13. Emma

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„Hör auf zu meckern und mach die nächste Folge an!“ befahl ich Daniel, der leider die Macht der Fernbedienung hat. Wir sitzen zu viert auf dem Sofa und gucken uns weiter Haus des Geldes an. Wir sind mittlerweile fast am Ende der ersten und es ist einfach zu spannend. Daniel hat vom Chinesen essen mitgebracht. Er wusste ja nicht was ich mag und hat mir einfach nur Nudeln mit soße gebracht. Diese teile ich mir mit Claire, damit sie auch etwas abbekommt und uns nicht beim schmatzen nur zu sehen muss. In der Box ist nicht viel hin, weswegen ich ihr die hinhalte und sage: „Du kannst den Rest ruhig haben.“. Sie guckt mich fragend an, aber ich drücke ihr die Box in die Hand und sie isst die Nudeln auf. Das Intro beginnt und ich höre eine wie unsere Tür auf gemacht wird. Ich gucke in die Richtung und irgendwann kommt Jay. Seine Augenringe sehe ich trotz der Entfernung. Er hebt die Hand uns sagt einmal: „Hallo.“ und geht in sein Zimmer. Daniel hat Netflix pausiert und wir gucken alle auf die geschlossene Tür. Irgendwann geht Chase zur Tür und klopft. Da Jay nichts sagt, macht er vorsichtig die Tür auf. Seine Augen werden größer und er marschiert einfach in den Raum. Auch ich springe auf und gehe zu den beiden. Jay sitzt auf den Boden und lehnt seinen Rücken gegen seine Bettkante. Seine Augen sind rot und sein Gesicht ist von seinen Tränen nass. Chase hockt sich neben seinen Kumpel und fragt: „Hey, was los?“. Jay guckt sich einfach nur die Wand an, wo er sein Plakat hängen hat. Darauf ist diese K- Pop band BTS zu sehen. „Ist jetzt egal.“ Sagt Jay, doch Chase schüttelt den Kopf. Im Türrahmen kommen Claire und Daniel neben mir. Daniel geht in den Raum und hockt sich so vor ihn hin, dass Jay ihn direkt anguckt. „Was ist passiert?“ fragt er besorgt, doch Jay guckt ihn nur an. Weitere Tränen fließen, doch er gibt kein Geräusch von sich. In meinem Kopf spielt sich eine Frage, die er sehr wahrscheinlich nicht vor den anderen beantworten möchte. Ich mache einen kleinen Schritt nach vorne und frage ihn: „Ich hätte eine Frage, aber ich glaube, dass ihr dafür eben raus gehen solltet.“ Daniel und Chase gucken mich verwundert an. Ich glaube auch, dass Daniel was dagegen sagen möchte, doch Chase hebt die Hand und sagt: „Okay. Wir gehen raus.“. Daniel guckt ihn sauer an, aber sagt nichts. Jay guckt mich dankend an und die beiden gehen mit Claire raus und machen die Tür zu. Ich setzte mich neben ihn hin und gucke mir wie er das Plakat an. „In was verliebst du dich?“ frage ich ihn, als wäre es eine normale Frage. Er guckt mich mit zusammengezogenen Augenbrauen an. „Na, verliebst du dich ins Aussehen, oder in den Charakter? Ist es egal ob Frau oder Mann?“. Er guckt mich an, und an seinem Blick sehe ich, dass ich auf der richtigen Spur bin. „Woher weißt du es?“ fragt er leise, aber ich zucke nur mit den Achseln. „Weiß ich ja nicht. Dafür müsstest du mir antworten.“ Sage ich und lächle ihn warm an. Er guckt mich nicht an und scheint zu überlegen. „Männer. Ich liebe Männer.“ Sagt er leise und schaut mich an. Ich zucke mit den Schultern und sage: „Na, und? Ich auch.“. Sein kleines Lachen zieht sich auf seinen Lippen und er sagt: „Das ist aber was anderes.“. Ich schüttle den Kopf und sage: „Finde ich nicht.“. Er hebt eine braue und fragt etwas sauer: „Du findest es also nicht ekelhaft, widerlich, unmenschlich und gestört?“. Das sind die typischen Vorurteile, die viele haben. Leider gibt es auch viele Menschen, die sowas sagen, doch ich finde Menschen, die sowas sagen Behindert. Ich schüttle selbstbewusst den Kopf und sage: „Ich finde Menschen, die sowas nicht akzeptieren Ekelhaft, widerlich, unmenschlich und gestört.“. Er atmet hörbar aus und lehnt sein Kopf gegen meine Schulter. „Und was ist mit den Jungs?“. Fragt er irgendwann. Ich muss lange überlegen. Ich glaube nicht, dass sie etwas dagegen sagen. Dafür sind die drei zu lange befreundet. Nur denke ich, dass er es trotzdem nicht möchte, dass die beiden es wissen. „Sie werden sicherlich nichts dagegen haben. Nur musst du es wirklich wollen, dass sie es wissen. Wenn du es ihnen nicht sagen willst, musst du es nicht.“ Sag ich und er nickt. Sein Kopf hat er immer noch auf meiner Schulter, aber ich habe da nichts gegen. „Woher wusstest du es?“ fragt er und guckt mich dafür an. Er klingt nicht sauer, oder vorwurfsvoll, nur Neugierig. „Der jüngste von meinen Brüdern, Milan heißt er, hatte sich damals mit siebzehn geoutet. Er war zuerst zu mir gekommen und du hattest mich einfach in dem Moment an ihn erinnert. Auch er hatte rote Augen von Weinen und er machte einen müden und überforderten Eindruck. Er konnte mir nicht in die Augen sehen und hatte knappe Sätze gesagt.“ Erkläre ich ihn. Ich war zu dem Zeitpunkt vierzehn gewesen, aber auch da schon fand ich es in Ordnung. Er war ja dennoch mein Bruder. Meine anderen Brüder fanden es auch nicht schlimm und haben daraus Späße gemacht, dass er dann mit mir die Männerwelt bewerten kann. Die Witze waren harmlos und Milan hatte genug Humor, um es witzig zu finden. Meine Mutter hatte da auch nichts gegen, nur mein Vater brauchte Zeit, damit klar zu kommen. „Er hat mittlerweile seit vier Jahren einen Freund. Mein Vater brauchte damals etwas, aber als Milan ihn das erste Mal mit nach Hause gebracht hat, hat auch mein Vater damit sich anfreunden können. Er ist super nett und wir lieben ihn alle.“ Sage ich lächelnd. Ich gucke ihn an und er nickt. „Als ich nach Hause gelaufen bin habe ich ein paar gesehen und sie waren so glücklich. Es war eine Frau mit einem Mann, aber ich habe mich halt gefragt, ob ich auch jemals so glücklich werde. So offen.“. Ich lege meine Hand auf seine Schulter und sage: „Bestimmt. Und ich werde dir helfen. Wir werde uns in die Tiefen des Internets stürzen, um dir einen Adonis zu finden.“. Er lacht und nickt. Ich stelle mich hin und muss merken, dass mein Hinter eingeschlafen ist. Ich biege meinen Rücken durch und höre ein lautes Knacken. „Na, geht’s noch Oma?“ fragt er scherzend und steht auch auf. „Sehr lustig.“ Sage ich augenrollend, doch er fängt an zu kichern. „Ich werde es ihnen irgendwann erzählen, aber jetzt noch nicht.“. Ich nicke und mache die Tür auf. Daniel und Chase sitzen beide auf dem Sofa und gucken uns fragend an. Jay schluckt neben mir schwer, doch sagt dann: „Ist wieder alles gut.“ Er setzt sich zwischen den beiden und Daniel fragt: „Was war denn los?“. Er schüttelt den Kopf und sagt: „Erzähle ich irgendwann, aber jetzt noch nicht.“. Daniel findet es wohl ein bisschen blöd, aber Chase kommt ihn zu vor und sagt: „Ist Okay. Du sagts es uns, wann du es möchtest.“ Und er guckt dabei Daniel vielsagend an. Daniel nickt brummig. „Wo ist Claire?“ frage ich die zwei. „Sie muss morgen früh aufstehen, weil sie noch zu ihren Eltern wollte.“ Ich nicke. Ich bin nicht sauer, dass sie mir nichts gesagt hatte. Ich glaube, sie hatte es auch erwähnt, dass sie da morgen hinwollte, aber sicher bin ich mir nicht. „Ich hole Popcorn für uns.“ Sage ich und gehe in die Küche. Ich mache in der Mirowelle das Popcorn fertig und süße es noch einmal. Nur Süßes Popcorn ist wahres Popcorn.
Ich gehe zurück ins Wohnzimmer, wo Daniel und Jay sich wieder zanken, aber wieder aus Spaß. Chase war aufgestanden und ist wahrscheinlich nach oben gegangen. Die Tür zur Treppe ist jedenfalls offen und das Licht ist an. Ich stelle die Schale Popcorn auf dem Tisch, doch Jay schnappt sich sie und sagt zu mir: „Emma, bleib bitte genauso stehen.“. Ich bewege mich nicht und habe keine Ahnung, was er vorhat. Ich bin ziemlich weit nach vorne gebeugt. Mein weites T- Shirt fällt nach vorne und ich kann mir vorstellen, dass man mir ein bisschen ins den Ausschnitt gucken kann. Doch bei Jay mache ich mir keinen Kopf. Er dreht sich zu Daniel um und sagt Herausfordernd: „Sieh zu und lerne.“. Er nimmt sich ein Popcorn zwischen seinen Finger und wirft ihn auf mich. Er trifft genau in den Kragen vom Shirt und das Essen fällt in meinen Ausschnitt. Daniel schüttelt den Kopf und Jay hebt die Arme und sagt: „Geschafft!“. Er feiert sich selber, als hätte er das wichtigste Spiel der Welt gewonnen. Ich stelle mich aufrecht hin und schüttle mein Shirt, bis das Popcorn auf dem Boden fällt. Ich hebe es auf und bewerfe Jay damit. Er bekommt sich vor Lachen kaum ein und ich rolle mit den Augen. Chase kommt von oben wieder und guckt Jay an, der schon Tränen vor Lachen bekommen hat. Daniel und ich sind kurz davor zu lachen, weil es bei Jay echt schwer ist ernst zu bleiben. Jay guckt sich Chase an und sagt: „Ich habe getroffen!“ und hebt die Arme, aber fängt dadurch noch mehr an zu lachen. Nun kann sich Daniel nicht beherrschen und auch ich muss lachen. Ich setzte mich am Rand des Sofas hin, weil Jay sich auf dem kompletten Sofa breit gemacht hat, und wie eine sterbende Robbe nun dort liegt, und nicht aufhören kann zu lachen. Chase kann sich ein Lächeln nicht verkneifen, aber trotzdem fragt er mich: „Was ist denn passiert?“. Ich will gerade erklären, da sagt Jay lachend: „Warte.“ Und nimmt sich wieder ein Popcorn zwischen seinen Fingern. „Wehe!“ sage ich und hebe den Finger, doch Daniel sagt: „Das schaffts du eh nicht. Sie sitzt jetzt aufrecht.“. Jay ist auf einmal ganz still und konzentriert sich sehr. Er wirft und trifft. Da das Shirt sehr weit ist, hatte das Popcorn genug Platz um in meinem Ausschnitt zu landen. Jay klatscht laut in seinen Händen und Daniel schüttelt lachend den Kopf. Auch Chase muss sich ein Lachen verkneifen, nur ich schmunzle, während ich das T- Shirt wieder schüttle. Ich habe es und lege es auf den Tisch Jay setzt sich aufrecht hin und sagt lachend: „Ich hätte ihnen auch helfen können.“. Ich schlage gegen seine Hand und sage drohend, aber lachend: „Mach es und du hast keine Hand mehr!“. Er lacht nur und macht Platz, damit Chase sich noch neben mir setzten kann. „Ich mache nie wieder Popcorn.“ Sage ich leise, aber Jay hat es trotzdem gehört. Er fasst sich an die Brust und sagt: „Das Verletzt mich zutiefst.“. Ich fange an zu lachen und Daniel sagt: „Keine Sorge Kumpel. Ich weiß wie das funktioniert.“ Jay hebt die Arme und lässt sich nach hinten fallen und ist daher auf Daniels Schoß mit seinem Oberkörper. „Zum Glück! Sonst wäre ich gestorben.“ Sagt er scherzend. Daniel schüttelt nur den Kopf und Jay setzt sich wieder aufrecht hin. Chase beobachtet sie das geschehen, als hätte er eine Ahnung, worüber Jay und ich gerade geredet haben.
Wir gucken uns den Rest der ersten Staffel an, doch die zweite wollen wir erst morgen angucken. Ich gehe als erste nach oben ins Bad und putze meine Zähne und flechte mein Haar ein und gehe in mein Zimmer. Ich ziehe mir meine Schlafsachen an und lade mein Handy auf. Claire hatte mir eine Nachricht hinterlassen:

Claire: Bitte erzähle mir, was mit Jay los ist. Ich möchte gerne wissen, ob es ihn gut geht.

Ich: Es ist alles wieder gut, aber ich darf es dir nicht sagen.

Eine Antwort kommt nicht, also lege ich mein Handy zur Seite und kuschle mich ein. Meine Augen fallen auch schnell zu.

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Hattet ihr sowas erwartet?
Ich persönlich habe nichts gegen Homosexuelle. Niemand kann etwas gegen Gefühle tun und soll es auch  nicht.
Ich hoffe ihr seid meiner Meinung.
LG Moon 💋❤

Tragedy HappinessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt