Ein Handyklingeln entließ mich aus meinen Träumen. Stöhnend drehte ich mich einmal in meinem Bett herum, um an mein Handy zu gelangen. Das Licht meines Displays blendete mich, da es noch dunkel in meinem Schlafzimmer war, so dass ich erst zumal rein gar nichts in der Lage war. Sobald ich mich orientiert hatte, endete der Anruf.
„Danke schön", murmelte ich erleichtert und ließ mich wieder in mein Bett zurückfallen.
Schmunzelnd dachte ich über gestern Abend nach, während ich wieder in meine Kissen kuschelte. Es war wirklich ein schöner Abend gewesen. Ich hatte ein bisschen angefangen, mich Harry zu öffnen. Es war das Mindeste, was ich ihm zurückgeben konnte.
Ich war nicht mal sicher, ob dass das ansatzweise gut machen konnte, denn alles was ich ihm erzählte, waren die banalsten Sachen. Wie zum Beispiel, dass ich mit Zweitnamen Grace hieß, nach dem Namen meiner verstorbenen Tante, (was er bereits wusste, also somit nicht mal mehr relevant war (Danke Mutter, fürs Spoilern)), ich wirklich gerne einen Hund hätte, aber meine Eltern es nie erlaubt hatten, aufgrund eine Haarallergie und ich die Farbe Rosa über alles verabscheute.
Es waren wirklich langweilige Sachen, aber er war interessiert daran gewesen, als ob ich ein Heilmittel gegen Krebs präsentierte.
Aber irgendwie hatte sich das gut angefühlt. Irgendwie richtig.
Ich biss mir auf die Lippe. Dieses Wörtchen irgendwie wollte einfach nicht verschwinden.
Ich wusste auch noch, dass Harry hier lange an meinem Bett gesessen war, bevor ich irgendwann eingeschlafen war. Anscheinend war er der Schlauere von uns beiden gewesen, denn ich hatte ganz sicherlich nicht mein Handy ans Ladekabel gehangen.
Ich wusste noch nicht, wie ich das alles richtig angehen sollte, mit Harry, aber ich wollte nichts falsch machen. Und vor allen Dingen und in erster Linie, wollte ich nichts überstürzen.
Mein Handy klingelte ein weiteres Mal. Knurrend drehte ich mich wieder um und nahm den Anruf entgegen.
„Wer zur Hölle stört um diese Uhrzeit?", fauchte ich ins Handy rein, ohne auf den eingehenden Anrufer zu achten.
Ein unglaubwürdiges Keuchen entkam den Handy. „Das ist gerade nicht dein Ernst!", kreischte Hope aufgebracht ins Handy, so dass ich mir kurzzeitig das Handy vom Ohr weghalten musste. Stimmt, da war ja was.
„Hör mir mal zu, du meldest dich seit zwei Tagen fast nicht mehr bei mir, Harry genauso wenig! Alles was wir wussten, war, dass du bei Harry warst!", rief sie aufgebracht ins Handy. Ich biss mir wieder fest auf die Unterlippe. Ich konnte es mir ja selbst nicht mal erklären.
Der Abend nach Hope und Niall war einfach ausgeartet und eigentlich wollte ich immer noch ungern über das, was war, mit ihr reden. Nicht, bevor ich meinem eigenen Gefühl sicher war.
„Und jetzt tauchen auch noch Fotos von euch beiden auf? Avery, was zur Hölle ist passiert!", forderte sie mich erneut auf.
Blitzartig setzte ich mich auf. „Was hast du gerade gesagt?", flüsterte ich. Eine ungutes Gefühl kroch in mir hoch.
Was war, wenn doch jemand die Schlägerei mitbekommen hatte? Das würde ein sehr großes Problem sein. Es wäre gravierend. Ich müsste erzählen, was passiert sei. Und was würde das für Harry bedeuten?
„Sieh auf dein Handy!", rief Hope und ich drückte sie kurzerhand weg.
Mein Herz klopfte so laut, dass es schon schmerzte. Zitternd gab ich in die Suchleiste meines Handys „Harry Styles" ein.
Ein kleine Last fiel von meinen Schultern, als ich den SUV von Harry vorfand auf den ganzen neuen Fotos. Das waren Bilder von gestern Abend, als ich Harry zu mir eingeladen hatte. Es waren nicht die Fotos vom vorherigen Abend.
Erleichtert atmete ich aus und scrollte weiter durch die Fotos.
Erst als ich mir diese dann genauer ansah, wurde mir bewusst, dass ich mich zu früh gefreut hatte. Ich war ja ebenfalls auf den Fotos zu sehen!
Das war das seltsame Geräusch von gestern gewesen! Verdammt.
Und das Schlimmste an der Sache war: ich sah wie ein verliebtes Häschen aus, auf dessen Wange sanft Harrys Hand lag.
„So ein Mist!", fluchte ich und drückte die Kurzwahl. „So ein Mist!", rief ich verzweifelt ins Telefon, als Hope ran ging.
Was sollte das? Ich wusste doch selbst noch nicht mal, was das mit Harry war und jetzt tauchten solche Fotos auf.
„Kannst du mir jetzt bitte mal erklären, was genau zur Hölle bei euch passiert ist?", erwiderte Hope nur scharf.
Ihr Ton machte mich wütend. Ich hatte wirklich Angst, wie sich diese Fotos gerade auf mich auswirken könnten, welche Gefühle sie in mir auslösten und Hope war nach nichts anderen im Sinne, als das als erstes zu fragen?
„Ich bin dir doch keine Rechenschaft gültig!", schnaufte ich. Und legte auf. Schon wieder.
Kopfschüttelnd sah ich stattdessen meine eingegangen Nachrichten durch und strich dabei über das kaputte Display.
Guten Morgen, Liebes.
Ich schätze, du hattest nichts dagegen, dass ich dein Handy ans Ladekabel gehangen habe.
Hab ein schönen Tag. X H.
Harry. Schrieb mir eine Nachricht. Über mein Handy am Ladekabel. Mein gerade geringstes Problem von allen.
Ich merkte, dass ich anfing schneller zu atmen und wusste, dass ich Panik bekam.
Bevor ich wusste, was ich tat, drückte ich meine nächste Kurzwahl.
„Alana?", keuchte ich, als meine Therapeutin ans Telefon ging.
„Ich brauche dich, jetzt."
Ein paar Stunden später lag ich fix und fertig auf der Liege meiner Therapeutin. Ich hatte ihr von den vermutlich drei verrücktesten Tagen meines Lebens erzählt. Ich dachte, der Part mit Josh und der Fast-Vergewaltigung würde der Schlimmste für mich werden.
Aber der ganze Harry-Part, um den es sich ja quasi nur drehte, zerrte viel mehr an meinen Nerven, als ich dachte.
Als ich fertig war, setzte ich mich auf und blickte die braunhaarige, junge Frau vor mir an. Man könnte meinen, dass Alana viel zu jung für diesen Job wäre, aber ich konnte mir ehrlich gesagt niemanden Besseren als sie vorstellen. Ganz am Anfang, meiner ersten Sitzungen, hatte ich einen Mann, bei dem ich mich unweigerlich gewehrt hatte, auch nur einen Pieps abzugeben. Zu meinem Glück, hatte Alana genau da angefangen. Und mit ihr war es meist einfach zu reden. Auch wenn sie, meiner Meinung nach, nicht immer die passende Antwort hatte.
Nachdenklich verengten sich ihre dunkelgrünen Augen, während sie sich von ihrem Schreibstuhl erhob.
„Oh Gott, du willst mich jetzt sicherlich einweisen lassen, oder?", keuchte ich und legte mich wieder zurück.
Dann zuckte ich ergeben mit den Schultern. „Naja, so etwas Ähnliches hatte ich schon vermutet. Ich mein, du hast es gerade selbst gehört, mein Leben ist gerade eine absolute Katastrophe.", murmelte ich danach, während ich meiner Erkenntnis näherkam. Dann hätte ich vielleicht auch endlich Zeit, Platz und Ordnung in meinem Kopf zu schaffen. Ich hatte das Gefühl, er würde jeden Moment platzen.
„Du hattest schon immer einen leichten Hang zur Dramatik.", mahnte mich Alana, und setzte sich zu mir auf die Liege. Seufzend schüttelte sie ihren Kopf, holte eine Box hervor und gab mir und sich einen Keks. Während ich mich gierig diesem widmete, da ich heute noch nichts weiter gegessen hatte, beobachtete sie mich.
„Du hast Recht, Avery. Ich habe dir gerade sehr gut zu gehört. Um genau zu sein, mehr als eine Stunde. Deine Stunde ist schon lange rum. Und war zudem nicht mal eingeplant", lachte sie und sah auf ihre Armbanduhr. Untröstlich zuckte ich mit den Schultern.
„Dad bezahlt das. Nicht mein Problem." Böse starrte sie mich daraufhin an.
„Ich habe dir schon einmal erklärt, dass es wirklich nicht fein ist, wie du über deine Eltern denkst.", seufzte sie.
„Was ich dir eigentlich sagen wollte: Ist dein Leben wirklich eine Katastrophe? Denn alles, was ich gerade eben zu hören bekommen habe, hat sich für mich nicht nach einer Katastrophe angehört. Natürlich gibt es Dinge, die nicht ganz richtig sind. Aber eine Katastrophe?", erklärte sie mir und erhob sich wieder.
Zögernd richtete ich mich auf und folgte Alana mit meinem Blick. Dann lächelte sie mich vielsagend an.
„Für mich hast du dich gerade wie hormongesteuertes Wesen angehört, was Harry unheimlich vergöttert. Und das nehme ich dir nicht mal übel. Er war die letzten Tage wohl dein Ritter in glänzender Rettung. Oder dein Held, was man dazu auch immer sagt.", sagte sie geradeaus und ich starrte sie mit offenem Mund ungläubig an. Bitte was?
„Starr mich nicht so an. Das meine ich ernst.", lachte sie, wurde dann wieder ernst.
„Ich bin zwar noch nach wie vor der Meinung, dass wir immer noch der Polizei melden sollten, dass du versuchst wurdest,"- „Nein.", unterbrach ich sie direkt. Das ging nicht. Das ging allein wegen - „Ja, ich weiß. Es geht nicht, weil du Harry schützen willst. Lass mich ausreden. Aber es scheint mir, dass du trotz dieses Ereignisses, lebendiger als je zu vor bist. Ich weiß, dass dich die Tabletten in letzter Zeit so ausgeknockt haben, aber in den letzten zwei Jahren, hab ich dich noch nie hier rein stürmen sehen, noch nie mit diesem Schalk in den Augen, noch mit solchen rosigen Wangen.", erklärte sie mir und ich fasste mir daraufhin wieder an meine Wangen.
„Aber denkst du denn nicht, ich mache einen Fehler?", fragte ich sie leise und senkte nachdenklich meinen Blick.
„Das weiß ich nicht. Ich denke nur, dass es ein gutes Zeichen ist, dass du dich ihm geöffnet hast. Und dass du seine Berührungen zu lässt.", erklärte sie weiter nachdenklich und ich verdrehte meine Augen. Natürlich konnte sie meine Fragen nicht beantworten. Genau das meinte ich.
„Ich hatte es in Erwägung gezogen, dass so etwas passieren könnte, hätte aber ehrlich gesagt nach deinem ersten Treffen mit Harry nicht damit gerechnet.", redete sie weiter. „Was meinst du?", fragte ich sie irritiert.
„Anscheinend gibt es in dir einen tiefen, inneren Teil, der sich nach Harry sehnt. Möglicherweise ist es der Teil, den du nicht mehr kennst. Möglicherweise hast du keine Erinnerungen mehr dazu, vielleicht werden doch noch nach und nach ein paar weitere auftauchen. Das weiß keiner. Aber dass dein Körper trotzdem Sehnsüchte hat, wirst du nicht abstellen können."
Ja, das ergab Sinn. Irgendetwas war da in mir, was sich nicht beherrschen konnte, sobald ich ihn auch nur sah.
„Ich verstehe nicht, warum er ausgerechnet mich will?", rutschte mir dann die Frage raus, die ich mich noch nie traute, laut auszusprechen. Ich bemerkte, dass meine Augen anfingen zu Tränen und blinzelte sie heftig weg.
„Harry Styles ist ein weltberühmter Star. Es gibt auf dieser Welt so viele wunderschöne, hübsche und außergewöhnliche Frauen, die sicherlich nicht solche Macken haben, wie ich. Er könnte jede mit einem Fingerschnippen haben und sie würden ihm zu Füßen liegen. Also, warum ich? Und warum ausgerechnet nach diesen Abend, wo ich eine Panikattacke hatte?", versuchte ich Alana meine größte Angst zu erklären.
„Weil er etwas in dir sieht, was du möglicherweise noch gar nicht sehen kannst. Süße, hab doch nicht immer so viele Selbstzweifel.", antwortete sie mir sanft und schrieb sich dann weiterhin was in ihren Block. Stöhnend legte ich mich zurück. So etwas half mir nicht weiter. Was bitte sah Harry in mir?
„Du wirkst nach außen hin oft wie ein harter Stein, bist sehr verschlossen. Dabei hast du in dir drinnen einen so unglaublich, weichen Kern. Ich glaube, das ist dir manchmal gar nicht bewusst.", besänftigte sie mich etwas.
Mein Handy summte und seufzend sah ich auf das Display. „Wie wäre es, wenn du Hope das auch erklärst, so wie mir?", fragte mich Alana, ohne dabei von ihrem nun offenen Bildschirm ihres Notebooks aufzusehen.
„Ja, vielleicht würde sie mir endlich Antworten geben.", nörgelte ich und Alana verdrehte daraufhin ihre Augen.
„Avery, weder ich noch Hope noch sonst wer, können dir diese Entscheidungen abnehmen. Das kannst du nur du allein.", tadelte Alana und ich konnte nicht mehr an einer Hand abzählen, wie oft sie das gesagt hatte.
„Aber du hast doch selbst bemerkt, wie gut es tut, zu reden? Oder etwa nicht?", fragte sie dann nach.
„Sie ist deine beste Freundin. Sie war immer für dich da. Sie wird es auch jetzt sein."
„Ich gehe jetzt.", verkündete ich, als ein erneuter Anruf auf meinem Handy eintraf.
„Sprich mit ihr!", rief mir Alana hinterher, als ich die Türe hinter mir zufallen ließ.
Mit klopfendem Herzen nahm ich den Anruf entgegen.
„Harry?", wisperte ich, vertraute meiner eigenen Stimme nicht, während ich mich kurz in dem Flur der Praxis umsah.
„Hallo Avery. Störe ich?", fragte Harry und ein kleines Lächeln stahl sich auf meine Lächeln. „Nein. Alles in Ordnung."
„Hast du heute Abend schon etwas vor?" Mein Herz machte einen Hüpfer, bevor ich ihm zusagte.
Grinsend legte ich auf, nachdem wir eine Uhrzeit ausmachten. Seufzend ließ ich mich an die gegenüberliegende Wand sinken.
Vielleicht hatte Alana ja doch Recht.
Alana, die gerade ihre Türe aufstieß und mich entdeckte.
„Hormongesteuertes Wesen", sang sie leise, während sie an mir vorbei rauschte und kurz an ein Bild klopfte, was in dem Flur der Praxis hing. Erst als sie weg war, stellte ich mich vor das Bild und las leise den Spruch, den ich bereits so viele Male durchgelesen hatte. Und erst jetzt vielleicht den Sinn dahinter verstand.
„love is when you see them at their lowest, darkest times and you still think their light shines."
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Hallo ihr Lieben!Dieses Mal etwas weniger Havery-Action, aber wer weiß, was im Nächsten passiert ;)
Dafür dieses Mal etwas mehr in Averys Innerstes :) Ich hoffe es gefällt euch trotzdem.
Danke wieder für die ganzen Rückmeldungen, genauso wie die Votes! Ich feier jedes Einzelne! <3
Votes und Kommentare sind die einzige Bestätigung für mich, dass euch die Story gefällt.
xx T.
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Unverhofft kommt oft
Romance[NIALL x OC / HARRY x OC] Flugzeugabsturz? - Kein Problem. Flugzeugabsturz mit One Direction? - Passt schon. Flugzeugabsturz mit One Direction und Gefühlen im Spiel? - Du liebe Zeit. Als Hope und Avery Ruhe im Urlaub finden wollen, stürzt das Flug...