Kapitel 33

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Astoria war kaum Zuhause wieder angekommen, als sie ihren Koffer aufs Bett warf und begann ihn zu packen. Sie würde morgen früh nach Italien fliegen. Geschäftlich. Es war gut, dass momentan viel los war in der Arbeit. War gut, dass sie heute nicht mehr zum Nachdenken gekommen war, über den Streit gestern. Vielleicht war es auch Lucius zu verdanken gewesen, dass sie nicht komplett den Verstand verloren hatte. Sie hatten viel geredet. Beinahe bis zum Morgengrauen. Über den Verlust. Den Schmerz. Ihr beider Bedauern. Sie war überrascht gewesen, zu erfahren, dass ihr Vater vor seinen Tod Lucius eingeweiht hatte. Das er darum gebeten hatte, dass Lucius auf Astoria achten würde. Und noch mehr verblüffte es sie, als Lucius gestand, dass er es bedauerte, dass Astoria nicht seine Schwiegertochter geworden war. Dass er sich Vorwürfe machte, Draco nicht mehr gedrängt hatte sie zu suchen. Er hatte auch über die Sorgen gesprochen die er wegen Draco hatte. Wie Draco sich die letzten Jahre gewandelt hatte. Es war ein seltsames aber irgendwie beruhigendes Gespräch gewesen. Sie konnte es schwer erklären.

Sie hatte dann noch ein paar Stunden geschlafen, nur um im Anschluss aufzustehen und in die Arbeit zu gehen. Als dann heute die Einladung eines bekannten Designer gekommen war, war dies eine dankbare Abwechslung und sie würde raus kommen aus dem alltäglichen Trott. Es war genau das was sie jetzt brauchte. Sie legte gerade zwei Hosen in den Koffer, als es läutet. Vielleicht Lucius. Er hatte heute Morgen noch gemeint, dass er versuchen würde noch vorbeizukomme, wenn es der Termin zulassen würde. Aber sie sollte sich jederzeit melden, wenn sie ihn brauchte. Sie machte die Tür auf und erstarrte. „Du." brachte sie schwer hervor und wandte sich ärgerlich um und ließ ihn einfach an der Tür stehen. Er folgte ihr offenbar, nachdem er eingetreten war und die Tür hinter ihm schloss. „Das du es wagst hier noch aufzutauchen." fauchte sie und warf ärgerlich ein Sommerkleid in den Koffer. „Du bist wirklich unglaublich, Draco." Er blieb an der Tür stehen und sie funkelte ihn kurz an, während er offenbar ihrem Blick auswich. Es hatte sie schon gewundert, dass er gestern nicht ihre Wohnung gestürmt war. William hatte ihm offenbar wirklich die Nase gebrochen, zumindest laut Lucius Aussage.

„Du verreist?" fragte er ruhig und sie packte unbeeindruckt weiter. „Es geht dich zwar nichts an, aber ja." „Wohin?" Sie hielt kurz inne. „Italien. Ein Designer mit dem ich befreundet bin bringt im Herbst eine neue Kollektion raus und wir sollen exklusiv darüber berichten." „Mmh." machte er und sah sie wieder nicht an. Sie wandte sich ihm zu und atmete schwer aus. „Was willst du hier, Draco? Hast du nicht schon genügend kaputt gemacht? Mir genügend Beschimpfungen und Anschuldigungen an den Kopf geworfen?" Er wollte den Mund aufmachen, doch sie ließ ihn nicht. „Ich war schon einmal am Boden. Ich brauch da nicht schon wieder hin. Nur zu deiner Information." Er sagte nichts und sie wollte weiterpacken, als er sagte „Es tut mir leid." Sie sah ihn wieder an und wusste nicht was sie sagen sollte. „Was.. was tut dir leid?" Sie war wütend. Wütend auf ihn. „Das du dich ständig um entscheidest. Einmal nett. Dann wieder der letzte Arsch. Kannst du dich endlich mal festlegen?!"

Sie zuckte zusammen, als er mit wenigen Schritten bei ihr war und nach ihren Händen griff. „Es tut mir leid." murmelte er und blickte auf ihrer beiden Händen. Umklammerte mit seinen Händen ihre. Schien mit dem Daumen, ihre Handflächen zu streicheln. „Alles." „Du kannst dich nicht ständig entschuldigen und denken, dass ich es hinnehme und alles wieder gut ist." Sie konnte das nicht. Ständig das auf und ab. Sie war schon damals vor drei Jahren fast verrückt geworden und sie würde es wahrhaftig werden, wenn sie diesem Treiben nicht endlich einen Riegel vorschob. Sie zog scharf die Luft ein, als er vor ihr auf die Knie ging und ihre Handflächen küsste. Seine Stimme zitterte. „Verzeih mir. Bitte Astoria. Es tut mir leid." Sie wollte ihn anfahren. Fragen was der Unsinn sollte, als er ihre Mitte umschlang. „Ich bin ein Arschloch, ein Narr... Alles was du sagst. Das weiß ich. Aber du musst meine Entschuldigung annehmen." Er drückte seinen Kopf gegen ihren flachen Bauch „Ich darf dich nicht schon wieder verlieren, Tori." wisperte er schwer. „Ich ertrag das nicht."

Er? Er ertrug es nicht? Was war mit ihr? Sie konnte so nicht weitermachen. Sie würde daran zugrunde gehen. Sie hob vorsichtig ihre Hände und fuhr ihm durch sein weiches Haar. „Vielleicht sind wir dazu bestimmt uns immer wieder zu verlieren?" sprach sie leise. „Vielleicht ist das unser Schicksal? Zwei Unglückliche Seelen, die das nie hinbekommen?" Er sah zu ihr auf „Sag so was nicht." „Vielleicht ist es aber die Wahrheit, Draco." erwiderte sie schwer und trat von ihm weg. Sie fuhr über ihre Augen, als sie sich leicht von ihm abwandte und er aufstand. „Ich bin nicht so stark, dass ständige auf und ab auf Dauer auszuhalten, Draco. War ich noch nie." Sie wollte das auch nicht mehr. „Bitte Astoria, lass uns es nochmal versuchen. Ich hab mich geändert. Ich..." Astoria unterbrach ihn „Ich weiß das. Ich weiß dass du ich verändert hast. Jeder erzählt mir davon. Aber..." Sie stockte und senkte den Blick. „Wozu sollen wir uns das wieder und wieder antun? Nur damit wir in einem Jahr oder früher wieder an diesem Punkt stehen wie vor drei Jahren?"

Sie schniefte „Vielleicht sollten wir uns voneinander fernhalten, damit wir unseren eigenen Leben nachgehen können und damit wir uns nicht gegenseitig in die Quere kommen. Und aufhören uns ständig wehzutun." Er war mit wenigen Schritten bei ihr und umfasste wieder ihr Gesicht. „Hör auf das zu sagen. Ich bitte dich." Seine Stimme zitterte und sie schloss die Augen, als seine Lippen, ihre sanft berührten und er lehnte seine Stirn gegen ihre, als er sich von ihren Lippen löste. „Ich kann dich nicht schon wieder gehen lassen. Ich kann nicht Astoria. Ich brauche dich. Du bist alles was ich brauche. Alles was ich je wollte. Bitte... bitte gib uns nicht auf." Nicht aufgeben? Hatten sie jemals eine Chance gehabt? Er löste sich von ihr und umfasste sanft ihr Gesicht erneut. Seine Augen wirkten glasig. „Wenn ich könnte würde ich vieles ungeschehen machen, Tori. Ich würde in die Vergangenheit reisen und mein altes Ich anbrüllen. Würde ihm sagen, dass er dir hinterher rennen soll. Auf Knien um Verzeihung bitten soll. Das nichts dabei ist, wenn du nicht in England arbeitest." Er strich mit seinen Daumen sanft über ihre Haut. „Merlin, ich würde dich suchen und suchen, statt beleidigte Eule zu spielen. Wenn ich nur... irgendetwas anders machen könnte, würde ich es tun. Ich schwöre es."

Sie merkte wie neue Tränen ihr Gesicht entlang liefen und von seinen Händen aufgefangen wurden. Sie sah zu ihm auf „Aber das kannst du nicht." sprach sie brüchig. Es war passiert. Das alles. Taten getan. Worte ausgesprochen. Man konnte es nicht zurücknehmen. „Ich liebe dich. Ich liebe dich so sehr." wisperte er und sie sahen sich an. Wie sehr hatte sie sich immer danach gesehnt. Gesehnt, dass er diese Worte zu ihr sagte und sie auch so meinte. Sie weinte nur noch mehr „Ich will... ich will dir so sehr glauben, Draco. Ich will alles nur noch vergessen und... mit dir neu anfangen. Aber ich kann nicht. Ich kann es einfach nicht." schluchzte sie bitter „Ich hab viel zu große Angst, dass wieder alles von vorne anfängt. Wenn wir wieder scheitern und..." Er griff nach ihren Händen und drückte sie gegen seine Lippen. „Hör mir zu, bitte. Du bist wichtiger als alles andere für mich. Du bedeutest alles für mich und ich schwöre dir, ich werde es nie wieder so weit kommen lassen. Ich werde es nicht nochmal vermasseln und dich ins Unglück stürzen." Nein sie konnte das nicht schon wieder. Sie schüttelte den Kopf, bevor sie ihre Lippen heftig gegen seine drückte.

Das war was schon immer gut zwischen ihnen funktionierte. Sex. Sie wollte ihn schmecken und fühlen. Ihn ein letztes Mal vielleicht spüren. „Astoria..." sagte er schwer und schien versuchen sich zu konzentrieren. „Wir müssen darüber reden... wir müssen...." Sie verschloss seinen Mund mit ihren. Nein mussten sie nicht. Wollte sie nicht. Es würde ohnehin nichts bringen. Er wollte sich ändern. Wollte es besser machen. Das glaubte sie ihm sogar. Die Frage war nur, ob er es wirklich schaffte und das bezweifelte sie. War es nicht auch deutlich wie er sich wieder aufgeführt hatte wegen der Fehlgeburt? Sie drängte den Gedanken weg. Wollte nicht daran denken. Nicht jetzt. Sie würde es nicht ertragen. Konnte es nicht ertragen. Sie fingere an seiner Hose rum und als sie seinen verdammten Gürtel aufbekam, löste er sich schwer von ihr. „Astoria, wir müssen erst alles klären." Seine Augen musterten sie Dunkel, als sie erneut ihn küsste und den Kopf schüttelte „Nein." Denn es gab nichts zu reden. Nicht jetzt. „Denk nicht nach." bat sie und stöhnte auf, als er sie fest an sich zog und seine Zunge ihre Lippen teilte.






Draco wusste nicht, ob das was hier passierte gerade gut war. Sex war einfach. War schon immer einfach gewesen. Besonders mit Astoria. Sie harmonierten zu gut. Viel zu gut. Intensiv wie immer. Er lange in ihr geblieben. Lange auf ihr gelegen. Lange sie geküsst und gestreichelt, bevor er sie in seine Arme gezogen hatte und sie hatte es zugelassen. Sie lagen schweigsam in ihrem Bett. Der Koffer lag irgendwo unten auf dem Boden. Vermutlich die bereits gepackte Wäsche wieder auf den Boden. Er strich ihr durchs Haar, während ihr Kopf an seiner Schulter lag. Er spürte ihren Atem an seinem Hals. „Es tut mir leid." sagte er leise „Ich hätte dich nicht gehen lassen dürfen. Ich hätte... ich hätte dich damit nicht alleine lassen dürfen." Ihre Hand blieb an seinem Herz liegen. „Du kannst es nicht mehr Rückgängig machen. Es ist bereits passiert." Er hätte es besser machen können. Viel besser.

„Wie lange bist du weg?" wollte er wissen. „Vermutlich eine Woche. Vielleicht ein paar Tage länger." sagte sie ruhig und strich wieder über seine Brust, ohne ihn anzusehen. „Dann werden wir uns eine Zeit lang nicht sehen." murmelte er und als sie nichts sagte, fügte er hinzu „Ich hab in einer Woche einen Termin in New York. Es wird eine oder zwei Wochen dauern." „Mmh." machte sie verstehend und er küsste sie auf den Scheitel, bevor er fragte „Was wird aus uns?" Sie schien die Luft anzuhalten. „Gibt es ein uns?" wollte er weiter wissen und sie setzte sich langsam auf. Sie drückte das Laken um ihren nackten Körper und schien nachzudenken. „Tori." sagte er schwer und strich über ihren nackten Rücken. „Ich kann nicht." wisperte sie leise und sein Herz stockte. „Astoria." sprach er und setzte sich selbst auf und sie sah ihn an mit diesen traurigen blauen Augen. „Bitte. Bei Merlin, bitte Astoria gib uns nicht auf."

Er umfasste sanft ihr Gesicht und küsste sie innig. Sie senkte die Lider „Haben wir uns nicht schon vor drei Jahren aufgegeben?" Er schloss die Augen, als er ihre Stirn küsste und sah sie dann wieder an. „Wir können das schaffen. Ich bin mir sicher." Sie legte ihre Hände auf seine, die immer noch auf ihrem Gesicht ruhten. Schien sich selbst zu beruhigen. „Lass mir Zeit. Bitte Draco. Ich... ich brauche Zeit." Wie lange Zeit? Nein, er musste Verständnis haben. Er musste zurückstecken. „In Ordnung." sprach er leise und küsste sie leidenschaftlich. „Ich... wir warten. Ich werde dich nicht drängen. Ich... wir warten ab und bis dahin keine Forderungen." Sie nickte stumm und er küsste sie wieder. Er würde auch das durchstehen. „Ich kann warten." wisperte er und sie lächelte schwach „Wirklich?" Sie nickte und er grinste „Wo ist der Sturkopf Draco Malfoy hin?" „Der ist noch da, versucht sich aber zurückzuhalten." versprach er.

Ihr Blick wurde besorgt, als er sie schmerzlich musterte. „Was ist?" Draco schluckte hart „Ich hab dich davon getrieben und das mit dem Baby..." Er brach ab und senkte den Kopf „...du musstest das alles alleine durchstehen, wegen mir und..." Sie legte ihre Fingerspitzen gegen seinen Mund und er verstummte. „Hör auf, bitte. Es ist nichts was wir noch ändern könnten." erklärte sie und Tränen sammelten sich in ihren Augen „Mein Vater hatte damals recht. Keiner weiß was passiert wäre und vielleicht war es nicht der richtige Zeitpunkt. Es gibt Dinge die wir nicht ändern können. Und ich habe es dir nicht gesagt. Es ist also auch meine Schuld." Aber vielleicht wäre es auch gut gegangen. Vielleicht hätten sie sich nie so getrennt. Vielleicht wäre keine Fehlgeburt eingetreten. Vielleicht wären sie jetzt schon Eltern eines kleinen Mädchens. Er zog sie an sich und küsste sie fest, während sich ihre Tränen vermischten. Ja sie konnten es nicht ändern. Aber vielleicht wäre alles anders gekommen, wenn er nicht so ein Arschloch gewesen wäre. Wenn er nicht so stur und so ein arroganter Mistkerl gewesen wäre. Vielleicht wäre alles anders gekommen, wenn er nur einmal in seinem verdammten Leben nicht nur auf sich geschaut hätte. Und deshalb durfte das nie wieder passieren. Nie wieder.

Sie will nicht liebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt