Pain

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Auf dem Rückweg plappert Andrew in einer Tour, während ich schweige. Das alles setzt mir sehr zu und an mir nagt außerdem die Eifersucht. Magnus und Will. Will und Magnus. Andauernd geht mir das durch den Kopf und ich begreife, dass er mir mehr bedeutet, als ich bisher geahnt habe.

"Du bist so still." stellt Andrew fest und sieht mich von der Seite an. "Ich hab nur nachgedacht." antworte ich und er nickt. Er fragt nicht nach aber das ist mir mehr als recht. Was soll ich auch sagen? Das meine Gedanken sich überschlagen, ich nicht mehr weiß, was ich machen soll und das ich befürchte, Gefühle für unseren Therapeuten zu haben? Das würde wohl eher nicht sehr gut bei meinem Mann ankommen.

"Du Alec, ich muss heute Abend nochmal zu Raj. Warte nicht auf mich, es kann spät werden." sagt er gerade und hat schon wieder sein Handy in der Hand. "Mit wem schreibst du denn da pausenlos?" frage ich und er zuckt zusammen und hält das Handy weg von mir, als ich einen Blick darauf werfen will. Mich überkommt ein merkwürdiges Gefühl aber bevor ich nachhaken kann, plappert er fröhlich weiter vor sich hin.

Zu Hause angekommen, geht Andrew duschen und zieht sich um, bevor er mir einen flüchtigen Kuss auf die Wange haucht und auch schon verschwunden ist. Eigentlich ist es mir ganz recht, dass er geht, denn so kann ich in Ruhe nachdenken.
Immer wieder gehe ich 'was wäre wenn' Fragen durch und nach einer Stunden intensiven Grübeln ist mir eines klar geworden. Ich will das hier nicht mehr und Magnus hat Recht. Es wird wieder passieren und unsere Ehe ist kaputt. Das ist sie schon lange.

Ich hole meinen Laptop und mache mich erneut auf die Suche nach einer eigenen Wohnung. Wieder mache ich mir Notizen und verschicke Emails mit Anfragen zu einer Besichtigung. Andrew hat keine Ahnung, dass ich eine Menge Geld zur Seite gelegt habe. Es existiert ein Konto, von dem er nichts weiß, das selbe Konto von dem aus ich manchmal Geld an meine Geschwister überweise. Es war, als hätte ich es lange geahnt.
Dann gehe ich die Jobbörse durch und finde tatsächlich eine recht interessante Ausschreibung. Eine Zeitung sucht einen Redakteur und kurzerhand schicke ich meine Bewerbung los. Mit mir selbst zufrieden, lehne ich mich zurück und beschließe, es Andrew nicht sofort zu sagen, erst will ich auf der sicheren Seite sein.

Wieder verstecke ich alle Unterlagen unter der Matratze im Gästezimmer, aus Angst, Andrew findet etwas und lässt mich durch die Hölle gehen. Ich liebe ihn einfach nicht mehr und mir wird bewusst, dass ich das schon lange nicht mehr tue. Mit dieser Erkenntnis verlasse ich da Haus und gehe kurzentschlossen zu Magnus. Ich will es ihm sagen und ich hoffe, er hört mich an. Es ist schon dunkel aber im Haus ist alles hellbeleuchtet und bevor ich klingel, werfe ich einen Blick durch das Fenster.

Was ich sehe, lässt meinen Magen schmerzhaft zusammen ziehen. Magnus steht mit einem mir Unbekannten im Wohnzimmer und der Fremde hat eine Hand auf seinem Arm. Magnus sieht nicht sehr glücklich aus und es scheint, als würden die beiden über etwas diskutieren, denn Magnus schüttelt andauernd den Kopf, während der andere wütend aussieht und auf die Koffer zeigt, die mitten im Raum stehen.

Ich ziehe mich zurück, ohne zu klingeln. Magnus scheint jemand anderen gefunden zu haben und das will ich ihm auf keinen Fall kaputt machen. Er hat es verdient glücklich zu sein, auch wenn er gerade nicht so wirkte. Langsam laufe ich durch die Straßen und wundere mich über mich selbst, als ich mich vor Magnus' Praxis wieder finde. Seufzend sehe ich am Gebäude hoch und dann zu der Bar, in der ich neulich war.

Ich gehe hinein und im Gegensatz zum letzten Mal, ist heute wesentlich mehr los. Die Bar ist voll und ich schiebe mich bis zur Theke durch. "Alec." werde ich begrüßt und ich wundere mich, dass sie sich noch an meinen Namen erinnert. "Hi. Leider hab ich nicht so ein gutes Gedächtnis wie du." sage ich kleinlaut und sie lacht. "Cat. Mein Name ist Cat. Was kann ich dir bringen?" Ich lächel sie an. "Dieses Mal nur ein Wasser, bitte." Sie nickt und schiebt mir kurz darauf das Glas vor die Nase. "Probleme gelöst oder warum keinen Whiskey?" fragt sie und ich seufze.

"Gar nichts gelöst aber ich habe eine Entscheidung getroffen." Sie gießt einige Shots ein und stellt sie auf ein Tablett, hört mir aber aufmerksam dabei zu. "Verrätst du mir welche?" Ich nicke. "Ja. Ich verlasse meinen Mann und bin schon auf der Suche nach einer Wohnung, einem Job und einem guten Anwalt."
Sie beugt sich zu mir. "Zufällig kenne ich da einen. Mein Mann Ragnor ist Anwalt. Ein Wort von dir und ich bringe euch beide zusammen."

Ich denke kurz nach. "Gib mir was zum Schreiben. Gib ihm meine Nummer und frag ihn bitte, ob er mir helfen kann. Je schneller, desto besser." Sie nickt und schiebt mir einen Bierdeckel und einen Stift zu und ich notiere meine Handynummer. "Danke." murmel ich und sie lächelt. "Und der hübsche Therapeut?" fragt sie dann und wieder zieht sich mein Magen zusammen. "Bei dem hab ich so richtig verkackt. Ich mag ihn so sehr aber ich hatte nicht den Mut, dazu zu stehen. Ich wollte meine Ehe retten aber das hat keinen Sinn. Die Liebe ist schon lange weg."

Sie runzelt die Stirn. "Und warum sagst du nicht genau das deinem Therapeuten?" fragt sie weiter und ich seufze. "Es ist zu spät. Er hat jemand anderen und fliegt morgen mit ihm auf die Malediven. Vielleicht ist es auch besser, ich bleibe erstmal alleine." Sie greift nach meiner Hand und sieht mir fest in die Augen. "Alec, manchmal lohnt sich das kämpfen um jemanden und manchmal muss man auch hinter die Fassade sehen."

Auf dem Weg nach Hause denke ich über ihre Worte nach und komme zu dem Schluß, dass sie Recht hat. Sobald Magnus wieder da ist, versuche ich nochmal mit ihm zu reden und es zu klären. Ich werde ihm sagen, wie wohl ich mich bei ihm fühle und werde ihn fragen, ob er vielleicht eines Tages mal mit mir ausgeht, sollte es mit ihm und Will nicht funktionieren.

Schon fast euphorisch betrete ich mein Zuhause und lausche. Andrew scheint noch nicht da zu sein und ich gehe ins Gästezimmer. Als ich das Licht einschalte, fahre ich zusammen. Andrew sitzt auf dem Bett und starrt mich an. In seiner Hand hält er die Ausdrucke, die ich unter der Matratze versteckt habe. "Hallo Alec."

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