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PoV Tim

Hoffentlich unbemerkt stand in bis zum Hals im Wasser und beobachtete die anderen, wie sie miteinander redeten und zum Meer gelaufen kamen. Beide sahen nicht sonderlich glücklich aus. Vor allem Nicklas, der normalerweise nie niedergeschlagen war.

»Heeeeey, da seid ihr ja endlich!«, rief ich und trat etwas aus dem Wasser hervor.
Stegis Blick lag auf mir. Wanderte hoch und wieder runter. Inspizierte mich. Am liebsten wäre er auf mich los gegangen, doch er unterdrückte sein Verlangen, das konnte ich ihm ansehen. Bei mir war es nämlich nicht anders. Doch irgendetwas bedrückte ihn ebenfalls. Über was haben sie vorhin wohl gesprochen?

Nach einer ganzen Weile gingen wir wieder zu unserem Tüchern. Während wir im Wasser waren, wechselten Nicklas und Lukas kein einziges Wort miteinander. Es war viel mehr so ein bedrücktes, unangenehmes Schweigen. Und ich wusste nicht weswegen.

Irgendwann verschwand Nicklas kurz ins Haus, weil er pinkeln musste.

»Ist alles in Ordnung?«

»Huh?«, fragend sah er von seinem Handy auf und blickte mir in die Augen.

»Hm.«, überlegend schaute er wieder auf seinen leuchtend grellen Bildschirm.

»Ich seh doch, dass etwas nicht stimmt.«, ich starrte ihn an, versuchte wieder Blickkontakt aufzubauen, doch es funktionierte nicht.

»Hat Nicklas irgendwas zu dir gesagt? Dich beleidigt? Hat er-«

»Nein.«

Ich stockte. Warum reagierte er denn jetzt so? Ich wusste nicht mehr weiter. Ich wollte doch nur, dass es ihm wieder besser geht.

Dann setzte ich zum Reden an, doch schloss meinem Mund kurz darauf wieder. Nachdenkend wandte ich meinen Blick von ihm ab, legte mich wieder auf den Rücken, positionierte meine Hände dabei hinter meinen Kopf, und sah hinauf zum Himmel. Einzelne Wolken zogen an uns vorbei. Es war kein sonderlich heißer Tag, es war angenehm warm und das Wasser schön erfrischend.

Eigentlich perfekte Voraussetzungen für gute Laune, die ich jedoch bei uns allen nicht wahrnehmen konnte.

»Es gibt da was, das ich dir noch nicht erzählt habe.«, fing mein Freund ein Gespräch an. Ich wurde ganz Ohr, drehte meine Kopf zur Seite und sah zu Lukas, welcher sein Handy mittlerweile weggelegt und die Augen geschlossen hatte. Sein Atem war langsam und ruhig. Sein Brustkorb hob sich und sank darauf wieder. Er wirkte so entspannt, obwohl ich mir denken konnte, dass er innerlich halb explodierte vor Angst. Er war nervös und konzentrierte sich stark. Ich wusste, dass es ihm schwer viel, über seinen Schatten zu springen. Das konnte ich ihm nicht verübeln.

Ich sagte nichts, hörte einfach nur hin, was er mir zu erzählen versuchte.

»Erinnerst du dich noch an diesen Typen, von dem ich dir erzählt habe, der mich damals so fertig gemacht hat?«

»Ja.« Klar konnte ich mich an ihn erinnern. Ich konnte auch nie verstehen, wie jemand einem so weh tat, dass es im Endeffekt Narben und geistige Schäden hinterließ, die man auch im späteren Zeitpunkt nicht loswerden konnte. Dass man generell jemanden für seine Sexualität verurteilte und dass selbst mein Bruder so ein Heuchler war.

»Das war damals mein bester Freund.« Dieser Gedanke machte die Situation noch schlimmer. Wie schrecklich konnte ein Mensch sein?

Er schnaubte aus und sog scharf die Luft wieder an. »Naja. Der Grund, warum ich ich anfangs so auf Nicklas reagiert habe, war...«

Nun schwieg er. Nein, Stegi zögerte, hatte Angst. Ich konnte es spüren. Aber wovor nur?

»Ach scheiße, er ist es!«

Ich hielt die Luft an. Konnte nicht glauben, was ich da gerade gehörte hatte. Oder hatte ich mich etwa verhört? Ich starrte ihn an. Er starrte mich an.

»Nicklas war es. Ich hatte mich damals in ihn verliebt, wir waren auch kurz zusammen. Es war eine heimliche Bezeichnung. Nur durch einen kleinen Ausrutscher auf einer Party hatte ich alles versaut. Ich hab sein Vertrauen missbraucht, seine Ehrlichkeit und Liebe verloren. Nur weil ich so sturr war.« Tränen stiegen in seine Augen. Er sah sofort wieder weg, wollte mich nicht anschauen.

»Und jetzt ist er wieder hier. Alles kommt wieder hoch und ich hab Angst, dich zu verlieren.«

Schnell setzte ich mich hin, zog ihn zu mir hoch und umarmte ihn.

»Hey, hey. Das wirst du nicht.« Sachte legte ich meine Hand auf seinen Rücken und streichelte diesen sanft.

»Was ist wenn doch? Er provoziert es doch!«

»Was provoziert er?«, meine Hand hielt inne.

Doch ehe ich eine Antwort bekam, sah ich, wie Nicklas wieder auf uns zu kam. Und irgendwie fing ich an, Hass auf ihn zu hegen.

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"Darkness cannot drive out darkness; only light can do that. Hate cannot drive out hate; only love can do that." ~Martin Luther King

someday / stexpertWo Geschichten leben. Entdecke jetzt