Kapitel 42

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„Da seid ihr ja endlich!", flötete Hope erleichtert.

Kurz zögerte ich, doch dann folgte ich still und heimlich Hope hinterher. Ich blieb jedoch wieder im Türrahmen stehen, um mir ein Bild machen zu können. Niall legte seinen Arm um Hope und drückte ihr einen Kuss auf ihre Wange.
Kurz wurden seine Augen groß, als er mich ebenfalls im Eingangsbereich stehen sah, sagen tat er jedoch nichts.

Stattdessen warf er seinen Blick wieder auf Harry, der Hope gerade umarmte und somit mit dem Rücken zu mir gedreht war. Ich merkte, wie ich nervös wurde. Ich runzelte meine Stirn.
Verdammt, warum wurde ich denn bitte nervös? Es war nur Harry.

Harry Styles, berühmter Sänger der weltweit bekannten Boy-Band One Direction, (unnötige Nebenbemerkung: von der Band, von der ich auch noch ein Fan eigentlich war ... oder bin?) abgestürzt im gleichen Flugzeug wie ich, hatte mich geküsst und ich hatte ihn auf die schmerzvollste Art und Weise weggestoßen, wie es nur einem Menschen möglich war.

Jap, alles war ganz normal, Avery. Super normal. Es war ja nur ... Harry.

Seine Haare, die damals relativ lang waren, hatte er abgeschnitten, so dass seine Locken etwa in alle Richtungen standen.
Er trug eine schwarze Skinny Jeans, ein rotes-schwarzes Karo-Hemd sowie braune Boots. Kurz und knapp: der typische Harry Styles-Look. Als One Direction-Fan war mir das sofort klar.

Und dann drehte er sich einfach zu mir um und starrte mich an, ohne dabei jegliche Reaktion zu zeigen.
Ohne, dass ich es bemerkt hatte, atmete ich wieder langsam aus, da ich die Luft angehalten hatte.

Nialls Augen weiteten sich und Hope warf mir einen nervösen Blick zu, dem ich jedoch aktuell keinerlei Beachtung schenken konnte. Denn die Augen, die mich da anblickten, waren die, die mich fast jede Nacht besuchten.

Davon wusste niemand. Weder meine Therapeutin Alana, die seit meinem Vorfall mit Josh und Jill ziemlich alles wusste, noch Hope, noch sonst wer. Ich wusste ja nicht mal selbst, warum diese Augen jede Nacht auftauchten.
Es waren aber eindeutig seine Augen.

Harry ging mit großen Schritten, sowie einer ausdruckslosen Miene auf mich zu und blieb direkt vor mir stehen. Ich spürte augenblicklich seine Körperwärme, die von ihm ausging. Ich konnte ihn riechen, quasi einatmen, und konnte eine leichte Note von Vanille aufnehmen. Und spürte dann, dass ich augenblicklich eine Gänsehaut bekam.
Meine Finger hatten auf einmal das dringende Bedürfnis irgendwas an Harry zu berühren. Zögerlich schluckte ich.
Was war nur los mit mir? Waren das seltsame Nebenwirkungen von dem Koma?

Mein Körper spielte gerade vollkommen verrückt und vor allen Dingen gegen mich. Überfordert legte ich meine Hände hinter meinen Rücken. Vorsichtig schaute ich dann zu Harry auf, der viel größer war, als ich es in Erinnerung hatte.

Und konnte in zwei eiskalte, grüne Augen blicken.
Mir stockte der Atem. Diesen Blick hatte ich so definitiv nicht in Erinnerung. Damals im Krankenhaus und in meinen Träumen hatten diese Augen irgendetwas ausgestrahlt, dieses Intensive, was ich nicht mehr vergessen konnte – das war nun das komplette Gegenteil.
Bevor ich mir weiter Gedanken darüber machen, auf der Stelle ein Krankenhaus aufzusuchen, dass dafür sorgte, dass ich meinen Körper wieder unter Kontrolle hatte oder zu grübeln, weshalb ich von Harrys Augen träumte, unterbrach mich der Eigentümer dieses Augenpaares barsch dabei.
„Könntest du mir aus dem Weg gehen? Du stehst im Weg.", brummte er genervt auf und sah mich weiterhin ausdruckslos an.

Verwirrt blinzelte ich ihn an. Ich meine, ich hatte irgendwie zumindest mit einem Hallo oder Ähnlichem gerechnet.
Aber nicht mit so was. Und normalerweise hätte ich ihm vermutlich irgendetwas wegen diesen harschen Worten an seinen Kopf geschleudert. Aber er verunsicherte mich so sehr, dass ich zu nichts in der Lage war.

Bis er seufzend einen Schritt auf mich zuging, um sich selbst seinen Weg zu erarbeiten.

„Natürlich.", murmelte ich hektisch und ging automatisch ein paar Schritte rückwärts – und beachtete dabei nicht die große Pflanze, die direkt neben der Tür stand. Bevor ich auch nur verstand, wogegen ich gerade gelaufen war, fiel die gesamte Pflanze zu Boden, inklusive mir hinterher. Der Topf zerbrach in viele Scherben und die gesamte Erde legte sich über den kompletten Boden.

„Oh man.", murmelte ich und versuchte vergebens an irgendetwas Halt zu finden, als ich direkt nach hinten stolperte.

Als ein Quietschen meine Lippen verließ, reagierte Harry blitzschnell und fasste mit seinen Händen nach meiner Taille. In dem Moment, als er mich berührte, fuhr ein seltsames Gefühl durch mich hindurch. Keuchend sah ich an.

Es war zum einen wie immer: ich wünschte, er würde auf der Stelle seine Hände von mir lassen.
Und dann war doch noch etwas anderes. Das spürte ich weder bei Hope noch bei meinen Eltern noch bei sonst wem.

Vorsichtig stellte er mich wieder vor sich hin und sah mich an. Was auch immer für eine Kälte vorhin auf seinen Augen lag, sie war verschwunden. Das Grün leuchtete nun auf und Harrys ausdruckslose Miene hatte sich in ein besorgtes Gesicht verwandelt. „Geht es dir gut?", flüsterte er mir zu, immer noch mit seinen Händen an meinen Hüften, die meine Taille vorsichtig entlang strichen.

Völlig überfordert mit der ganzen Situation, brachte ich nur ein kurzes Nicken zustande und war ganz berauscht von seinen Händen, die meinen Körper erneut ab und auf fuhren. Dieses intensive Leuchten in seinen Augen kam nun dazu, und ich konnte nicht anders, als in seine Augen zu starren.

Diesmal war ich darauf vorbereitet und es jagte mir nicht so eine schreckliche Angst, wie beim ersten Mal ein. Es war wirklich verrückt, aber ich glaube, Harry ... er kannte mich. Es kümmerte ihn, wie es mir ging, er machte sich Sorgen um mich. Wenn ich es nicht anders wüsste, würde ich sagen, er liebte mich.
So viel Vertrautheit konnte ich hier raus lesen. Unglaublich. Und erschreckend.

Entweder deutete Harry meine Reaktion vollkommen falsch oder etwas machte „Klick" in seinem Kopf, denn er ließ mich augenblicklich los, als ob ich eine Fackel wäre und richtete sich auf. Er räusperte sich und in dem Moment stürmten die anderen Jungs in Richtung Eingangsbereich.

„Was ist denn hier passiert?", fragte Liam und sah uns fragend an. Als ich wieder zu Harry sah, war dieser bereits verschwunden und hatte sich an den Jungs vorbei geschoben, um in Richtung Wohnzimmer zu gelangen.

Hope schob sich an Niall vorbei, der in der Türe stand und alles beobachtet hatten.
„Ich glaube, ich versteh jetzt deine Sorgen.", murmelte ich ihr zu und schüttelte meinen Kopf.

Hope wollte mir eine Hand auf meine Schulter legen, doch ich wich zurück. Etwas verletzt sah mich Hope an, doch ich konnte gerade niemanden an mich heranlassen. Nicht, bis ich nicht wusste, was dieses seltsame Gefühl in mir war.
„Das ist wohl typisch Avery.", lachte Zayn unerwartet und kam an meine andere Seite.

Auch Hope konnte sich das Grinsen nicht länger unterdrücken und stimmte anschließend auf ein gemeinsames Lachen mit Zayn ein. Empört sah ich die beiden an. „Das stimmt doch überhaupt nicht.", rief ich aus und strich mir eine verirrte Haarsträhne hinters Ohr.

Zayn sah mich anklagend an. „Ich konnte nach ein paar Tagen definitiv nicht mehr an einer Hand abzählen, wie oft du irgendwo gestolpert, hängen geblieben oder allein nur gegen mich gelaufen bist.", sagte er und auch Liam und Louis fingen nun das wissend an zu grinsen. Oh-oh. „Ich glaube, ich durfte dir mindestens fünfmal aufhelfen.", lachte Louis leise und grinste mich an.

Anscheinend wussten die beiden, wovon Zayn gerade sprach. Ich wollte es zwar nicht hier zugeben – aber leider waren der Boden und ich tatsächlich oft Freunde. Öfter, als es mir lieb war. Bevor ich auch das Lachen anfing, strahlte ich Zayn dankbar an. Vorerst musste ich mir keine weiteren Gedanken über den Vorfall von gerade eben machen.

Das Kribbeln, was Harry gerade eben mit seinen Händen verursacht hatte, blieb allerdings den ganzen Abend über.

Dieser Abend verlief dann weites gehend ohne weitere Vorfälle – was mir nur mehr als recht war. Hope und ich räumten zwischen der Vorspeise und Hauptgang kurz die Unordnung meines kleinen Unfalls weg.
Sie war kurz davor zu platzen, ich sah es ihr an. Sie hatte Fragen. Ich verdeutlichte ihr jedoch nur mit einem einzigen Blick, dass ich nicht in der Lage war, jetzt mit ihr darüber zu sprechen. Und das akzeptierte sie. Und das war auch gut so.
Ich hatte nämlich selbst keinen Schimmer, was das vorhin war.

Warum ich diese Berührung vorhin zugelassen hatte? Warum mich seine Augen so in den Bann gezogen hatten?

Ich hatte mit Harry kein einziges weiteres Wort geredet. Wie auch, er hatte sich nämlich genau an die andere Tischecke von meiner gesetzt, als es zum Essen kam. Nicht, dass ich es schlimm fände. Aber ich hatte das Gefühl, dass er mir absichtlich aus dem Weg ging.
War meine Reaktion wohl damals die Falsche gewesen? Warum tat er das?

Ich erwischte mich zu oft an diesem Abend, wie mein Blick irgendwann immer wieder zu ihm hinwanderte. Und er dann irgendwann mich anblickte. Jedoch fand ich kein einziges Mal wieder diesen intensiven Blick, von dem ich nicht genug bekam. Einzig und allein ein grünes Augenpaar starrte mich jedes Mal so lange an, bis ich den Augenkontakt abbrach.

Auch als wir noch abends gemütlich auf der Couch saßen und jeder was trank, suchte hier Harry nicht das Gespräch mit mir.
Er suchte das Gespräch mit jedem, nur nicht mit mir. Schnell wurde mir das klar und ich störte mich nicht weiter daran.
Warum sollte ich auch? Stattdessen unterhielt ich mich mit jedem anderen. Und es waren sogar ziemlich gute Gespräche dabei.

Sie redeten alle viel von der Insel. Es waren nicht immer schöne Sachen. Aber so wie es mir meine Therapeutin erklärt hatte, gehörte so etwas mit zur Verarbeitung dazu. Ich fand es auch es nicht schlimm. Ganz im Gegenteil. Gebannt hörte ich ihnen zu, in der Hoffnung mich auch nur an irgendetwas zu erinnern, aber nichts kam. Nicht mal, als Harry immer wieder mal sprach.

Gegen halb eins lagen Niall und Louis schon halb schlafend auf der Couch. Liam war bereits schon kurz vorher gegangen. Und auch ich merkte, wie mir langsam die Augen immer wieder zufielen. Als Hope dann den letzten Schluck von der Weinflasche nahm, stand ich auf. „Ich denke, es ist auch Zeit für mich heim zu gehen."

„Gehen?", fragte Zayn stutzig und stand ebenfalls auf. Ich zuckte mit den Schultern und lächelte scheinheilig.

„Du hast keinen Führerschein?", fragte Niall ungläubig, der dem Anschein nach aus seinem Halbschlaf wiedererwacht war und sich nun an Hope kuschelte. Ich schüttelte den Kopf und musste ebenfalls etwas grinsen.

Tatsächlich hatte ich mich bisher stets geweigert, den Führerschein zu machen. Hope hatte ihn bereits, das reichte mir.
Außerdem lebte ich mitten in London! Ich würde definitiv keinen Führerschein benötigen.

„Aber es ist schon so spät.", murmelte Hope, als sie auf ihre Uhr am Handgelenk blickte.
Danach sah sie mich wieder an und in ihren Augen flackerte Angst auf.

„Einer von euch wird mich bestimmt begleiten, nicht? Es ist nicht so weit bis zu mir nach Hause. Und außerdem dürft ihr, Führerschein hin oder her, definitiv auch nicht mehr ans Steuer.", sagte ich und versuchte dabei möglichst den Blick von Harry zu meiden, der mich durchgehend musterte, seitdem ich aufgestanden war.

„Sicher.", nickte Zayn und auch Harry erhob sich. Und Louis blieb liegen.

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Hallo & einen schönen Abend!

An meine Goldstücke Weidenfrost und flower_direction gibt es, wie immer, ein großes Danke! :)

Ansonsten freue ich mich auf Votes & Kommentare ;)

xx T.

Unverhofft kommt oftWo Geschichten leben. Entdecke jetzt