21. „Sei einfach entspannt, ganz locker."

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... oder „irgendein Problem haben die fluffigen Federfeiglinge"
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„V, Kleines." Er wisperte ihren Namen und zog sie eng an sich. „Beruhige dich. Die erste Hürde ist geschafft." Sanft küsste er ihre Stirn, während der allgemeine Lärm des Flughafens an ihren Nerven zerrte. Der Kontrast lähmte sie: die Geborgenheit, die der Körper des Dämons bot - und die Hektik, die die Menschen am Flughafen ausstrahlen. Flogen die nicht alle in den Urlaub? Sollte man da nicht Vorfreude und Entspannung empfinden? Stattdessen hörte sie keifende Frauen, deren Männer dieses oder jenes vergessen hatten. Hektische Ehepaare, von denen einer nicht mehr wusste, ob der andere dieses oder jenes Gerät zuhause ausgeschaltet hatte; quirlige Kinder, motzende Jugendliche, Lautsprecherdurchsagen - insgesamt eine ohrenbetäubende Geräuschkulisse, die sie in den Wahnsinn trieb.
Livs Hände waren noch schweißnass und zitterten wie Espenlaub. Beinah hätte sie sich gerade vor oder im schlimmsten Fall auf die Beamten übergeben, als diese sie abtasteten und ihre Ausweisdokumente checkten. Das würde ihr jetzt zugute kommen.

Sie hatte nicht mehr viel Zeit. Jetzt oder nie, sie musste Jasper los werden. „Mir ist so schlecht, Jasper. Ich hab so wahnsinnig Schiss."

„Verhalte dich einfach ganz natürlich, dann wird alles gut." Um ihr Ruhe zu schenken, legte er seinen Arm um ihre Schultern. Wütend wollte sie Abstand zu seinem Körper gewinnen, doch er zog sie näher an sich heran, was Jasper einmal mehr überraschte: ihr Körper passte perfekt zu dem seinen. Erneut küsste er ihre Schläfe, hatte aber nicht mit der Wut einer angefressenen Frau gerechnet, die von den liebevollen Gesten eines Mannes leider nur noch befeuert, anstatt herunter gekocht wird: „Wie verhält man sich denn ganz natürlich mit gefälschten Ausweisen, an einem Flughafen voller Beamter, die nach Terroristen suchen? Huh? Wenn man selbst Panik schiebt, weil die eigene Familie einen töten will und wenn man an der Seite eines Mannes durch die Gegend läuft, der in den letzten 24 Stunden mehrere Leute umgebracht hat?" Ihre Stimme wurde immer giftiger, je länger sie sprach. Ihr Zischen ließ Jasper zusammenzucken und sich nach ihrer Couch und der Eistruhe sehnen, denn Liv konnte eigentlich nur mit Eiscreme aus einem Wutanfall geholt werden. Er seufzte.

Sie spürte wie die Panik an der Oberfläche ihres Pokerface kratzte. Nur mühsam hielt sie sie im Zaum. Vermutlich nicht viel länger, als bis zu dem Moment in dem sie von Jasper getrennt sein würde.

„Du übertreibst, V. Sei einfach entspannt. Ganz locker." Hatte der Kerl Todessehnsucht? Der Wunsch ihm ganz locker mit einem Baseballschläger die Nase zu brechen flammte heiß lodernd in ihrem Herzen auf.

„Ganz natürlich wäre es, wenn ich jetzt heulend in der Ecke kauern oder panisch im Kreis rennen würde. ‚Entspannung'", meinte sie gehässig, „und Lockerheit kannst du dir dahin schieben, wo die Sonne nicht scheint." Obwohl sie jedes Wort so meinte, wie sie es sagte, war sie doch überrascht, wo das herkam. Eigentlich hatte sie nur einen kleinen Streit vom Zaun brechen wollen, um den Rest ihres äußerst klugen Plans in die Tat umzusetzen, aber anscheinend war sie tatsächlich irgendwie sauer auf ihn. Sie zog die Brauen hoch und fletschte die Zähne.

„Du weißt genau, dass ich das nicht mit natürlich meine. Verhalte dich einfach wie an einem normalen Tag." Mit einer raschen Bewegung zog er sie enger an sich. Energisch versuchte sie sich zu entwinden, entkam seiner eisernen Umarmung aber nicht.

„Ich lebe mit einem Dämon, meine beste Freundin arbeitet mit meiner Mutter zusammen daran mich zu töten, du hast den Typ geköpft, von dem ich bis vor wenigen Tagen dachte, dass ich unsterblich in ihn verliebt sei, irgendein Problem haben die fluffigen Federfeiglinge mit mir und mein Bruder scheint mich tot sehen zu wollen - nichts genaues weiß man, wer hier mein größtes Problem ist." Sie holte tief Luft. „Entschuldige, dass ich mich nicht mal mehr an normal erinnere."

Guardian DemonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt