Schlimmster Tag meines Lebens 1

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Wow. Schlimmer kann mein Tag ja wohl kaum werden. Seit Monaten reiß ich mir ein Bein für die Firma aus, weil ich endlich die längst verdiente Beförderung erhalten soll und dann verkündet der Chef doch allen ernstes, dass der neue Kollege die Stelle bekommt. Der Kollege, der erst seit einem Monat in der Firma ist und gerade frisch von der Uni kommt.

Nach dieser Nachricht ging ich völlig genervt in mein Büro, um kurz danach zu erfahren, dass Lydia, meine beste Assistentin, schwanger ist und ab nächstem Monat ausfallen wird.

Aber auch damit noch nicht genug. Nein. Ich musste mir natürlich als Reaktion darauf meinen gerade frisch gebrühten und somit glühend heißen Kaffee über meinen neuen Anzug kippen.

Und jetzt stehe ich nach diesem beschissenen Tag auch noch seit zwei Stunden im Stau, weil natürlich ausgerechnet heute eine neue Baustelle vorbereitet wird, weshalb die vierspurige Autobahn nur auf einer einzigen Spur befahren werden kann.

Alles in allem könnte ich also im Strahl kotzen. Und das würde, auch wenn meine Schwester das vielleicht annehmen würde, kein Regenbogen sein, der da raus kommt. Denn auch wenn ich auf Männer stehe, bin ich kein scheiß Einhorn!

Komplett genervt drücke ich immer wieder im Wechsel kurz das Gaspedal und dann sofort wieder die Bremse. In weiter Ferne erkenne ich endlich das Ende des Staus. Das hat aber auch lange genug gedauert.

So oft kann ich mir von meiner Familie anhören, dass meine miese Laune andere abschreckt und ich so nie jemanden finden werde. Da frag ich mich aber, wie jemand nach so einem drecks Tag noch gut gelaunt sein soll. So Menschen sind mir suspekt.

Endlich kann ich etwas beschleunigen, auch wenn alle vor mir hier gemütlich mit 50 durch die Gegend tuckern, obwohl 60 erlaubt ist. Vielleicht sollte ich anfangen die Dinge positiv zu sehen, denn wenigstens geht es voran.

Aber ich bin nunmal kein optimistischer Mensch, weshalb meine Laune nach wie vor im Keller festhängt. Nur das lang ersehnte runde, weiße Schild mit den fünf diagonale Strichen, das ich ihn ca. 300 Metern Entfernung erkennen kann, schafft es tatsächlich mir ein erleichtertes seufzen zu entlocken.

Nur noch 300 Meter, bis ich endlich mein Gaspedal wieder durch drücken kann, das hab ich schließlich mit bezahlt und will es deshalb auch benutzen. 200 Meter und ich kann endlich ein Ende meiner Autofahrt erkennen. 100 Meter und zum Glück fangen alle jetzt schon an zu beschleunigen. 50 Meter. Ich fahre jetzt schon 90 km/h.

Endlich. Mit voller Wucht trete ich das Gaspedal durch und wechsel sofort auf die dritte Spur von rechts. Mit meinem schwarzen Audi bin ich sowieso schneller als die meisten anderen Autos.

Innerhalb weniger Sekunden habe ich auf 170 beschleunigt und fliege über den aufgewärmten Asphalt. Einer der Gründe, weshalb ich mich für dieses Auto entschieden habe, denn mit dem Tempo sollte ich in 10 Minuten endlich zuhause ankommen.

Plötzlich höre ich einen lauten Knall. Oh Gott. Das Auto fängt unkontrolliert an zu schlingern und reflexartig greife ich mein Lenkrad so fest, dass meine Fingerknöchel weiß hervor stechen. War eigentlich klar, dass meine Pechsträhne mich weiter verfolgt.

Panisch drücke ich auf die Bremse und versuche mein Auto irgendwie auf den Standstreifen zu befördern. Wieso musste ich auch gleich auf die dritte Spur wechseln?

Andere sehen mein Problem und lassen mich zum Glück rein, doch auf der rechten Spur fahren zwei LKWs dicht hintereinander. Völlig außer Kontrolle, reiße ich das Lenkrad scharf nach rechts, denn lange kann ich das Auto nicht mehr halten, wodurch ich kurz zwischen den LKW fahre, dann aber sofort auf den Standstreifen ziehe.

Erleichtert atme ich durch, aber in dem Moment erkenne ich meinen Fehler und rase fast ungebremst in das knall rote Cabrio, das mit Warnblinkern direkt vor mir steht.

Wie in Trance sitze ich in meinem Auto. Alle Airbags sind heraus geschossen und ich bin mit voller Wucht auf das Kissen geknallt, aber wie durch ein Wunder ist nichts passiert. Verwirrt steige ich aus dem Auto und sehe mich um.

Ich habe das Gefühl, mein Kopf explodiert gleich, aber ich finde keine offenen Wunden, weshalb ich mich vorsichtig auf den Weg zu dem Auto vor mir mache. Naja Auto kann man wohl kaum mehr sagen. Vor mir befindet sich eigentlich nur noch der vordere Teil des Autos, denn der Rest liegt halb unter meinem eigenen.

Auf dem Fahrersitz entdecke ich eine bewusstlos Person und versuche schnell die Türe auf zu reißen, aber sie steckt fest. Vorsichtig rüttel ich an dem Mann, aber er zeigt keine Reaktion.

Panisch sehe ich mich um und sehe eine Frauen zu uns laufen. "Der Krankenwagen kommt", ruft sie und ich nicke abwesend. Plötzlich höre ich ein leises Stöhnen und drehe mich ruckartig zu dem Mann, der immer noch auf seinem Sitz ist.

Die Frau und ich sehen uns alarmiert an und sie klettert kurzerhand auf den Beifahrer Sitz. "Komm, wir versuchen ihn heraus zu heben. Seine Beine sind frei und nicht eingequetscht", sagt sie jetzt gehetzt und ich kletterte ebenfalls halb auf das Auto.

Indem ich meine Arme unter seine Achseln durchschiebe und sie vor seinem Brustkorb verschränke, ziehen wir ihn gemeinsam vorsichtig aus dem Auto. An seinem Kopf befinden sich mehrere Kratzer und eine relativ große Platzwunde, aus der Blut fließt.

Endlich haben wir ihn auf den Boden gelegt und die Frau rennt zu ihrem Wagen, um einen Erste-Hilfe-Kasten zu holen. Kurzerhand ziehe ich mein Hemd aus und drücke es gegen die Wunde an seinem Kopf, um sie wenigstens ein bisschen zu stillen.

Vorsichtig rücke ich ihn in die Stabile Seitenlage, wobei ich einen Blick auf sein Gesicht werfen kann. Gott ist er hübsch. Was denke ich denn gerade? Der Arme ist eventuell dabei zu sterben und mein einziger Gedanke ist, dass ich ihn attraktiv finde? Was stimmt denn nicht mit mir!?

Kurz schüttel ich den Kopf, bevor auch schon die Frau wieder da ist und wir gemeinsam einen Druckerverband um seine Wunde legen. "Gibt es noch mehr verletzte?", frage ich sie jetzt, denn ich habe bis gerade gar keinen Gedanken daran verschwendet, dass er eventuell nicht alleine war.

Der Blick der Frau zeigt mir, dass sie wohl ebenfalls nicht darüber nachgedacht hat und sie springt auf, um erneut zum Auto zu gehen.

Moment, soll man mit Bewusstlosen nicht immer wieder mal kontrollieren, ob sie noch atmen? Schnell beuge ich mich über ihn, kann aber nichts hören. Meine Hand schießt zu seinem Handgelenk und ich stelle erleichtert fest, dass er eine einigermaßen starken Puls hat.

Plötzlich höre ich ein röcheln und der hübsche Mann öffnet flatternd seine Augen. Wow. Sind das schöne Augen. Meine Güte, konzentrier dich mal Alec! Schnell spreche ich ihn an und versuche ihn zu beruhigen. "Hey, alles wird gut. Der Krankenwagen ist gleich da", murmel ich immer wieder und seine Augen gehen immer wieder auf und zu.

"Chair..", röchelt er und ich beuge mich näher zu ihm, damit ich ihn verstehen kann. "Chair.." Was will er mir denn jetzt mit Stuhl sagen? Verwirrt sehe ich ihn an. "Chairman", keucht er dann leise, aber ich versteh immer noch nicht, was er gerade sagt. Ob er vielleicht einfach nur Verwirrt ist?

Dann leckt er sich vorsichtig über die rissigen Lippen. "Meine Ka.... uff" vorsichtig greife ich seine weiche Hand und drücke sie sanft, um ihm zu zeigen, dass ich ihm auf jeden Fall zuhören. Dann verschnellert sich plötzlich sein Atem und er reißt panisch die Augen auf. "Meine Katze!", entkommt es ihm jetzt laut und ich sehe ihn schockiert an.

Schnell rufe ich der Frau zu, ob sie eine Katze findet, bevor ich mich wieder auf den Mann vor mir konzentriere. In der Ferne nehme ich schon das Martinshorn war und ich glaube, ich war noch nie so froh diese lästige Sirene zu hören.

Plötzlich flatter die wirklich hübschen Augen des Mannes immer mehr und eine Träne läuft über sein dezentes Make up die Schläfe entlang. Röchelnd fängt er an zu Husten und ich greife seine Hand fester.

Malec Oneshots 👬👨‍❤️‍💋‍👨❤️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt