Schweigend musterte ich das weißhaarige Mädchen vor mir. Ebenso wartete sie auf meine Reaktion wegen ihrer Enthüllung.
Ihre Magie war der Tod. Das erklärte, warum sie sich so gefährlich und still anfühlte.„Was genau bedeutet das?", fragte ich schließlich, „Wie kannst du den Tod als Magie benutzen?"
Sie sah an mir hoch und runter. Meine Haltung hatte sich nicht verändert. Ich war immer noch etwas misstrauisch ihr gegenüber, aber nicht mehr so verkrampft. Jetzt wusste ich, was ihre Magie war. Es war keine unbekannte Gefahr mehr.„Wenn ich dir deine Fragen beantworte, musst du mir meine beantworten.", sagte sie nur.
„Deal."
Jetzt lächelte sie, aber es war kein glückliches Lächeln.
„Anfangs musste ich jemanden berühren und er starb sofort. Inzwischen kann ich es auch per Gedanken, aber das ist schwieriger und dauert länger."
„Du kannst jemanden mit einem Gedanken töten?"
Kam mir bekannt vor. Ich hatte es wiederholt getan während Blutmond. Schnell scheuchte ich die Bilder fort und richtete meine Aufmerksamkeit wieder auf unser Gespräch.„Du wirkst nicht überrascht. Normalerweise reagieren die Leute schockierter.", sie sah mich forschend an.
Als ich nur die Schultern zuckte und schwieg, grinste sie schief. Diesmal war es aufrichtiger.
„Ich glaube, ich fang an dich zu mögen."
„Warte lieber noch ab.", murmelte ich, aber Morana hörte es trotzdem. Jedenfalls ging sie nicht drauf ein, aber ihr Grinsen wurde etwas breiter.„Genau.", kam sie auf meine Frage zurück, „Ein Gedanke reicht."
Zur Demonstration richtete sie ihre Augen auf das Gras zwischen uns. Wenige Sekunden später begann es zu verwelken. Es starb ab.
Morana hob wieder den Kopf und wartete auf meine nächste Frage.„Hat dein Aussehen mit deiner Gabe zu tun?"
Sie fasste sich an Haar und nickte.
„Als ich kleiner war, hatte ich braunes Haar. Es ist in dem Moment weiß geworden, als sich meine Magie zum ersten Mal gezeigt hat."
In ihrer Stimme schwang etwas dunkles mit. Ich wusste, dass ich nicht weiter fragen sollte.Eine Windböe erfasste uns und ich zog meine Jacke enger zusammen. Morana hingegen wirkte völlig unberührt, obwohl sie ein dünnes, graues Hemd trug.
„Ist dir nicht kalt?"
Sie schüttelte den Kopf. „Nein. Ich friere nicht, esse nicht und schlafe auch nicht."
Jetzt war ich doch überrascht. Morana quittierte das mit einem belustigten Funkeln ihrer Augen.
Aber ich hatte sie auch noch nie beim Essen gesehen. Sie wäre mir garantiert aufgefallen.„Und... wie ist das so?"
Jetzt war es an ihr die Schultern zu zucken: „Manchmal verfluche ich es, manchmal liebe ich es."
Ich nickte verstehend. Naja, ich verfluchte meine Magie permanent. Doch seit gestern geriet die Abneigung gegen den Dunklen Mond ins Wanken. Hasste ich das Monster in mir vielleicht zu Unrecht?Ich strich mir eine vom Wind verirrte Strähne aus dem Gesicht. „Was kannst du mit deiner Magie noch?"
„Ich kann den Tod auf verschiedene Arten herbeiführten und kann auch nur Stadien davon jemanden spüren lassen. Zum Beispiel das Verlieren der Sinne. Bleiernde Müdigkeit in den Knochen und so weiter. Alles Mögliche."
Sie machte eine Pause.
„Ich kann jemanden auch die Magie vorübergehend nehmen."
Ein zweites Mal überrascht sah ich sie an.
„Wie hängt das mit dem Tod zusammen?"
„Naja". Sie neigte den Kopf leicht zur Seite. „Wenn wir sterben wird unsere Verbindung zur Quelle gekappt. Von der Quelle hast du sicher gehört, oder?"
Ich nickte kurz. Wir waren durch die Tunnel der Quelle zu Felicias gelangt und in sie hatte ich mich transportiert, um uns rauszuholen.
„Sie ist die Verbindung zur Magie. Wenn ich diese Verbindung trenne, kann derjenige nicht mehr bändigen."Ich verstand mehr als einmal warum sich ihre Magie so gefährlich anfühlte. Ganz abgesehen davon, dass Morana jemanden einfach so töten konnte, sie konnte einen auf mehrere Arten außer Gefecht setzen.
Ihre Magie in den falschen Händen konnte große Zerstörung anrichten.
So wie meine, in den Händen der Hunter.
Ich sah wieder das kalte Gesicht meines Vater vor mir und erinnerte mich an die Schmerzen, die durch meinen Körper geschossen waren, als der Innere Kreis meine Magie auf ihn übertragen hatte. Sie hatten meine, dunkle, tödliche Magie und würden sie ganz sicher nutzen, um noch mehr Prodigias zu schaden.
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Lillith die Quelle der Magie
Fantasy(2. Teil) Lillith hat die Hunter und ihre Freunde aus der Schule hinter sich gelassen. Jetzt fängt sie bei den Savern ein neues Leben an. Aber ein Geheimnis steht immer noch zwischen ihr und den Savern: Sie ist der Dunkle Mond und hat bereits einig...