Kapitel 21

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FYI: Ab diesem Kapitel gibt es einen kleinen Wendepunkt, in Richtung Avery! Nun viel Spaß beim Lesen! x

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Avery P.O.V.

„Denkst du, dass wir jemals gefunden werden?", murmelte er und ließ sich nach hinten in den weichen Sand fallen. Er öffnete seine smaragdgrünen Augen, die leer waren. Früher war ein Funkeln in diesen Augen gewesen, eine Lebensfreude.

Doch dieses war seit ungefähr zwei Wochen verschwunden.

„Denken. Wenn ich an etwas denke, dann, dass ich tot sein möchte.", flüsterte ich und er lachte auf, was in einem Husten endete.

„Tot, wie alle anderen?" „Genau." „Bin dabei." „Deal?"

Er streckte müde seinen abgemagerten Arm mir entgegen, um mir daraufhin seine raue Hand zu reichen. Mühselig streckte ich sie ihm entgegen. Kurz blitzten seine Augen auf, als er mich ansah. Doch dieses verschwand wieder sofort und die Dunkelheit brach in seine grüne Augen ein. „Deal."

Ich ließ mich auf ihm nieder und er beobachtete mich. Seine Brust hob sich regelmäßig auf und ab. Ich konnte die Rippen spüren und sie immer wieder nach fahren.

„Mir tut alles weh.", hauchte er irgendwann und ich sah ich an. In sein ausgehungertes Gesicht, wobei seine Wangenknochen deutlich hervorstachen und seine blutunterlaufenen Augen.

„Der Schmerz. Er wird irgendwann aufhören. Denke ich.", hauchte ich ebenfalls und verzog mein Gesicht.
Jedes Wort, das ich sprach, tat weh.
„Denken. Wenn ich an etwas denke, dann, dass ich tot sein möchte.", hauchte er und ich schaute wieder auf, als er sich plötzlich aufsetzte und mich ebenfalls mit hochzog.

„Doch an was ich denke, bevor ich tot bin, bist du. Das ich dich vorher noch einmal küsse.", flüsterte er und ich schluckte.
Langsam beugte er sich zu mir vor und nahm mit seinen großen Händen mein Gesicht in seine Hände. Als er seine Lippen auf meine legte, schloss ich meine Augen. Und genoss das Gefühl, als er anfing seine Lippen zu bewegen.

Als er mir kurz über meine Wange strich und dann von mir abließ, lächelte er.
„Danke.", hauchte er und dann schloss er seine Augen. Legte sich in den weichen Sand. Und schlief ein und wachte nicht mehr auf.


Mit einer Schnappatmung erwachte ich aus meinem völlig bescheuerten Traum auf. Mein Herz hämmerte so schnell, dass es fast schon weh tat.

„Wo ist das Feuer?" Hektisch drehte ich mich hin und her, bis ich bemerkte, dass wir uns nicht mehr im Dschungel, sondern am Strand befanden. In Sicherheit, alle unter eine Palme verstreut lagen. Ich strich mir über meine Wangen und spürte, dass sie nass waren.
Ich hatte geweint? Hustend suchte ich nach einer nächsten Wasserflasche. Was war passiert?
Mein ganzer Hals fühlte sich schlimm staubig an und allgemein fühlte ich mich hundeelend.

Kopfschüttelnd dachte ich über den Traum nach. Es waren nicht die typischen Albträume, die ich sonst hatte.
Verwirrt überlegte ich, wann ich zuletzt geweint hatte, bis ich schnell den Gedanken bei Seite schob. Ich schaute mich erneut um. Feuer. Das war mein letzter klarer Gedanke gewesen. Doch meine Augen zeigten mir den Strand an. Den ich seit dem Absturz so sehr verabscheute. Doch es sah eigentlich alles andere als nach Feuer oder Rauch aus. Nein, es war dunkel, mal wieder.

„Hey, da bist du ja wieder. Alles ist in Ordnung. Ist alles klar bei dir?", fragte mich auf einmal Harry, der sich neben mir positioniert hatte und ich drehte mich zu ihm. Seine Augen blitzten auf. Wie im Traum. Besorgt reichte er mir eine Wasseflasche.

„Ich denke schon.", sagte ich knapp angebunden, musterte ihn kurz, ob er unbeschädigt davon gekommen war und nahm zögernd die Wasserflasche entgegen.

„Du? Die anderen?", fragte ich ihn kurz. „Kopfweh. Passt schon könnte besser sein. Dem Rest geht es den Umständen entsprechend."
Du hast um dich geschlagen und mich dabei getroffen. Und dann habe ich gesehen, dass du weinst. Du warst vorhin kurzzeitig ohnmächtig.", redete er einfach weiter, obwohl mir überhaupt nicht danach war und blickte mich wieder an.

„Ich war ohnmächtig?" Verwundert dachte ich über die letzten Stunden nach. Ich war vor lauter Rauch über irgendeinen Ast gestolpert, so viel weiß ich noch. Schlagartig riss ich meine Augen auf, denn auf einmal wurde mir eine Sache bewusst.
Nicht schon wieder!

„Wie bin ich dann hier her gekommen?" Bitte nicht du, bitte nicht du ... Bitte nicht schon wieder du!

Schulterzuckend musterte Harry meinen Körper, während er selbstverständlich sprach „Ich hab dich hier her getragen. Hab ja inzwischen Übung darin."

„Oh nein.", murmelte ich deprimiert. Eine Gänsehaut zog sich über meine Haut und ich konnte nicht anders, als ein paar Meter von ihm weg zu rutschen.

„Ein Danke hätte durchaus gelangt.", sagte Harry irritiert und suchte weiterhin die Nähe zu mir.

„Komm mir nicht näher!", zischte ich, als Harry mir näher kam und ich legte meine Arme um mich.
Etwas überrascht sah er mich an, aber akzeptierte meinen Wunsch.

Seufzend sah ich ihn an. Harry Styles.

Oft wusste ich nicht, wie ich auf ihn reagieren sollte.
Er flirtete in den letzten Tagen häufig mit mir. Eine Sache, die mir nicht entgangen war. Es war sehr schmeichelhaft, aber ich war noch nicht bereit dafür und ich wollte das nicht ... konnte das noch nicht. Ich versuchte ihm so gut es ging, auszuweichen.

Versuchte ihn abzublocken, dass er das Interesse daran verlieren würde. Dies stellte sich aber irgendwann als Schwierigkeit heraus, wenn du ständig auf dem selben Fleck hockst. Es ist, als ob er Spaß daran hätte.
Versteht mich nicht falsch, ich verstand mich wirklich mit jeden sehr gut. Aber mehr sollte es auch nicht sein.
Harry war da anscheinend anderer Meinung.

„Also Hope erzählte mir, du bist ein Fan?", fragte er irgendwann, nachdem ich eigentlich vor hatte, wieder zu schlafen.

„Ich mag eure Musik, ja.", sprach ich und sah ihn dabei an, in der Hoffnung, es würde ein normales Gespräch sein.

„Dann hast du Glück. Einmalig, mit den Jungs von One Direction, halbtot auf einer Insel zu sein.", lachte er leicht sarkastisch auf und ich schaute ihn daraufhin mit offenem Mund an. Wenn er gerade versuchte, eine lustige Konversation zu betreiben, schlug er fehl.

„Mund zu, es zieht, Blondie.", sagte er und ich schloss augenblicklich meinem Mund.

„Blondie...", murmelte ich und Wut stieg in mir auf. Ich hasste den Namen. Ich war die einzige aus meiner Stufe gewesen, neben Hope, die blond (wenn auch gefärbt) war, und wurde von Jill ‚Blondie' oder ‚Flittchen' immer genannt.
Schmerzerfüllt verzog ich mein Gesicht bei den Gedanken an sie.

„Nenn mich noch einmal so und meine Hand macht Bekanntschaft mit deinem Gesicht, Styles.", zischte ich böse und er sah mich schockiert an. Und ehrlich gesagt, war ich genauso schockiert von mir selbst.

Aber immer wieder hatte ich gehört, dass er egoistisch sein sollte. Ein Womanizer. Er nahm sich was er wollte und es würde kommen, wenn er es wollte. Natürlich sollte man niemals der Presse glauben. Das hatte Zayn mir jetzt schon mehrmals gesagt.
Ab und zu hatte er mir dies auch oft genug bewiesen.

Ich schaute ihn noch kurz an und legte mich wieder zurück. Ich reagierte auf den Namen einfach aggressiv.
Natürlich konnte das Harry nicht wissen und erst recht konnte er dafür nichts. Aber dass sie mich selbst bis hier hin verfolgte, konnte doch unmöglich sein.

Jill hatte mich Jahre lang fertig gemacht. Teils wegen ihr ging ich lange Zeit in eine harte Depressions-Phase hinüber, wollte nichts mehr essen. Schluckend strich ich kurz über meine Narben an meinem Handgelenk. Auch waren noch andere Personen Schuld an diesem Ereignis. Josh. Josh, und seine Freunde. Ich verschwendete keine weitere Sekunde an diese Menschen.
Ich war froh, sie nicht mehr sehen zu müssen und all das hinter mir lassen zu können.

„Avery, es" – „Passt schon. Du bist genauso, wie sie es immer sagen.", flüstere ich und schloss meine Augen.

„Nur weil ich nicht wusste, dass du so viel Wert auf ein Wort legst, kannst du dir doch nicht gleich eine Meinung über mich schließen. Ich hätte niemals gedacht, dass du so jemand wärst.", diskutierte er weiter und meiner Meinung nach zu laut.

Ich verdrehte meine Augen und setzte mich auf.

„Ich bilde mir meine eigene Meinung über dich, ob es dir nun passt oder nicht. Und dafür sorgst du ganz alleine und sonst niemand.", schnaubte ich und drehte mich wieder zu ihm um. Ich starrte ihn böse an, war jedoch verwirrt als ich kurz Schmerz aus seinem Gesicht heraus lesen konnte. Möglicherweise war ich etwas zu hart zu ihm.

Diese Unterhaltung hatte keinen Sinn mehr. Ich war geladen und Harry bekam es ab.

„Harry, lassen wir das.", murmelte ich dann und stand damit auf.

Ich lief von der Gruppe weg und verschränkte meine Arme. Zayn war nicht so ein selbstverliebter, arroganter Arsch gewesen.
Er war für mich wie ein großer Bruder in der letzten Zeit gewesen, den ich nie hatte. Ich konnte mich ihm sogar etwas anvertrauen.

Sachen, die sonst keiner über mich wusste.

Auch wenn ich am Anfang Zayn nicht getraut habe, konnte er schnell mein Vertrauen gewinnen.
Nun gut, es waren auch andere Umstände.
Ich, komplett verwirrt, was passiert war und er vollkommen aufgelöst, weil er seine Freunde so vermisste.

Warum war aber Harry so? Wütend schnaubte ich und ging weiter den Strand entlang. Ich schaute auf und konnte den Mond sehen, der sich im Meer spiegelte. Ich blieb davor stehen und beobachtete die Sterne, die sich neben dem hellen Mond positioniert hatten.

Immer wieder dachte ich an meine Eltern. Sie dachten bestimmt, ich sei tot. Wie ging es ihnen wohl?
Das würde mich brennend interessieren. Nicht oft lag das Interesse an mir, sondern an ihren Jobs.

Es war nicht so, dass sie gar keine Zeit für mich hatten, nein, ich fühlte mich geliebt von ihnen. Aber sehr oft doch einsam.
Und wenn dies der Fall war, hatte ich Hope. Ich war so glücklich, dass wir wieder zusammen waren. Ich hatte meine Hoffnung aufgegeben, sie je wieder zu sehen. Und dann stand sie auf einmal wirklich vor mir – wie als ob es ein unrealer Traum wäre.
Doch sie war da. So wie sie es immer gewesen ist.

„Du kannst wirklich schneller laufen, als ich dachte.", schnaufte auf einmal jemand hinter mir und ich zuckte zusammen.
Ein kurzer Blick hinter meinem Rücken, verriet mir, dass es Harry war.

„Hatte ich mich nicht klar und deutlich ausgedrückt, Harry?", fragte ich ihn und drehte mich zu ihm um.

„Ich versteh nicht, was dein Problem ist!", sagte er mit einem leichten Hauch von Verzweiflung und ging einen Schritt auf mich zu.

Innerlich musste ich etwas auf grinsen. Da war wohl jemand nicht gewöhnt, dass er abgewiesen wurde.

„Derzeit du."

Eigentlich hatte ich mir das jetzt besser vorgestellt, denn ich wollte einen guten Abgang hin kriegen, doch ich musste mir eingestehen, dass ich wesentlich kleiner als er war und so konnte er auf mich herab sehen.
Und wieder verbreitete sich das Grinsen auf seinem Gesicht und dabei kamen die Grübchen zum Vorschein.

Böse kniff ich meine Augen zusammen. „Du glaubst doch nicht wirklich, dass diese Masche bei mir wirkt, oder?"

Unschuldig blinzelte er und drehte seinen Kopf etwas. Ich versuchte weiter meinen bösen Blick beizubehalten, wurde jedoch weich.
Gott, Avery. Reiß dich zusammen. Dann kniff ich meine Augen feste zusammen und trat wieder einen Schritt zurück, um genügend Abstand zu ihm gewinnen.

Meine Finger griffen automatisch zu meinem Band, was über meinen Narben lag. Gedanklich ging ich durch, was ich als nächstes tun könnte. Ja, Harry war nett. Das wars aber auch schon wieder. Er sollte mich in Ruhe lassen.

„Übrigens sehr amüsant zu beobachten, wenn du deine Alltagsträume hast.", schmunzelte er nach ein paar Minuten der Stille auf und ich konnte mir innerlich eine klatschen. Ich musste mir das ernsthaft abgewöhnen.

„Lass mich einfach in Ruhe, Harry.", flüsterte ich und augenblicklich verschwand sein Lächeln.

Er wollte wieder etwas ansetzten, doch dann ließ er es sein. Ich schloss meine Augen und drehte mich wieder von ihm weg.
Einfach weg von dieser Insel. Von diesem selbstverliebten Idiot. Wie konnte ich nun je wieder ihre Musik hören, wenn ich diese arrogante Stimme in jedem Lied hörte?

„Avery. Bitte, ich habe dir nie etwas getan.", sagte Harry, der es anscheinend nicht gewohnt war, dass Mädchen ihn abblitzen ließen und ich öffnete meine Augen. Ich blickte direkt in seine grünen Augen, als ich aufsah. Wieder wollte ich nach meinem Band greifen, doch bevor ich die Chance hatte, wurde meine Hand von seiner gepackt.

„Oder wie du immer dein Band nimmst, wenn du aufgeregt bist. Oder nicht weißt, was du tun, geschweige sagen willst.", flüsterte er und nahm das Band in Betracht. Ich versuchte ihm meine Hand zu entziehen, vor allen Dingen mein Handgelenk, doch er ließ sie nicht los und sah mich warnend an.

„Wenn du nicht willst, dass ich dich so nenne, dann sag es mir doch einfach.", sagte er, nachdem ich ihm wütend meinen Arm entrissen hatte.

Leider hatte er sich meine Hand wieder gepackt. Stur starrte ich nun meine Hand an, die in seiner lag. Ein leichtes Zittern fing in meinem Arm an, was Harry vermutlich komplett falsch deuten würde, während das mir nur eine erste Signalstufe zu einer bevorstehenden Panikattacke war.

„Avery, du hast ein falsches Bild von mir. Egal, was du von mir denkst, ich bin es nicht.", sagte er und hob mit seiner anderen Hand mein Kinn an, so dass ich gezwungen war, ihn anzuschauen.

„Du weißt doch nicht mal, was ich von dir denke.", fauchte ich und versuchte mein Kinn umzudrehen, doch er holte es sich wieder zurück und grinste mich an.

„Oder wie schnell du stur sein kannst.", hauchte er. Seufzend ließ ich seine Berührung zu und hoffte, dass es bald ein Ende hatte. „Oder wie schnell man dich provozieren kann."

„Lass mich los, du ... du, egoistisches ... -"
„Ist dir bewusst, was der Begriff Egoistisch bedeutet? Das heißt so etwas wie, jemand kann nichts teilen und denkt nur an sich.", sagte er auf einmal und sah mich nachdenklich an.

„Du kannst wahrscheinlich weder etwas teilen und denkst wahrscheinlich nur an dich.", fauchte ich wieder und startete einen erneuten Versuch, meine Hand ihm zu entziehen. Von wegen. Dieser Harry Styles raubte mir meinen letzten Nerv.

„Ich kann teilen.", sagte er nach einer kurzen Schweigepause, während ich weiter mit seinem Arm kämpfte und ächzte.
Was übrigens nichts bezweckte. So langsam hatte ich dieses Spiel satt. Wenn er nicht gleich aufhören würde, würde ich schreien. Laut.

„Und was?", zischte ich, sah wütend hoch in sein mageres Gesicht und nicht vorbereitet auf das, was als nächstes geschah.
Er grinste wieder und leckte sich über seine Lippen, womit meine Aufmerksamkeit auf seine Lippen gelenkt war.

„Meine Lippen – mit dir."

Und bevor ich widersprechen konnte, hatte er sich zu mir runter gebeugt und seine Lippen auf meine gelegt.

Unverhofft kommt oftWo Geschichten leben. Entdecke jetzt