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PoV Stegi (aka Lukas)

Träge blickte ich durch die leicht betröpfelte Fensterscheibe und beobachtete die einzelnen Bäume am Straßenrand, welche nach und nach an uns vorbei zogen.

Nach wochenlanger anstrengender und nerviger Suche hatte mein Dad schließlich einen neuen Arbeitsplatz gefunden. Nun hieß es für uns: umziehen. Naja, etwas dagegen hatte ich nicht, wenn man sich meine, sagen wir mal, nicht so tolle momentane Lage ansah.

Mein Dad ging mit seiner Firma bankrott, meine Mum starb letztes Jahr an diesem scheiß Krebs und ich, naja, ich wurde in meiner damaligen Schule auf Grund meiner Gefühle zu Männern von einem bestimmten Jungen täglich zusammengeschlagen.

Ätzendes Leben, würde ich sagen. Und das alles nur, weil ich meinte, mich meinen Mitschülern zu outen. Das war der größte Fehler meines Lebens und ich schwor mir, diesen nie wieder zu begehen.

Und mein Vater merkte auch, dass ich mich durch den Umzug auch etwas befreiter fühlte, weswegen er sich auch keine großen Gedanken machte, ob ich wohl "meine Freunde" vermissen würde.

Seit knapp 3 Stunden fuhren wir nun Richtung neue Heimat, nach Essen. Warum auch immer war ich aber nicht sonderlich aufgeregt, oder hatte mir vorher schon unzählige Vorstellungen ausgemalt, wie es sein könnte. Nein. Ich ließ es einfach auf mich zukommen.

Nach einer weiteren Stunde hörte ich in meinem leichten Halbschlaf ein leises "Sie haben Ihr Ziel erreicht. Das Ziel liegt rechts." Langsam öffnete ich meine müden Augenlider und richtete mich wieder auf. Ein leises, leichtes Stöhnen gab ich von mir, als mein Nacken ein wenig anfing zu schmerzen. Mein Vater grinste nur vor sich hin. Eigentlich war ich kein wirklicher Autoschläfer, nur hatte mich die Müdigkeit von den letzten Tagen letztlich übernommen und ich ließ meinen Kopf gegen die Fensterscheibe sinken. Wenigstens ging die Fahrt somit schneller vorbei.

Leicht benebelt vom Schlaf rieb ich meine Augenlider. Schließlich kam unser Auto zum Halt. Mein Vater sah lächelnd zu mir rüber und meinte nur: "So, wir sind da...", er schnallte sich ab und atmete tief ein und wieder aus, "Ich hab' das Gefühl, dass unser Leben nun um einiges besser wird!", sein Lächeln wurde immer breiter und er blickte nun in die Richtung unseres neuen Eigenheims, "Lukas, glaub' mir. Wir kriegen das hin. Hilfst du mir gerade mit dem Ausladen? Ich glaube der LKW mit den Möbeln müsste gleich auch da sein."

Wir stiegen aus. Direkt vor uns stand ein von der Sonne bestrahltes Gebäude, welches an die Schwedenhäuser erinnerte. Die auffällige Holzverkleidung in Falunrot fiel sofort ins Auge. Jedoch war diese schon leicht verdunkelt und sah etwas alt aus, wahrscheinlich wohnte hier schon länger niemand mehr. Die weißen Sprossenfenster und Türrahmen setzten die gewissen Akzente. Zum Eingang hin befand sich ein kleiner Steinweg, welcher den Vorgarten einmal in der Mitte teilte und an einer kleinen Holztreppe mündete, die zur Veranda hinauf führte. Auf dieser in braun gehaltenen Veranda stand eine kleine Bank und ein Tischchen mit einer ausgetrockneten Blume, die nur darauf wartete ausgewechselt zu werden.

Ich atmete die neue Luft einmal tief ein. Endlich. Mit dem Gepäck auf meiner Schulter und hinter mir her ziehend ging ich zielstrebig auf das Haus zu und versuchte mit aller Kraft die schweren Dinger irgendwie hoch zu schaffen.

Nachdem mein Vater die Tür geöffnet hatte konnte ich einen Blick ins Innere werfen. Begrüßt wurden wir von einem hell gehaltenen Flur. Rechts hoch ging eine Holztreppe, die wahrscheinlich zu unseren Schlafzimmern führte. Gerade aus war ein offener Durchgang ins Wohnzimmer.

Überwältigt ließ ich die Koffer mitten im Weg stehen und ging auf den großen Raum zu. Unter dem Türrahmen stehend schaute ich nun auf eine riesige Glaswand, die einem die Möglichkeit gab, in den großen, durchwucherten Garten zu schauen. Als ich einen weiteren Schritt ins Zimmer stetzen wollte hörte ich eine mir bekannte Stimme.

"Du kannst doch nicht einfach alles im Weg rumliegen lassen!?" Erschrocken drehte ich mich um und sah in das mit Schweißperlen bedeckte Gesicht meines Vaters. "Eh, sorry..." Verlegen kratzte ich mich am Hinterkopf uns ging schnell zu ihm, um das Gepäck aus dem Weg zu räumen.

"Hallo! Seid ihr die neuen Nachbarn? Kann ich euch helfen?"

Neugierig blickte ich um die Ecke und auch mein Vater drehte sich um, um zu sehen, wer da auf einmal sprach.

Und da stand er: Ein lächelnder Junge mit hochgegelten dunkelbraunen Haaren und haselnussbrauen Augen.

Verdammt.

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"Every thing happens for a reason."

someday / stexpertWo Geschichten leben. Entdecke jetzt