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PoV Stegi (aka Lukas)

Langsam öffnete ich meine immer noch müden Augen und versuchte, sie an die Helligkeit des Morgens zu gewöhnen. Das Zimmer, in dem wir schliefen, war nicht sonderlich abgedunkelt, lediglich eine lange, dunkle Gardine schützte unser Nest vor den grellen Sonnenstrahlen. Und trotzdem fanden sie ungeachtet, aber immerhin etwas abgeschwächt den Raum durch den etwas offenen Spalt zwischen beiden Vorhängen am großen Fenster.

Neben Tim einzuschlafen, und morgens wieder aufzuwachen, war das schönste Gefühl, das ich jemals hatte. Jede Nacht, die wir bisher so verbrachten, schlief ich eng angekuschelt an ihm dran und lauschte seinem regelmäßigen Herzschlag, welchen ich durch seine warme Brust hören konnte. Es beruhigte mich ungemein und ließ mich in Sekundenschnelle in das Land der Träume versinken.

Bei den Gedanken schmiegte ich mich noch näher an Tim, der mittlerweile hinter mir lag und seine Arme um meinen Körper gelegt hatte. Zufrieden mit mir selbst und der derzeitigen Situation lächelte ich in mich hinein und schloss wieder meine Augen, um den Moment bestmöglichst zu genießen.

Tim war einfach perfekt.

Zaghaft öffnete ich meine Augen und mein Lächeln verschwand mit einem Mal.
Der Gedanke an Nicklas drückte sich nun in den Vordergrund meiner Aufmerksamkeit. Ich erinnerte mich an damals, als wir noch zusammen gelacht und geliebt hatten. Es war schon eine schöne Zeit gewesen, das konnte ich nicht abstreiten. Meine erste Liebe und mein damals bester Freund, verrückte Kombination, oder nicht?

Nicklas war in unserer Beziehung eigentlich genauso wie Tim gewesen. Verständnisvoll, liebevoll, witzig und gutaussehend. Er liebte mich so, wie ich war und bin. Ich bereute wirklich nichts.

Nur wie er jetzt war, und ob sich großartig etwas an ihm verändert hatte, wusste ich noch nicht. Ich hatte ihn nun einmal noch nicht genau unter die Lupe genommen. Wollte ich das überhaupt? Nochmal alles Revue passieren lassen? Darüber nachdenken, was passiert wäre wenn?

Alles in mir stand kopfüber - Gedanken und Gefühle. Mein Gehirn und mein Bauch fuhren zusammen Breakdance. Drehten, und drehten sich. Hin und her. Vor und zurück. Und mein Herz? Mitten drin. Verwirrt und ängstlich vor dem, was passieren wird.

Fakt war auf jeden Fall, dass er hier bei uns und zum Fick nochmal Tims Cousin war! So viel Karma und Schicksal konnte ja nur ich abbekommen, beide Typen gleichzeitig auf einem Haufen zu haben.

Auf einmal spürte ich leichte, warme Küsse an meinem Nacken, die eine angenehme Gänsehaut verursachten. Sofort kam mein Lächeln zurück und mutierte zu einem fetten Grinsen.

Ich liebte ihn. Wirklich. Da konnte kein Exfreund irgendetwas dagegen unternehmen.

»Morgen.«, sprach er mit seiner tiefen Morgenstimme.

»Gute Morgen!«, gab ich zufrieden als Antwort zurück und drehte mich zu ihm um, um direkt in seine braunen Augen zu blicken.

»Lust auf Strand heute?«, sagte er mit einem zufriedenen Lächeln auf den Lippen.

***

Zusammen mit Tim und Nicklas gingen wir nun mit reichlich Gepäck unter den Armen runter an den kleinen abgegrenzten Strand in der Nähe von der Villa. Neben Strandtüchern, Sonnencreme und einem Ball, hatten ihre Mütter uns noch mit einer Menge Essen ausgestattet, wodurch wir auch locker noch Tage da unten hätten verbringen können.

Am bereits warmen Strand angekommen, breiteten wir unsere Tücher aus und legten sie nebeneinander auf den Sand.

Nacheinander zogen wir unser Klamotten, bis auf die Schwimmhose, aus, und legten sie in die Tasche. Nachdem ich meine Sachen als letzter weggeräumt hatte, drehte ich mich zu den anderen um, die bereits mit der Sonnencreme am hantieren waren.

Mein Blick blieb auf Tim haften, auf seinem gut gebauten und gebräunten Körper. Während er sich jedoch zu mir umdrehte und grinste, als er meine starrenden Blicke bemerkte, wurde ich rot und sah sofort weg.

»Ich bin schon mal im Wasser, Jungs.«, sagte er nun zu uns und ging Richtung Meer. Eine Weile stand ich da, beobachtete, wie er nach und nach ins kalte Wasser stieg und sich treiben ließ.

Über ihn nachdenkend lächelnd nahm ich die Sonnencreme und wollte mich ebenfalls eincremen, als Nicklas plötzlich auf mich zu kam.
Gekonnt drehte ich mich weg, was natürlich nichts brachte.

»Kannst du vielleicht meinen Rücken eincremen?«, fragte er mich schließlich mit seiner tiefen Stimme, ganz dicht an meinem Ohr. Anscheinend stand er nun hinter mir und legte unbemerkt seine Hände auf meiner Hüfte ab, die ich sofort weg schlug.

»Warum begrabschst du mich eigentlich andauernd?«, platzte es nun aus mir heraus. Der Typ machte mich fertig.

Er zog sofort seine Hände weg und hob sie in die Luft.

»Ich wusste ja nicht, dass dir das nicht gefällt!«, entgegnete er, »Sorry!«

Ich verdrehte meine Augen und verschränkte die Arme vor meiner Brust.
Wahrscheinlich tut es ihm Leid. Vollidiot.

»Kannst du mir trotzdem helfen?«, ich sah wieder zu ihm, »Bitte?«

Ich wusste nicht, was er genau wollte, oder was er vor hatte. Es beängstigte mich auf eine gewisse Art und Weise. Doch ich konnte jetzt nicht einfach nein sagen.

Völlig überrumpelt nickte ich und griff nach der Tube, um kurzerhand den Inhalt dieser auf meine Handinnenfläche zu quetschen. Ich drehte mich wieder zu Nicklas um, der bereits seinen Rücken zu mir gewandt hatte. Vorsichtig fing ich an, die Creme auf seinem Rücken zu verteilen. Dabei wanderte ich von seinen Schulterblättern zu seiner Wirbelsäule, hinab bis zu seinem unteren Rückenbereich. Je weiter meine Hände nach unten wanderten, desto nervöser wurde ich.

Es war schon paradox, jetzt, in diesem Moment seinen Rücken einzucremen. Allein, weil er mein Exfreund war und ich eigentlich mit ihm abgeschlossen hatte. Überhaupt wollte ich ihn nie wieder sehen, und doch stand er nun vor mir und ich schmierte seinen muskulösen Rücken ein.

Röte stieg mir ins Gesicht, mein Herz begann schneller zu schlagen und mir wurde warm. Verdammt warm.

Nicklas stand dicht vor mir - und verdammt sah er gut aus! Ich wusste, dass ich eigentlich nicht so denken durfte, allein, weil ich in einer Beziehung war. Doch ich musste zugeben, dass er, seit dem wir uns getrennt hatten, ziemlich viel an sich gemacht hatte.

Langsam wanderten auch meine Augen über seinen Rücken und ich hielt inne. Ich erstarrte, war überfordert mit dem, was ich gerade sah.

Doch dann drehte er sich wieder zu mir um, und sah mich etwas von oben herab an.

»Fertig?«, fragte er nun.

Meine Augen ruhten auf seiner Brust, wussten nicht genau, wohin sie sollten.

»Warum hast du da Narben?«, versuchte ich zu fragen, doch es endete mit einem überforderten Stottern.

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"Leave it, love it or change it."

someday / stexpertWo Geschichten leben. Entdecke jetzt