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PoV Stegi (aka Lukas)

Langsam öffnete ich die Augen und wurde von der grellen Morgensonne geweckt, die geradewegs durch die halbgeschlossenen Jalousienspalten schien. Ich blinzelte einige Male, um mich an die Helligkeit zu gewöhnen.

Das Bett, in dem ich lag, war unglaublich bequem und weich. Die Bettdecke, in welche ich mich gemütlich eingemurmelt hatte, roch frisch und sorgte für eine schöne und wohlige Wärme. Ich zog diese noch weiter nach oben, schon halb über mein Gesicht, und sog den gegenwärtigen Geruch mit einem tiefen Atemzug ein. Ganz vorsichtig schloss ich wieder meine Augen und lächelte sanft.

Plötzlich riss ich meine Augen wieder auf und starrte auf das gegenüberliegenden Fenster, welches in meinem Blick lag. Mit einem Fingerschnipp wurde mir bewusst, dass ich zugedeckt in einem Bett lag. Hastig fuhr ich mit meinen Händen über meinen Körper, um diesen abzutasten. Bingo. Nur Boxershorts.

Wer zum Fick hat mich ausgezogen, hier hin gelegt und zugedeckt?
Mir wurde bei diesem Gedanken ziemlich mulmig und mein Herz fing an zu rasen.
Oder hab ich mich einfach selbst hier hingelegt und zugedeckt?

Fakt war, dass ich es nicht wusste. Es könnte Tim gewesen sein, was mir natürlich nichts ausmachen würde. Aber es hätte auch genauso gut Nicklas getan haben, und Gott bewahre, was er alles mit mir angestellt hätte. Zumal ich nichts davon wusste und ich ihm seit der gestrigen Situation alles zutrauen würde. Ich verstand ja selbst nicht einmal, was genau seine Intention bei seinem letzteren Vorhaben war - der Gedanke ließ mir einen Schauer über meinen Rücken laufen.

Also schlug ich die Bettdecke nach vorne weg, richtete mich auf und setzte meine Füße auf den Boden. Ich gähnte, hielt mir dabei die Hand vor den Mund und streckte meine Arme einmal ganz weit aus, was einige Knochen zum Knacksen brachte. Langsam stützte ich mich vom Bett hoch und schlurfte mit meinen Füßen Richtung Bad.

Der Gedanke, später wieder Nicklas sehen zu müssen, bereitete mir Übelkeit.

***

»Wir wollen in die Stadt, kommt ihr mit?«, fragte die Mutter von Tim liebevoll, während wir alle am Frühstückstisch saßen und genüsslich unser Frühstücksei löffelten.

»Ja, wieso nicht?«, Tim sah mich an. Irritiert sah ich mit weit geöffneten Augen ebenfalls zu ihm rüber und stoppte das Trinken meines warmen Kakaos.

»Ja, stimmt. Wieso nicht!?«, kam es auch nun vom anderen Ende des Tisches. Ich verschluckte mich, spuckte mit voller Wucht das leckere Getränk wieder in meine Tasse und musste kurz darauf husten.

Verwundert und leicht besorgt sah Tim mich an.
»G-Geht schon.«, brach es aus mir heraus und ich stellte die Tasse wieder auf ihren vorherigen Platz. Ich konnte förmlich spüren, wie Nicklas gehässig grinste - das wusste ich, obwohl ich ihn nicht einmal direkt ansah. Mein Blick blieb lediglich auf den ausgespuckten Inhalt in der dunkelblauen Tasse haften, welcher noch warm vor sich her dampfte.

***

Wir schlenderten eine Weile durch die engen Gassen des kleinen Städtchens, bis wir zu einer langen Treppe gelangten, welche zwischen den bunten Häusern hinauf zum oberen Teil führte. Auf einigen breiteren Stufen standen, nach oben hinauf in gleichen Abständen, vereinzelt große grüne Pflanzen in Blumentöpfen, die der Umgebung einen gewissen exotischen Flair verliehen.

Oben angekommen befand sich schließlich die Fußgängerzone, auf der sich die Menschenmenge bereits tummelte. Ich beobachtete diese für einen Augenblick. Viele Gruppen, Pärchen, Menschen mit Einkaufstüten und ohne. Mit riesigen Eiskugeln, welche zugegebenermaßen unglaublich lecker aussahen und einige pausierten auf den Bänken - redeten und lachten.
Die Geschäfte verteilten sich links und rechts der Gasse entlang und auch einzelne Bäume und Büsche verzierten die Straße. Modegeschäfte, Restaurants und auch Cafés, die vor ihren Geschäften Tische und Stühle stehen hatten, gaben mit ihrem Aussehen ein angenehmes Gefühl, was ebenfalls von der Wärme der Temperatur unterstützt wurde - Nicht zu heiß, aber auch nicht zu kalt.

»Wir gehen schon mal in die Geschäfte. Ihr könnt mit kommen, oder selbst entscheiden, wo ihr zuerst hin möchtet.«, lächelte Tims Mutter.

»Wir gehen denke ich alleine, oder?«, ich nickte, auch Nicklas willigte ein. Daraufhin verabschiedeten sich die beiden Frauen und zurück blieben wir drei, die planlos erst einmal auf der Stelle stehen blieben.
Na toll, das kann was werden.

Nicklas stützte seine Hände links und rechts in seiner Seite ab. Für einen Moment dachte ich an gestern Abend, wie er vor mir stand und... Ich schüttelte den Kopf, wofür ich irritierte Blicke der beiden Jungs erntete.
»Also ich bräuchte eine neue Badehose.«, meinte er und blickte in die Runde.

Badehose. Schon wieder. Der will mich doch wohl verarschen.
Ich verdrehte unbemerkt die Augen und verschränkte die Arme vor meiner Brust.

»Alles klar!«, antwortete mein Freund und lächelte, »Brauchst du auch was, Stegi?«, ich schüttelte den Kopf.
Verwirrt blickte Nicklas seinen Cousin an, doch ließ die Aussage im Raum stehen. Zum Glück.

»Na dann, gehen wir zuerst mal eine neue Badehose kaufen!«, lachte der Braunhaarige mit seiner tiefen Stimme und machte Anstalten zu gehen. Auch Nicklas und ich schlossen uns Tim an.

»Und, gibt's sonst was neues, Tim?«, versuchte Nicklas ein Gespräch aufzubauen. Ich hätte bei seiner gespielten Nettigkeit fast kotzen können.

Tim sah zu mir rüber, dann blickte er unsicher geradeaus.
»Soweit ich weiß, nichts.«, er lachte nervös auf, »Und bei dir?«, versuchte er nun vom Thema abzulenken.

Ich wusste, dass er das noch nicht bekannt machen wollte, dass es noch nicht alle wissen sollten. Ich wusste auch, dass es neu für ihn war. Aber trotzdem versetzte mir diese Aussage einen Stich durchs Herz, auch wenn es überhaupt nicht seine Intention war. Leicht betrübt blickte ich also zur Seite und ging neben den beiden weiterhin geradeaus, ihr Gespräch ausblendend.

Abrupt blieben wir vor einem Laden stehen und die beiden betraten in ihrem Redeschwall das Geschäft. Ich schlurfte dabei lediglich gelangweilt hinter ihnen her und fühlte mich wie das dritte Rad am Wagen. Meine Hände steckte ich in die Hosentaschen.

Als Nicklas durch die Gänge ging ergriff ich die Gelegenheit, und sah mich ebenfalls ein wenig um - vielleicht fand ich ja auch etwas Schönes? Kurz hob ich meinen Kopf und suchte nach Tim, welcher anscheinend am anderen Ende des Ladens nach Sportschuhen suchte.
Typisch. Grinste ich in mich hinein.

Leicht mit dem Kopf schüttelnd schob ich die einzelnen Kleiderbügel vor mir bei Seite und bemerkte nicht, wie sich jemand hinter mich stellte.

»Na, schon was gefunden?«, hauchte eine tiefe Stimme in mein rechtes Ohr, die mich heftig zusammenzucken ließ. Sie klang anders als die von Tim und ließ Wut, aber auch Angst und Unwohlsein in mir hervorrufen.

»Nein.«, gab ich trocken von mir, drehte mich nicht um und widmete mich wieder den T-Shirts vor mir. Doch Nicklas ließ nicht von mir ab und kam sogar noch näher von hinten an mich heran.

»Verdammt, was willst du!?«, meinte ich genervt und blickte hilfesuchend zu Tim, welcher sich weiterhin am anderen Ende aufhielt und mich nicht bemerkte. Aussichtslos.

Mein Hintermann kam sogar so nah an mich heran, dass sich schon meine Nackenhaare durch seinen warmen Atem auf meiner Haut aufstellten. Mir war es nicht wohl bei der ganzen Sache.

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»Every thing happens for a reason

someday / stexpertWo Geschichten leben. Entdecke jetzt