6. Der Plan

2.8K 93 1
                                        

Ich hatte alles in Seattle besorgt und war vor der Abenddämmerung wieder in meinem Appartement. Ich räumte meine auf dem Boden liegenden Klamotten weg und stellte die Fässer Bier auf und schloss die Boxen an und lud die grässlichen aktuellen Top Charts.

Ich setzte mich aufs Bett und schaute mir ein Bild meiner Familie an. Ich hatte es vor langer Zeit auf altem Pergamentpapier gezeichnet und später eingerahmt.

Wir sahen so glücklich aus, ohne Sorgen. Ich erinnerte mich an meine Mutter, manche Erinnerungen waren besser, manche schlechter. Sie waren, je älter sie waren, löchriger, doch ich erinnerte mich an so gut wie alles.

Seufzend legte ich mich auf mein Bett und dachte nach. Vor 206 Jahren war sie gestorben. Ein Schluchzen kam aus meiner Kehle, doch keine Tränen kamen. Ich dachte sehr lange an sie und irgendwann war ich eingeschlafen.

Schreiend wachte ich in meinen Kleidern von gestern auf. Der Traum ging einfach nicht vorüber und ich hatte es langsam satt. Ich schaute auf mein Handy und sprang auf. Schnell machte ich mich fertig und raste zur Schule, kam genau pünktlich und schaffte es zum Unterricht.

Der Tag verging schnell. Ich beobachtete die Cullens, doch sie ignorierten mich. Das gefiel mir nicht. Warum taten sie das, obwohl ich so viel beobachtet hatte? Hatten sie einen Plan, den sie auf der Party umsetzten wollten?

Das Gesprächsthema von heute war meine Party und das stellte mich zufrieden. Jeder würde kommen, ich musste wohl meinen Garten, der zum Appartement gehörte, zur Verfügung stellen, doch das machte mir keine Sorgen.

Am Ende des Schultages fuhr ich nicht nach Hause, stattdessen fuhr ich in den Wald. Irgendwo musste es eine Stelle geben, wo ich in Ruhe denken konnte. Knapp 10 Meilen außerhalb von Forks hielt ich am Straßenrand, schaute mich um und rannte in den Wald hinein. In der Nähe der Olympic Mountains kletterte ich auf einen der höchsten Bäume und setzte mich auf einen Ast.

Der Ausblick war atemberaubend. Der Lake Crescent war wunderschön, doch die grauen Wolken und der Nebel machten den Anblick traurig. Die grünen Bäumen bildeten einen Kreis um den See und machten ihn noch schöner. Es roch nach Moos und frischem Regen, wobei man unter den Bäumen wunderbar geschützt wurde. Leise weinten die grauen Wolken vor sich hin und die Regentropfen hinterließen kleine Kreise auf dem großen See. Stunde um Stunde saß ich dort und als es langsam dunkel wurde, machte ich mich auf den Weg zur Wohnung. Ich hatte endliche klare Gedanken durch die frische Luft bekommen und konnte mich auf die Aufgabe, alles über die Cullens herauszufinden, konzentrieren.

Kurz nach sieben Uhr machte ich die Musik an, stelle die Plastikbecher auf und ging zu meinem Schrank. Ich schnappte mir eine Flasche Bourbon und ein Glas, setzte mich auf die Couch und machte das Glas voll. Der Stress mit den Cullens war wirklich nicht schön.

Kurz danach erschienen schon die ersten Leute, darunter Tom, Laura und Anna. Wie immer redete Tom die meiste Zeit. Irgendwann verabschiedete ich mich von ihm und ging zu Laura. Sie war sehr hübsch. Lange blonde Haare, blaue Augen und ein bezauberndes Lächeln. Sie war schüchtern und redete die meiste Zeit nicht, doch sie bemerkte viel.

Suchst du die Cullens?, fragte sie. Es wurden Wetten abgeschlossen, ob sie überhaupt kommen werden. Ich habe sie noch nie auf einer Party gesehen und vielleicht vermeiden sie es ja auch dieses Mal.

Ich runzelte die Stirn Nun vielleicht sollten sie mal aus sich raus kommen und nicht immer so wie Statuen rumlaufen. Nie lachend und immer so verklemmt.

Laura lachte daraufhin und nickte. Du hast vollkommen recht! Dann verschwand ihr Lachen und sie schaute hinter mich. Oder vielleicht auch nicht.

Ich schaute hinter mich und tatsächlich standen dort die Cullens. Alle wunderschön gekleidet. Die Mädchen hatten alle Kleider an, welche ihre Figuren so betonte, dass es einen eifersüchtig machte. Die Jungen hatten betonte Shirts an, wobei man die Abbildungen ihrer starken Brust sehen konnte.

Ich atmete ein und ging mit selbstbewussten Schritten zu ihnen. Hi! Schön, dass ihr da seid! Fühlt euch wie zu Hause. Ich lächelte. Ich bin noch gar nicht dazu gekommen mich vorzustellen. Mein Name ist Clara Baker.

Die Blonde namens Rosalie starrte mich wütend an. Wenn Blicke töten könnten, dann würde ich jetzt tot umfallen, dachte ich mir. Sie hatte ein tolles dunkelblaues Kleid an. Ihre Beine waren lang und makellos.

Freut uns, sagte Bella. Sie hatte ein schwarzes Teilchen an und auch dieses passte wie angegossen. Ich schätze du kennst uns schon, also müssen wir uns ja nicht vorstellen. Sie sagte es in einem herablassenden Ton, doch ich tat so, als würde ich es nicht merken.

In der Tat. Bedient euch. Falls euch das Bier doch zu schlecht ist, in meinem Schrank steht noch Bourbon, Eis ist im Kühlschrank.

Sie nickten und gingen langsam an mir, mit feindlichen Blicken, vorbei. Möge das Spiel beginnen.

Die Party nahm ihren Lauf und die Cullens standen im Garten an der Seite mit Plastikbechern in der Hand und tranken das Bier. Zumindest sieht es so aus, als ob sie trinken würden, dachte ich mir. Ich ging geradewegs auf sie zu ohne mir Gedanken zu machen. Doch kurz bevor ich bei ihnen ankam, hörte man einen dumpfen Aufschlag und alle drehten sich zu dem Geräusch hin.

Auf der Wiese lag ein Junge, beim näheren betrachten stellte sich heraus, dass es Justin war. Ein Freund von Tom. Mit dem Gesicht nach unten, lag er im Gras und bewegte sich nicht und dann roch ich es. Er war vom Gelände gefallen und aus seiner Nase lief Blut.

Hinter mir hörte ich ein Knurren, nicht laut, aber ich konnte es genau hören, so wie es anderen hätten hören können, wenn sie in der Nähe gewesen wären. Alle waren um Justin versammelt und beachteten das Spiel hinter ihnen nicht.

Ich drehte mich um und sah das verzerrte Gesicht von Renesmee und wie sie nach vorne stürzte. Noch bevor sie zwei Schritte gemacht hatte, hatte Edward sie von hinten gepackt und hielt sie fest. Sie wehrte sich, knurrte und versuchte sich weiter loszureißen. Die restlichen Cullens versammelten sich um sie herum, hielten sie fest und redeten auf sie ein.

Tu es nicht Renesmee!

Versuch es zu kontrollieren!

Nessie, hör mir zu. Du willst ihm nicht weh tun!

Edward drehte sie auf die andere Seite und drängte sie zurück in den Wald. Die anderen dicht hinter ihnen, darauf bedacht, keine Lücke frei zu lassen. Jasper und Bella hatten sich die Hand vor Nase und Mund geschlagen, sie atmeten nicht. Ich hatte das Gefühl, dass auch der Rest nicht atmete. Dann verschwanden sie in der Dunkelheit.

Alles passierte innerhalb von ein paar Sekunden, niemand sonst hatte den Auftritt von Renesmee und dem Rest bemerkt. Ich starrte ihnen hinterher und war unfähig mich zu bewegen.

Vampire, flüsterte ich.

Unendlichkeit.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt