezettelt. Er hat diese Frau auf dich angesetzt." Draco versucht den Satz zu verstehen. „Die Blondine." fuhr Astoria fort. „Die die dich angesprochen hat im Club. Die in unserer Wohnung war." Und er verstand. Hass und Wut keimten in ihm erneut auf „Was?" Ihr Gesicht war ernst. „Er hat sich versprochen. Hat gesagt, dass er keine andere gefickt hätte und mich das mitbekommen lassen hätte. Ich war verwundert, denn nirgends in der Zeitung stand dieses kleine Detail und... und ich hab es James damals nicht erzählt."

Er hatte... Draco sprang knurrend auf. „Dieser Wixer." Er ging zur Tür und Astoria folgte ihm. „Draco!" Doch er blieb nicht stehen, als er die Wohnung verließ. Rief den Aufzug. Er würde den Kerl umbringen. Sicher, er hatte Astoria damals nicht aufgeklärt, das war ein Fehler gewesen. Das wusste er inzwischen. Aber verdammt nochmal, dieser Dreckskerl setzte jemanden auf ihn an?! Oh dieser Bastard hatte wohl geglaubt Draco würde sofort anspringen, aber das tat er nicht. Er wollte damals schon nur Astoria. Nur sie. „Was hast du den vor?" fragte sie aufgebracht, als sie neben ihm zum Stehen kam. „Ich werde diesem Sack jetzt alle Knochen einzeln brechen." „Das ist doch verrückt." rief Astoria aus. „Willst du ins Ministerium stiefeln und ihn angreifen?" „Das habe ich mir noch nicht genau überlegt, aber ja. Im Grunde ist das der Plan." Er war zu aufgebracht, um jetzt mit Astoria darüber zu diskutieren. Sie wollte ihn berühren, doch er entzog sich ihr energisch „Lass mich. Ich werde dem Kerl irgendetwas brechen."

Sicher, er hatte wenig dazu beigetragen damals an diesem Abend, um die Sache aufzuklären. Im Gegenteil, hatte Astorias Angst nur bestärkt. Aber zum Teufel, dieses Arschloch hatte eine Frau auf Draco angesetzt. Es war schwer genug gewesen, Astoria, drei Jahre danach, zu verklickern, dass er nichts mit dieser Tussi hatte. Und er verstand wie bizarr sich diese Story anhören musste. Eine wildfremde Frau taucht vor der Wohnung auf und springt ihn an. Wer würde diese Story schon glauben? Ihm glauben? Scheiß James. Er würde ihn umbringen. Als der Aufzug aufging, trat Astoria vor ihn. „Astoria." knurrte er. „Du wirst hierbleiben." verlangte sie. „Ich werde ihn töten." wiedersprach er. „Und dann?" fragte sie hysterisch und drückte ihre Hände gegen seine Brust. „Besuch ich dich im Gefängnis?"

Keine Ahnung. So weit dachte er nicht. Er war blind vor Wut. „Du willst dass ich ihn damit durchkommen lasse?" Sie lachte verdreht auf und drückte gegen seine Brust „Ihn durchkommen lassen? Draco, ich hab ihn heute niedergeflucht. Ich will mit diesem Kerl nichts mehr zu tun haben. Und ich will, dass er nicht schon wieder unser Leben zerstört." Er hielt inne, sie beide atmeten schwer. „Was?" fragte sie aufgebracht, als er sie einfach nur ansah. „Du hast, unser Leben, gesagt." Ihre Wangen schienen rot zu werden und ihre Stimme war leise. „Ja habe ich. Na und?" Er legte mit Bedacht eine seiner Hände an ihre Wange und fuhr mit dem Daumen über ihre Wange. Sein Herz schlug aufgeregt in seiner Brust umher. „Heißt das, du gibst uns eine Chance? Du willst es mit mir nochmal versuchen?" Er hang an ihren Lippen, die leicht bebten. Er sah sie schlucken, bevor sie kaum erkennbar nickte. „Ich denke... ja."

Er lachte auf, bevor er sich zu ihr beugte und sie sanft küsste. Ihre Lippen zart teilte. Der Aufzug schloss sich gerade, als er sich von ihr löste und er musterte sie aufmerksam. „Woher der Sinneswandel auf einmal?" Sie zuckte kaum sichtbar die Schultern „Ich denke darüber schon seit Wochen nach. Aber das heute..." Sie brach ab. Hatte ihr wohl den Anstoß gegeben. Scheißegal. Er küsste sie wieder und zog sie fest an sich an. Sie drückte leicht gegen ihn und sah mit roten Wangen zu ihm auf. „Aber kein Blödsinn mehr." Er nickte ergeben „Und Draco?" „Mmh." machte er und konnte nicht aufhören zu grinsen. „Ich will nichts überstürzen." „Okay." versprach er und küsste sie wieder sanft. Er fühlte sich gerade wie der verdammte Herrscher dieser Welt. Scheiß auf James. Scheiß auf die Presse. Scheiß auf das was noch kommen würde. Er würde alles überstehen, mit ihr zusammen.

Sie will nicht liebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt