Memories

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Je mehr ich rede, desto schwerer fällt es mir. Der Jury und auch meiner Familie werden meine Verletzungen per Fotos gezeigt, mein Arzt erzählt davon, wie knapp ich mit dem Leben davon gekommen bin und immer wieder klammere ich mich mit meinen Blicken an Magnus fest, der mehr als einmal Tränen in den Augen hat aber das ist besser, als in die geschockten Gesichter meiner Familie zu sehen.

Bisher wusste nur Jace, wie schwer ich verletzt war und meine Mutter weint unaufhörlich.
Die Erinnerungen an diesen Abend drohen mich aufzufressen und immer wieder und wieder muss ich alles erzählen. Ich bin erschöpft und will mich nur noch in Magnus' Arme flüchten.

"Wie Sie sehen, ist der Angeklagte mit äußerster Brutalität vorgegangen und laut den Dingen, die er dabei geäußert hat, wusste er sehr genau, was er da macht." schließt Ragnor die Befragung und mir wird schlecht, denn das bedeuten, dass ich nun den Fragen von Victor Aldertree ausgeliefert bin, der mich mustert.
"Ihr Zeuge, Aldertree." knurrt Ragnor in seine Richtung aber Andrews Anwalt lässt sich nicht beeindrucken und kommt auf mich zu.

"Darf ich Sie ebenfalls Alec nennen?" fragt er als erstes und ich nicke. "Bitte antworten Sie laut und deutlich." weist Richterin McKenzie mich an. "Natürlich, Entschuldigung. Sie dürfen mich Alec nennen." sage ich laut und Aldertree nickt zufrieden.

"Alec, Sie haben angegeben, mein Mandant ist grundlos auf Sie losgegangen. Ist das richtig?" Ich zucke mit den Schultern aber Ragnor springt schon auf. "Einspruch. Das hat mein Mandant nie behauptet." ruft er und die Richterin nickt. "Stattgegeben. Halten Sie sich an die Tatsachen, Mr. Aldertree." sagt sie bestimmt und dieser nickt. "Das mache ich. Dann formuliere ich es anders. Alec, Sie haben ausgesagt, Mr. Underhill ist auf Sie losgegangen, weil er unter Ihrer Matratze Unterlagen von Wohnungsanzeigen und Scheidungsanwälten gefunden hat. Ist das so korrekt?" Unsicher nicke ich, erinnere mich aber an die Ermahnung der Richterin und schiebe ein "Ja." hinterher.

"Haben Sie nicht vergessen, zu erwähnen, dass er im wahrsten Sinne des Wortes Rot gesehen hat, wegen Ihrer Affaire mit Ihrem gemeinsamen Therapeuten Magnus Bane?" Wieder springt Ragnor auf. "Einspruch. Dafür gibt es keinerlei Beweise." McKenzie scheint einen Moment nachzudenken.

"Stattgegeben. Stützen Sie Ihre Verteidigung auf Spekulationen, Aldertree?" fragt sie und der Anwalt grinst. "Nein, eher auf Wahrheiten. Hat der Kläger nicht selbst gesagt, er habe einige Tage bei Mr. Bane gewohnt?" Er sieht mich an. "Das stimmt aber wir hatten keine Affaire miteinander." antworte ich wahrheitsgemäß. "Ist es aber nicht so, dass Sie sich jetzt mit Mr.Bane in einer Beziehung befinden?" macht er weiter und ich sehe, wie Ragnor die Stirn runzelt. "Magnus und ich leben zusammen, das ist richtig." antworte ich fest und ich höre ein Raunen in der Jury.

"Was für ein wahnsinniger Zufall, finden Sie nicht? Sie sind ausgerechnet mit dem Mann zusammen, der Sie beide vorher als Paar therapiert hat, dessen Shirt Sie trugen, als Sie zu Ihrem Mann zurück gekehrt sind und der meinen Mandanten angezeigt hat?"

Ich schnappe nach Luft und will gerade antworten, als Aldertree sich der Jury zuwendet. "Meine Damen und Herren, das hier scheint ein Fall von häuslicher Gewalt zu sein, in Wahrheit ist es allerdings eine Verschwörung. Mr. Alexander Underhill und Mr. Bane haben sich das sehr fein ausgedacht, damit niemand ihrer Affaire auf die Schliche kommt und die Berufsehre von Mr. Bane nicht in Frage gestellt wird."

"Einspruch." schreit Ragnor aufgebracht und ich beginne zu zittern. "Stattgegeben. Aldertree, reissen Sie sich zusammen in meinem Gericht. Dafür haben Sie keinerlei Beweise." ruft die Richterin und Aldertree grinst. "Noch nicht." sagt er und setzt sich wieder. "Ich bin fertig mit dem Zeugen."
Fassungslos sehe ich zu Andrew, der die Arme verschränkt hat und widerlich grinst.

Vor dem Gerichtsgebäude setze ich mich auf die oberste Stufe und vergrabe mein Gesicht in den Händen. "So sollte das alles nicht laufen." murmel ich. "Alec, mach dir keinen Kopf. Damit kommt Aldertree nie und nimmer durch." Ich hebe den Kopf. "Aber die Jury hat trotzdem gehört, was er gesagt hat und was er vermutet. Das kannst du nicht mehr aus deren Köpfen streichen, Ragnor. Sie werden es nicht vergessen."

Er nickt aber ich kann ihm nicht mehr zuhören, denn meine Mutter kommt auf mich zu. "Alec, mein Junge. Warum hast du denn nichts gesagt?" fragt sie und im nächsten Moment liegt sie weinend in meinen Armen und nun kommen auch mein Vater und meine Geschwister dazu und alle reden durcheinander.

"Wo ist Magnus?" frage ich und sehe mich um. "Glaube, er ist schon zum Auto gegangen." erwidert Jace und ich werde hektisch. "Ich muss los. Danke das ihr alle da gewesen seid. Das bedeutet mir viel. Bis morgen dann." Meine Schwester hebt die Hand. "Morgen kann ich leider nicht, tut mir leid. Ich hab ein Casting." Ich umarme sie. "Ich freu mich für dich und drücke die Daumen. Ruf mich an." sage ich und sie nickt. "Lass dich nicht fertig machen von ihm hörst du?" Ich schüttel leicht den Kopf. "Niemals, Izzy." Dann umarme ich den Rest meiner Familie und verabschiede mich von Ragnor, um dann zum Auto zu eilen.

Magnus sitzt drinnen und sein Kopf liegt auf dem Lenkrad. Unsicher schnalle ich mich an. "Wir können los. Ich musste noch kurz mit meiner Familie reden. Ragnor meint, ich soll mir keine Sorgen machen, weil Aldertrees Verteidung nicht zu halten ist. Magnus?"
Langsam hebt er den Kopf und erschrocken stelle ich fest, dass er geweint hat.

"Was ist los?" frage ich und er starrt mich an.
"Ist dir bewusst, dass mich das meinen Job kosten kann, Alexander?" fragt er tonlos und ich beisse mir auf die Unterlippe. "So weit wird es nicht kommen. Wir hatten ja keine Affaire miteinander." sage ich leise.

"Aber ich wollte dich. Von dem Moment an, wo du in der Praxis deine Wunschliste vorgelesen hast, wollte ich dich verdammt. Und es war mehr als unprofessionell, dir meine Adresse zu geben und dich nicht nur in mein Haus sondern auch in mein Bett zu lassen. Das du dich an mir gerieben hast und wir beide gekommen sind, macht die Sache nicht wirklich besser." brüllt er plötzlich los und ich ohne es zu wollen, beginne ich an zu zittern und zucke zurück, als Magnus seine Hand hebt.

Good adviceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt