Panic

1.7K 215 51
                                    

Ich zittere am ganzen Körper, während Magnus mich mit weit aufgerissenen Augen anstarrt. "Dachtest du gerade, ich will dich schlagen?" flüstert er und senkt langsam wieder seine Hand. "Alexander, gib mir eine Antwort. Dachtest du, ich will dich schlagen?" bohrt er nach und ich zucke mit den Schultern.

"Eigentlich nein aber es war ein Reflex." sage ich leise und sehe, wie verletzt er ist. "Ich würde niemals die Hand gegen dich erheben." murmelt er und lehnt sich zurück. Niemand spricht mehr ein Wort und nach einer Weile startet er den Motor und fährt uns nach Hause.

Angekommen, macht er uns einen Kaffee und setzt sich mit Abstand neben mich auf das Sofa. "Es tut mir leid." platze ich heraus und er  runzelt die Stirn. "Wofür entschuldigst du dich? fragt er und ich sehe auf meine Hände.
"Dafür, dass ich dich in Schwierigkeiten gebracht habe, das wegen mir dein Job auf dem Spiel steht. Dafür das ich im Auto so reagiert habe." sage ich und er stellt seine Tasse auf den Tisch.

"Eines nach dem anderen. Das ich so reagiert habe eben, tut mir ebenso leid. Ich habe mich über mich selbst geärgert, dass ich nicht standhaft bleiben konnte in deiner Nähe aber das ist doch nicht deine Schuld." sagt er ruhig und endlich sehe ich ihn an. "Und das du so reagiert hast im Auto ist ganz normal. Dein Körper will dich vor erneuten Angriffen schützen und nach all der Aufregung heute, kann man es weder deinem Körper, noch deiner Seele verübeln, dass sie dich beschützen wollen." spricht er weiter. "Das heißt, du bist gar nicht böse auf mich?" flüster ich und er schüttelt den Kopf.

"Nein, war ich nie. Ich bin eher stolz auf dich, wie unglaublich gut du dich da heute geschlagen hast. Andere wären zusammengebrochen und du hast die Zähne zusammen gebissen und Rede und Antwort gestanden. Du hast meinen vollen Respekt."

Erleichtert atme ich auf. "Es war schwer. Weißt du, was ich mir die ganze Zeit gewünscht habe?" frage ich. "Deinen Mann umzubringen?" sagt er scherzhaft und ich schüttel den Kopf. "Ich hab mir so sehr gewünscht, dass du mich in den Arm nimmst und mir sagst, das alles wieder gut wird." sage ich leise und meine Stimme bricht.

Magnus rutscht näher, stellt meine Tasse ebenfalls weg und nimmt mich dann in seine schützenden Arme, während aus mir alles herausbricht und ich weine. Er wiegt mich hin und her, verteilt kleine Küsse auf meinem Kopf und flüstert immer wieder die gleichen Worte. "Alles wird wieder gut."

Wir haben darauf verzichtet in ein Restaurant zu gehen, haben stattdessen Pizza bestellt und uns in eine Wolldecke gewickelt auf dem Sofa zusammengekuschelt. "Wir lassen uns nicht klein kriegen, hörst du?" fragt er irgendwann und ich nicke. "Morgen ist Andrew im Zeugenstand und dann ist es vorbei. Die Jury ist nicht dumm und sie werden hoffentlich die richtige Entscheidung treffen." stimme ich ihm zu und er nickt.

Der nächste Tag zerrt noch mehr an meinen Nerven, denn es ist schwer Andrews Lügen mitanzuhören, ohne etwas dazu sagen zu dürfen. Immer wieder betont er, wie sehr er mich liebt und das er vorhat eine Therapie zu machen, um unsere Ehe zu retten. Das er nur so ausgerastet ist, weil er so verletzt war, als er an diesem Abend die Webseite von Magnus gesehen hat und das er sich nicht mal mehr daran erinnert, mich so heftig geschlagen zu haben. Er weint permanent und sucht immer wieder den Blickkontakt zu der Jury.

Innerlich tobe ich über sein Verhalten und ich bin froh, dass Ragnor ihn auseinander nimmt im Zeugenstand. Andrew verwickelt sich immer mehr in Widersprüche und Magnus lächelt mir beruhigend zu.

Als Andrew entlassen ist, rechne ich damit, dass die Jury sich nun zurück zieht und sich berät und das diese Farce bald ein Ende hat und er ins Gefängnis muss. Aldertree steht auf und wendet sich an die Richterin. "Die Verteidigung ruft ihren nächsten Zeugen auf. Magnus Bane bitte."

Ich springe auf aber Ragnor hält mich am Arm zurück. "Was soll denn das?" zische ich ihm zu und er zuckt mit den Schultern. "Wenn Aldertree Magnus als Zeugen angegeben hat, kann ich nichts machen." murmelt er und ich sehe hilflos dabei zu, wie mein Freund langsam aufsteht und im Zeugenstand Platz nimmt.

"Schwören Sie, nichts als die Wahrheit zu sagen, so wahr Ihnen Gott helfe?" fragt der Gerichtsdiener und Magnus räuspert sich. "Ich schwöre." erwidert er. "Nennen Sie uns bitte Ihren Namen, Ihren Beruf und Ihren Familienstand. " fordert Aldertree.

"Ich heiße Magnus Bane und bin Psychotherapeut." antwortet der Mann, den ich liebe. "Ich bin unverheiratet aber in einer Beziehung." schiebt er hinterher. "Mit wem?" fragt Andrews Anwalt. "Einspruch. Das ist vollkommen irrelevant." ruft Ragnor und Aldertree wendet sich an McKenzie. "Doch ist es." wendet er ein und die Richterin nickt.

"Abgelehnt." sagt sie und Aldertree sieht Magnus auffordernd an. "Mit Alexander Underhill." gibt er zu. "Mit dem Kläger." stellt Aldertree fest. "Waren Sie es nicht auch, der meinen Mandanten angezeigt hat?" fragt er und mein Freund nickt. "Das ist korrekt. Das Krankenhaus hat meine Visitenkarte in Alecs Geldbeutel gefunden und mich informiert."

"Ist es nicht ziemlich ungewöhnlich, einem Patienten die Privatadresse zu geben?" macht Aldertree weiter aber Magnus lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. "Ist es aber zu dem Zeitpunkt war mir bewusst, dass etwas passieren würde, weil Mr. Underhill ein großes Gewaltpotential hat und ich das als sein Therapeut erkannt habe. Er hat seinen Mann nicht mal seine eigene Meinung zugestanden und es war schwer ihn zur Einsicht zu bringen."

Aldertree grinst. "Sie sind also Wahrsager." sagt er und wieder will Ragnor sich erheben, als die Richterin ihren Hammer fallen lässt. "Hören Sie auf damit sonst beende ich das hier sofort." motzt sie und Aldertree nickt. "Entschuldigung." murmelt er. "Anders gefragt. Wie konnten Sie wissen, dass Mr. Underhill den Kläger schlagen wird?" fragt er und Magnus seufzt. "Das sagte ich bereits. Ihr Mandant hat ein hohes Gewaltpotential und ich hätte meinen Job verfehlt, wenn ich das nicht erkannt hätte." Die Jury lacht leise und Aldertree sieht ärgerlich aus. "Verstehe. Dann erklären Sie uns doch, wie es dazu kam, dass der Kläger bei Ihnen Zuflucht gesucht hat."

Good adviceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt