Heart

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Oben angekommen stürme ich erst ins Bad, um aus der klebrigen Boxershort heraus zu kommen, wasche mich notdürftig, ziehe etwas frisches an und laufe dann in das Gästezimmer. Drinnen lasse ich mich auf das Bett sinken und vergrabe das Gesicht in meinen Händen.

"Alexander? Können wir reden?" höre ich Magnus vor der Tür sagen und ich schlage wütend auf mein Kopfkissen. "Komm rein." sage ich dann und die Tür öffnet sich. Zögerlich steht er da und kommt dann vorsichtig näher. "Darf ich mich setzen?" fragt er leise und deutet auf das Bett. Er bemerkt mein Zögern. "Keine Sorge, ich fasse dich nicht an." murmelt er und ich reisse die Augen auf. "Du denkst, ich will nicht, dass du mich anfasst?" stosse ich hervor und er zuckt mit den Schultern.

"Weißt du, manchmal hilft mir mein Beruf auch nicht weiter. Sicher bin ich ganz gut darin aber du stellst mich vor Rätsel und ich will nichts falsch machen. Ich mag dich, Alexander." sagt er ruhig und ich setze mich auf. "Ich mag dich doch auch, Magnus aber ich schäme mich, dass etwas zwischen uns vorgefallen ist, obwohl ich verheiratet bin." erwidere ich und er seufzt. "Sicher keine ideale Voraussetzung für dich und mich aber du kannst nicht leugnen, dass da etwas zwischen uns ist."

Er sieht mir fest in die Augen und ich schüttel den Kopf. "Nein, kann ich nicht aber wie soll das gehen? Ich verstecke mich hier bei dir und finde nicht den Mut, irgendetwas zu unternehmen. Solange ich nichts geklärt habe, ist es besser, wir gehen uns aus dem Weg." murmel ich und er beisst sich auf die Unterlippe. "Okay, wenn es das ist, was du willst, akzeptiere ich das." Er sieht traurig aus und ich verspüre einen Stich in der Brust.

"Ja, das ist, was ich will. Ich muss erst sehen, wie es mit Andrew weiter geht, bevor ich auch nur den Gedanken haben sollte, etwas Neues anzufangen. Verstehst du das, Magnus?" Er nickt. "Verstehe. Ich verspreche, ich fasse dich erst wieder an, wenn du mich darum bittest." Stumm nicke ich und wieder sehen wir uns an. Keiner von uns rührt sich und unsere Blicke verknoten sich miteinander. Wir sitzen einfach auf meinem Bett und sehen uns an.

Nach einer Weile steht er wieder auf. "Ich gehe dann jetzt schlafen. Gute Nacht, Alexander." murmelt er und ich versuche mich an einem schiefen Lächeln. "Gute Nacht, Magnus." Ich lasse mich nach hinten fallen, als er die Tür hinter sich geschlagen hat und verschränke die Hände hinter meinem Kopf. Wie konnte mir das passieren? Ich habe Andrew noch nie betrogen und mir ist nicht mal der Gedanke daran gekommen.

Mein schlechtes Gewissen lastet schwer auf mir und ich erinnere mich an unser erstes Date. Wir waren im Kino und ich war so nervös, dass ich nicht einen Satz des Films mitbekommen habe. Meine Hände waren schweißnass und ich hab mich geschämt, als er schließlich danach gegriffen hat. "Deine Hand ist feucht." hat er mir zugeflüstert und ich bin rot geworden. "Entschuldige, ich bin nervös." habe ich geantwortet und er hat meine Finger trotzdem mit seinen verschränkt.

Als er mich später am Abend nach Hause gebracht hat, haben wir noch eine Weile vor unserem Haus gestanden und geredet. Er hat mir von seinen Zukunftsplänen erzählt und mich ebenfalls nach meinen gefragt. "Keine Ahnung, ich hab ja noch mehr als genug Zeit mir darüber Gedanken zu machen." habe ich geantwortet und er hat seine Hand an meine Wange gelegt. "Ich mag dich, Alec." hat er plötzlich geflüstert und dann haben wir uns das erste Mal geküsst. Seine Zunge hat in meinem Mund herum gewühlt und ich habe mich gefragt, ob das so sein muss. Ob es nicht ganz schlimm in meinem Bauch kribbeln müsste. Die einzige Reaktion, die mein Körper zeigte, war Unwohlsein aber ich hab es auf meine mangelnde Erfahrung geschoben.

Seit diesem Moment waren wir ein Paar und jede freie Minute haben wir gemeinsam verbracht. Ich war da, als er seinen Abschluss gemacht hat und habe weinend am Auto gestanden, als er das erste Mal zur Uni aufgebrochen ist. Zu meinem Glück hat er in New York studiert aber es war trotzdem merkwürdig ohne ihn zu sein und ich habe in der Schule alles gegeben, damit auch ich mich in der selben Universität einschreiben kann. Relativ schnell war klar, dass ich Journalismus studieren werde und auch wenn Andrew dafür nur ein Schnauben über gehabt hat, habe ich meinen Plan durchgezogen und wir waren nach zwei Jahren Wochenendbeziehung endlich wieder vereint. Wir haben uns ein winzig kleines Apartment geteilt aber als Andrew fertig war und sofort eine gut bezahlten Job bekam, sind wir schnell in unser kleines Haus gezogen. Ich habe in Ruhe zu Ende studiert und wir waren glücklich.

Der Tag der Hochzeit kam für mich völlig überraschend. Wir waren auf diesem Junggesellenabschied seines Kumpels Raj und es musste natürlich Las Vegas sein. Es wurde viel getrunken, zu viel und als Andrew vorgeschlagen hat, spontan zu heiraten, habe ich das in dem Moment für eine gute Idee gehalten. Für mich war klar, dass wir ewig zusammen sein werden und so habe ich kichernd eingewilligt und wir haben uns von einem singenden Elvis Presley Verschnitt trauen lassen.

Nach einer wilden Nacht in der Andrew mich entjungfert hat, bin ich am nächsten Tag mit einem schmerzenden Hintern und einem Ring aus Plastik an meinem Finger wach. Wir haben bis dahin keinen Sex miteinander gehabt und eigentlich war mir danach die Lust daran vergangen. Lautlos habe ich geweint und mich im Badezimmer eingeschlossen, um meine geschundene Rückseite in einem kalten Bad zu kühlen.

Seit diesem Tag hat Andrew sich verändert. Er wurde grob und gemein zu mir und diese Veränderung kam nicht schleichend, sie war mit einem Mal plötzlich da. Trotzdem habe ich ihn geliebt und habe alles versucht, um ihn glücklich zu machen, denn seine Wutanfälle wollte ich um jeden Preis vermeiden.

Ich denke an die schönen Momente in unserem Leben und bevor ich weiß, was los ist, beginne ich zu weinen und ihn zu vermissen. In guten, wie in schlechten Zeiten haben wir uns versprochen und was mache ich? Ich renne weg in schlechten Zeiten ohne mit ihm zu reden. Er muss sich schreckliche Sorgen machen und mittlerweile bin ich sicher, dass ihm sein Verhalten leid tut. Entschlossen setze ich mich auf und beschließe, weder weiter seine Geduld zu strapazieren, noch weiterhin Magnus Gastfreundschaft auszunutzen. Das mit uns stempel ich als einen Ausrutscher ab und will nicht weiter darüber nachdenken. Die Gefühle für Magnus schließe ich weit hinten in meinem Herzen ein.

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