29. „Ich tu es für dich."

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... oder „kaltblütige Killerin."
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„Wohin gehst du?" Nach dem ergebnislosen Gespräch mit Abbadon wollten sie zurück ins Zimmer, sich umziehen und im Rooftop Restaurant essen. Jasper liebte die Cocktails dort, bei denen sie sich etwas entspannen würden und er Liv überreden könnte, Fenix für sie zu töten. Egal was Vater und Tochter sich stattdessen ausdenken würden: sein Plan war der einzig plausible. Und seit Stunden gab es wenig, was ihn glücklicher machen würde, als dem Arschloch den Kopf abzureißen. Liv lief aber nicht zurück in ihr Zimmer.

„Zur Hölle vermutlich." Sie lächelte ihn schwach an. „Aber fürs erste zu meinem Bruder. Wir reden jetzt mal Tacheles."

Mit offenem Mund starrte Jasper sie an. Wenn das nicht alles nicht so surreal und beschissen gewesen wäre, hätte sie ihn vermutlich ausgelacht oder ein Foto geschossen um es ihn immer wieder unter die Nase zu reiben. So zuckte sie mit den Achseln und ließ den verdatterten Dämon einfach stehen.
Gerade als Jasper sich aus einem Potpourri von möglichen Reaktionen für die am wenigsten blutige entschieden hatte, kam Fenix die Treppen herunter. 
Jasper starrte Livs Zwilling mit seinem finstersten Blick an. Wenn das hier alles vorbei war, würde er sie zwingen die Kunst des Krieges lesen. Und dann würden sie darüber reden, wie unsinnig reden ist.
Er widerstand mit Mühe dem Drang wütend mit dem Fuß aufzustampfen. Wie sehr er Livs Eigensinnigkeit doch hasste. Niemals würde das funktionieren. Niemals.

Abbadon trat hinter ihm aus der Bibliothek und legte dem Dämon eine Hand auf die Schulter. „Aber Herr..." Abbadon nickte. „Ich weiß. Dennoch ist es eine Sache zwischen den beiden."

In der Zeit war Fenix die Stufen zu seiner Schwester herabgetreten und stand nun schweigend, mit auf dem Rücken verschränkten Händen vor ihr in der lichtdurchfluteten Eingangshalle.

Liv seufzte. Na dann mal los.
„Hör zu, können wir nicht einfach miteinander auskommen? Ich will Daddys Job nicht, du kannst ihn haben." So richtig sicher war sie sich dessen zwar nicht, denn die Vorstellung, dass Fenix für die Befriedigung des Egos der Engel Millionen Menschen umbringen würde, behagte ihr nicht, aber sie wollte es zumindest versuchen.

Stille.

„Schau mal, wir sitzen im selben Boot und ich biete dir eine Lösung an. Das ist eine win win Situation. Außerdem sind wir Geschwister. Familie." Man merkte tatsächlich, dass Fenix ganz nach ihrer Mutter kam, denn er verzog keine Miene, während sie redete. Ein déjà-vu auf das sie hätte verzichten können.

Stille.

„Oder du redest einfach nicht mit mir. Das funktioniert ganz sicher auch." Liv war genervt. Hatten Fenix und Namrael beide das gleiche Handbuch für Streitereien gelesen?

„Komm schon Fenix, es muss einen anderen Weg geben, als den, dass einer von uns tot zu den Füßen des anderen liegt." Sie hoffte wirklich, dass sie weniger verzweifelt klang, als es diese Worte suggerierten.

Unwillkürlich zuckte sie erschrocken zusammen, als er endlich einen Ton von sich gab. „Nein."

Natürlich nicht. „Ganz sicher?"

„Ganz sicher."

Liv seufzte ergeben und drehte sich zu Jasper um. Als sie die Distanz zu ihm überbrückt hatte, sah sie ihm in die Augen und lächelte. Sie wusste zwar nicht genau wie diese Verbindung zwischen ihnen funktionierte, aber sie versuchte die Angst aus ihrem Kopf zu verdrängen und für den Augenblick nur noch die Liebe zu Jasper zu empfinden. Sie rief die Erinnerungen hervor, in denen sie am glücklichsten gewesen war: wie sie morgens in seinen Armen erwacht war, wie er sie zum Lachen gebracht hatte, wie er ihr immer das Gefühl gegeben hatte, dass sie etwas Besonderes war, geliebt und beschützt, geborgen und das wichtigste auf der Welt für ihn.

Guardian DemonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt