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PoV Stegi (aka Lukas)

Tim stand nur da, regte sich keinen Zentimeter und starrte mir lediglich in die Augen, als ob er nicht glauben konnte, was er gerade gehört hatte. Eine, wie ich finde, unangenehme Stille zwischen uns füllte den Raum, das Wasser hatte ich schon längst aus meiner Umgebung ausgeblendet.

Unsicherheit machte sich in mir breit und ich wurde nervös. War es zu früh gewesen, ihm meine Liebe zu gestehen?
Ich wollte gerade wegsehen, als Tim anfing, über beide Ohren hinweg zu grinsen.

»Ich liebe dich auch, mein Stegilein.«, antwortete er. Ich atmete meine, eher aus Angst eingehaltene, Luft wieder aus und lächelte.

Dann nahm er mit beiden Händen mein Gesicht, zog es näher an seins heran und drückte mir mit seinen weichen Lippen einen langen Kuss auf die meinen, den ich zufrieden erwiderte.

***

Nach dem Duschen gingen wir zusammen runter ins Wohnzimmer, wo wir von den anderen schon sehnsüchtig erwartet wurden. Der Wohnzimmertisch war bereits lecker gedeckt und der Film fertig zum Starten.
Tim und ich ließen uns ebenfalls auf der Couch nieder, direkt nebeneinander und so dicht, dass keiner zwischen uns mehr Platz fand. Nicklas schien unsere Bewegungen dabei genaustens beobachtet zu haben, denn als ich ihm in die Augen sah, erntete ich missgünstige Blicke seinerseits, die ich nur mit einem Lächeln erwidern konnte.

Mit der Zeit lief der Film, der Abend wurde später und ich müder. Einerseits wegen dem anstrengenden und langen Tag, der voller Hin- und Hergelaufe und Gewarte war. Aber andererseits war der Film auch nicht wirklich spannend gewesen, um mich wach zu halten. Er war, für mein Empfinden, grottig und langweilig gemacht - ich konnte nicht verstehen, was die anderen an ihm fanden.

Nach einem langen Kampf mit mir selbst, die Augen doch offen zu behalten, gab ich zu meinem Wohl auf und schloss diese träge.

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PoV Tim

Plötzlich spürte ich, wie sich etwas auf meiner Schulter ablegte. - Es war Lukas, der müde seine Augen geschlossen und seinen Mund leicht geöffnet hatte. Zufrieden lächelte ich und beobachtete für eine Weile, wie sich sein Brustkorb hob, und wieder sank.

Süß.
Vorsichtig legte ich einen Arm um Stegi und zog ihn somit etwas näher an mich heran, wollte gerade einen Kuss auf seine Stirn hauchen, als mir bewusst wurde, dass wir nicht alleine waren. Abrupt wich ich meinem Versuch aus, zuckte zurück und sah zögerlich zu den anderen.

Meine Mutter und ihre Schwester schauten weiterhin auf den Fernseher, lachten und aßen ein paar Möhren mit Dip. Erleichtert atmete ich bei dem Wissen aus und wanderte mit meinem Blick weiter zu Nicklas, welcher genau in meine Augen blickte.

Ich hielt inne, starrte ihn an.
Hat er was bemerkt?

Unsicherheit machte sich in mir breit und mein Körper fing ganz leicht an zu zittern. Langsam bewegten sich seine Augen zu Stegi, welcher mittlerweile ebenfalls einen Arm um meinen Bauch gelegt hatte und sich näher an mich heran kuschelte.

Dann richtete sich sein Blick wieder auf den Fernseher.

***

Nachdem der Film zuende war, räumten wir den Tisch wieder auf. Stegi hatte ich dabei behutsam von meiner Schulter gelöst und auf ein weiches Kissen gelegt, damit ich aufstehen konnte.

Still schweigend stand ich neben Nicklas in der Küche und räumte die dreckigen Sachen in die Spülmaschine ein.

»Wie er einfach so auf deiner Schulter eingeschlafen ist.«, warf er nun in den Raum. Für einen Moment stockte ich, hielt die Luft an und starrte in die halbvolle Spülmaschine vor mir. Mein Herz raste und mir wurde warm.

»Ja.«, erwiderte ich unsicher lachend und löste mich aus meiner Starre, um nicht wie der größte Vollidiot da zu stehen.

Wieder diese Stille zwischen uns.

»Also, das-«

»Ich weiß.«, unterbrach er mich sofort und räumte die Ablage der Küche weiterhin auf, ohne auch nur ein Blick mir zu würdigen. Daraufhin nahm er einen nassen Lappen und wischte die Arbeitsplatte ab.

Ungläubig richtete ich mich auf, schaute zu ihm rüber und ließ das dreckige Geschirr erst einmal außer acht.

»Was genau weißt du?«, versuchte ich noch so normal wie möglich zu fragen. Innerlich explodierte ich vor Angst und Nervösität. Ich fühlte mich ertappt, wusste nicht einmal, was er genau meinte, oder besser gesagt wusste.

»Na, das mit Lukas. Du weißt schon.«, er ging nun zum Waschbecken und schüttelte dort den Dreck vom Lappen ab, ehe er diesen erneut unter das Wasser hielt und auswringte.

»W-Was ist mit Lukas.«, mein Herz fing noch heftiger an zu rasen, mir wurde mit einem Schlag kalt.

Dann legte er das Putztuch weg und sah mich an.
»Als ob dir das noch nicht aufgefallen ist? Er steht auf Männer!«, er lachte leicht. Ich stieg unsicher mit ein, wusste nicht so genau, was ich sonst hätte tun sollen.

Völlig abgelenkt von meinen Gedanken spürte ich plötzlich zwei kurze Klopfer auf einer meiner Schultern.

»Ach, hab' dich nicht so. Mein bester Freund war damals auch schwul.«

Sanft lächelte er mich an und ließ mich schließlich los.

»Ich... Wusste das schon.«, entgegnete ich ihm nun.
Sollte ich ihm die ganze Wahrheit sagen?

»Ach, wirklich?«, er hob eine Augenbraue.

Langsam nickte ich.

»Und... Dir macht das nichts aus? Hat er sich nicht schon einmal an dich rangeschmissen?«, neugierig wartete er auf eine Reaktion.

Gerade, als ich zum Antworten ansetzen wollte, stand ein leicht verschlafener Stegi in der Küche. Er schien uns gar nicht wirklich bemerkt zu haben, denn ohne etwas zu sagen, ging er Richtung Schrank und nahm sich kurz entschlossen ein sauberes Glas und eine Flasche Wasser zur Hand.

»Hey, ausgeschlafen?«, lachte ich, versuchte aus der vorherigen unangenehmen Situation zwischen mir und meinem Cousin rauszukommen.

Erschrocken zuckte mein Freund zusammen und drehte sich um.

»Erschreck mich doch nicht so!«, wurde ich nun von ihm lachend angekeift. Ich grinste und sah Nicklas an, welcher mit einem monotonen Blick das Geschehen beobachtete.
Mein Lachen verstummte mit einem Mal.

»Ich geh jetzt hoch, schlafen.«, sagte nun der Blondschopf und gähnte, hielt sich aber dabei die Hand vor den Mund.

»Ich komm gleich nach.«, lächelte ich und widmete mich wieder der Spülmaschine, welcher ich nun ein Spültab einlegte. Dann schaltete ich sie an.

»Macht es dir nichts aus, mit ihm in einem Bett zu schlafen?«, meldete sich nun Nicklas wieder zu Wort, nachdem man Lukas die Treppen hoch gehen hörte.
Meine Hoffnung, dass das Thema gegessen schien, war verflogen.

»Nein.«, meinte ich kurz und knapp.
Ganz im Gegenteil. Ich liebe es.

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"You can't handle the truth!" ~A few good men, 1992

someday / stexpertWo Geschichten leben. Entdecke jetzt