Kapitel 4

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„Niall!", schrien sie beide gleichzeitig und stürzten sich mit mir zusammen wieder zu ihm hin.

„Was ist mit ihm passiert?", fragte Liam, eher zu sich selbst, als zu uns und strich ihm durch seine blonden Haare.

„Ihr habt Wasser gefunden?", fragte ich die beiden, nachdem wir still darauf warten, dass Niall wieder zu sich kam. Louis nickte wie ein Irrer.

„Wir haben Wasser gefunden. Zwar keine Ahnung, ob es sauber ist, aber es sieht jedenfalls so aus.", sagte er, nachdem ich die Flasche skeptisch beobachte, die er mir entgegen hielt. Glücklicherweise hatte Louis ebenfalls eine Flasche gefunden und somit hatten wir nun zwei Flaschen. Kurz nahm ich einen Schluck und musste feststellen, dass es sehr erfrischend war.

Nachdem ich noch ein paar Schlucke genommen hatte, nahm ich das Wasser und schüttelte gut die Hälfte des Inhalts über Nialls Kopf und Bauch. Seine Haut war förmlich verbrannt und ausgetrocknet, und von seinen Wunden wollen wir gar nicht erst anfangen zu sprechen. Langsam wachte Niall wieder auf und zum Vorschein kamen blaue, gerötete Augen, in denen sich wieder diese Angst und Verzweiflung spiegelte.

„Hey. Hey, Niall, wir sind es.", beruhigte Louis ihn leise und strich behutsam über seinen Arm.

Erst als Niall realisierte, dass Liam und Louis neben ihn saßen, entspannte er sich ein bisschen. Liam half ihm beim Aufsitzen. Schnell gab ich ihm einer der Wasserflaschen und er gab sie Niall. Kritisch betrachte ich seinen Rücken, die mit vielen Kratzern überseht waren. Als ich das Shirt von Liam entdeckte, kam mir eine Idee. Ich zerknüllte das Shirt und tröpfelte ein bisschen Wasser darauf.

„Das ... das könnte jetzt weh tun.", sagte ich noch schnell zu Niall, bevor ich langsam den Dreck abtupfte.

Ich merkte, wie Nialls Körper sich anspannte und er leise wimmerte. Langsam begann ich über seinen Rücken zu tupfen und bereute es, nachdem langsam der Dreck von seinem Rücken verschwunden war und man erst das Richtige Maß der Verletzungen sehen konnte. Schwer atmend wich ich zurück als ich fertig war, woraufhin Liam mir einen fragenden Blick zu warf. Ich zeigte jedoch nur auf seinen Rücken und Liam ließ langsam die Hand von Niall los und gesellte sich zu mir. Liam riss seine Augen auf und zog ebenfalls scharf die Luft ein.

„Wir können auf keine Fall, nochmal so viel Dreck in die Wunden lassen.", sagte ich zu Louis, als wir gerade dabei waren, neues Wasser zu holen. Wir hatten ihn mit Liam alleine gelassen, nachdem er in seinen Armen eingeschlafen war.

„Auf jeden Fall. Mich interessiert jedoch, woher er diese ganzen Wunden hat.", sagte er grübelnd und ich zuckte nur mit den Schultern. Doch dann riss ich meine Augen auf.

„Louis! Was ... was ist, wenn hier Tiere leben?", sagte ich und duckte mich automatisch. Louis lachte nur und zog mich an meinem Arm weiter.

„Ich denke, wenn hier gefährliche Tiere leben würden, wären wir schon alle längst tot.", sagte er auf die leichte Schulter und ich sah ihn nur schockiert an. Er kicherte nur vor sich hin und lief weiter.

„Schau, da ist die Quelle.", sagte er begeistert nach einigen Minuten und ich schaute in Richtung Quelle.

Ein kleiner Fluss der mitten hindurch führte, durch den Dschungel. Außen herum wieder viele Palmen und auch Gebüsche mit verschiedenen Blumen, in verschiedenen Farben. Langsam ging ich zu Louis und kniete mich neben ihn. Er füllte die Wasserflasche gerade wieder neu auf und ich stecke vorsichtig meine Hand in das klare Wasser.

Das Wasser war eher kühl, was es gerade umso genießerisch machte. Ich nahm zwei Hände voll Wasser und spritze mir damit ins Gesicht. Das tat gut. Nachdem ich ein paar Mal über dreckige Stellen meines Körpers gegangen war, musste ich feststellen, dass ich den Absturz mit ein paar kleinen Kratzern und einer riesigen Beule am Kopf gut überlebt hatte.

Wieder nahm ich eine Hand voll, nur diesmal kehrte das Wasser nicht in mein Gesicht, sondern in das des Braunhaarigen neben mir, der wie ein Mädchen auf quiekte. Gerade noch kaputt lachend, fühlte ich auf einmal, wie mich zwei Hände von hinten in den kleinen Bach rein schubsten. Prustend kam ich wieder auf und suchte Louis, der sich am Rand prächtig über mich amüsierte.

„Das war total unfair!", sagte ich beleidigt und Louis kicherte weiter.

„Dann hilf mir wenigstens raus.", bat ich Louis und sah ihn bittend an. Erst sah Louis skeptisch meine Hand an und für ein paar Sekunden dachte ich wirklich, er würde es mir nicht glauben. Gerade wo ich schon wieder meine Hand sinken lassen wollte, nahm er sie und dann kam natürlich der Klassiker. Mit einem Ruck war er ebenfalls drinnen. Lachend schwamm ich schnell an die Seite und zog mich hoch. Louis kam genau wie ich, prustend auf.

„Das war total unfair!", äffte er mich nach und streckte mir die Zunge hinaus. Kichernd lege ich mich in die schon fast untergehende Sonne, und Louis setzt sich dazu. Eine angenehme Stille herrschte, während wir der Sonne zusahen.

„Ich vermisse sie. Harry und Zayn.", nuschelte Louis auf einmal und ich sah ihn verwirrt an, bis mir klar wurde, wovon er sprach.

„Wir werden sie finden. Genauso wie wir Avery finden werden.", sagte ich leise zurück und lächelte Louis leicht an.

Er erwiderte es und stand auf, um mir ebenfalls auf zu helfen. Schweigend machten wir uns auf den Rückweg, und als wir bei Niall und Liam ankamen, war es schon dunkel, jedoch noch immer sehr warm.
Kurz musste ich kichern, weil Liam und Niall total putzig aussahen. Liam lag schnarchend auf dem Rücken, mit dem Kopf zur Seite und Niall hatte sich wie ein kleines Kind an ihm festgenagelt.

Louis legte sich ebenfalls neben sie, wobei er neben sich klopfte. Schnell nahm ich meinen Platz neben ihn ein und legte mich auf die Seite, so dass ich ihn anschauen konnte.

„Schlaf, Hope. Wir wollen morgen wahrscheinlich weiter gehen.", sagte er leise und schaute mich durch seine Augen an. Ich nickte und schloss langsam meine Augen.

„Gute Nacht.", sagte ich noch, bevor ich irgendwann in den Schlaf fiel.

„Hey!", sagte auf einmal eine Stimme und ich schlug keuchend meine Augen auf. Zum Vorschein kam der dunkle Dschungel.
Zur Seite blickend sah ich Niall, der mich schockiert musterte.

Es war ein Traum. Einfach nur ein Albtraum. Zitternd atmete ich auf und fasste mir an mein rasendes Herz. Langsam und verwirrt setze ich mich auf um auf Augenhöhe mit Niall zu sein.

„Hi.", sagte ich und versuchte irgendwie halbwegs ein Lächeln hinzukriegen.
Niall erwiderte das Lächeln, jedoch leicht quälend. Oh Gott. Sah ich etwa so schlimm aus?

„Warum bist du wach?", fragte ich ihn und seine Augen blitzen auf. Das Blau stand ihm hervorragend.

„Du ... du hast geschrien.", sagte er, diesmal mit einem leichteren irischen Akzent, als bei unserer letzten beziehungsweise ersten Begegnung.

„Tut mir Leid, Niall.", sagte ich, doch er schüttelte nur den Kopf. Verwirrt hob ich eine Augenbraue an.

„Du hast einen Namen immer wieder gewimmert. Avery, nicht?", fragte er mich und ich zuckte ratlos mit meinen Schultern.
Es konnte gut möglich sein. Ein Funkeln blitze daraufhin in seinen Augen auf.

„Warum?", fragte ich langsam weiter und auf einmal holte er etwas Funkelndes aus seinen zerrissenen Shorts hervor.

„Als ich aufgewacht bin, nach dem Absturz, habe ich das neben mir gefunden.", sagte er schüchtern und gab mir den Gegenstand. Als ich ihn Richtung und Mondschein hielt, kamen mir die Tränen. Das war mein Freundschaftsband. Für Avery. Und sie hatte es getragen.

Unverhofft kommt oftWo Geschichten leben. Entdecke jetzt