... oder „Du bist das Letzte."
♾♾♾„Wohin glaubst du, dass du gehst?" Liv drehte sich um, als sie Jaspers Stimme hörte. Ihr Vater hatte ihr ein Zimmer mit eigenem Bad zugewiesen, frische Kleidung hatte auf dem Bett gelegen. Ebenso wie Verbandszeug, was sie genutzt hatte, um die Wunde in ihrem Oberschenkel zu verbinden. Sie hatte eine halbe Ewigkeit auf dem Bett gesessen und Löcher in die Luft gestarrt, bis sie aufgestanden war, um Fenix erneut zu suchen. Sie musste das hinter sich bringen. Sofort. Sie musste es beenden.
„Zur Hölle, aller Wahrscheinlichkeit nach." Ihr Grinsen gefror zu einer unnatürlichen Maske, als sie in Jaspers Gesicht sah. Vermutlich würde nicht ihr Bruder sie töten, sondern Jasper. Vielleicht fraß er sie auch auf, so wütend wie er aussah.
„Wie konntest du mir das antun, V?" Seine Stimme war leise, unbändige Wut und Enttäuschung schwangen darin mit.
„J, ich..."
„Wie konntest du es wagen mich als Terroristen an anzuschwärzen?" Der Ton seiner Stimme verhieß nichts Gutes. Als Liv den Mund zu einer Entgegnung öffnete, schnitt er ihr kurzerhand das Wort ab.
„Wie konntest du es wagen!" Liv zuckte unter dem Knurren des Dämons zusammen. Sie versuchte garnicht mehr zu antworten, sondern entschied sich einfach alles was kam über sich ergehen zu lassen.
Unter seinen nächsten Worten wurde sie immer kleiner. „Du bist das letzte, V. Das allerletzte." Bittere Galle kam ihr hoch, schnürte ihr den Hals zu, ertränkte die Worte der Entschuldigung in ihr. Dass ihr Verhalten nicht zu entschuldigen war, hatte sie bereits vorher gewusst. Aber zu hören, was J jetzt von ihr hielt, war doch nochmal etwas anderes. Wissen und glauben-zu-wissen waren eindeutig zwei Paar Schuhe.
„Warum hast du es getan, Liv? Welche blumig-romantisch-völlig-bekloppte Vorstellung hat ein rosafarbenes, glitzerndes Einhorn von seiner rosa Wolke in dein Hirn geschissen, dass du einfach herfliegst um dich umbringen zu lassen?" Er schnaubte wie ein wütender Bulle.
„J, ich ..." Rasend vor Wut unterbrach er sie. „Nix, ‚J, ich'. Vergiss ‚ich', vergiss ‚J' - du hast sie doch nicht alle. Du hast mich als Terroristen festhalten und ewig in Stockholm nach dir suchen lassen. Weißt du eigentlich, was eine scheiß Angst ich hatte? Wie konntest du mir das antun?" Seine Stimme war leiser geworden. Die unbändige Wut wurde durch allumfassende Enttäuschung abgelöst - emotionale Erpressung hatte er voll drauf - was Liv augenblicklich die Tränen in die Augen trieb.
Erst als sie leise weinte und ihr Körper von Schluchzern geschüttelt wurde, gab er seine abwehrende Haltung auf und schloss sie in die Arme.„Tu das nie wieder, V", murmelte er in ihr Haar. „Versprich es mir, nie wieder!" Seine Umarmung zerquetschte sie beinah, aber sie konnte es nicht versprechen. Die Begegnung mit ihrem Bruder hatte ihr gezeigt, dass dieser ernsthaft versuchen würde sie umzubringen. Und obwohl sie sich wehren würde - die Chancen standen nicht schlecht, dass sie das nicht überleben würde. Es sein denn ... Es sei denn ihre Eltern würden dem Schwachsinn Einhalt gebieten.
„Warum hast du es getan, V? Warum bist du gegangen?" Jasper schob sie ein kleines Stück von sich und sah sie aufmerksam an, seine forschenden Augen glitten über ihre verkrampften Gesichtszüge, fanden jedoch keine Antworten.
Seufzend erklärte sie ihm, dass sie einfach hatte wissen müssen, was an dieser Seelenfängergeschichte dran war. Selbstverständlich verschwieg sie ihm, dass Daniel ihr den Flo ins Ohr gesetzt hatte, dass Jasper vielleicht nicht ganz up to date war.
„Da ist noch mehr oder?" Er kannte sie gut.
„Und ich muss wissen, ob meine Familie wirklich meinen Tod wollte." Ihr Wispern war beinah nicht mehr zu hören.
Sanft küsste er ihre Stirn. „Das wird sich erst klären, wenn du mit ihnen gesprochen hast."
Sie nickte, obwohl sie den Kopf schütteln wollte. Jetzt wo sie in Jerusalem und die Begrüßung durch ihren Bruder so unheimlich herzlich ausgefallen war, bewertete sie ihre Idee als das, was sie war: Völlig bescheuert.
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Guardian Demon
خيال (فانتازيا)Stell dir vor, Gott und Lilith haben die Schnauze von den Eskapaden der Schöpfung voll und verabschieden sich auf nimmer Wiedersehen. Damit nicht alles im Chaos versinkt, übergeben sie ihren Stellvertretern - Dämonen und Engeln - klare Anweisungen...