26. Chase

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Die Tür fällt zu und sie sind weg. Mit einem dumpfen Gefühl gehe ich ins Wohnzimmer, wo mich Daniel schon vielsagend anguckt. Ich zucke mit den Achseln, doch mein Kumpel kennt mich zu gut. Er schüttelt seinen Kopf und sagt: „Du erzählst mir jetzt was passiert ist!“. Auch wenn er nicht laut wird, macht seine Stimme ordentlichen Druck. Ich schlucke, doch schüttle meinen Kopf und gehe einfach nach oben. Ich kann nicht seine Fragen beantworten, wenn ich meine noch nicht mal selber beantworten kann. War es falsch sie zu küssen? War es falsch mit ihr überhaupt zu tanzen? Oder war es falsch mich dafür zu entschuldigen? Ich weiß es einfach nicht.
Ich knalle meine Zimmertür zu und schmeiße mich aufs Bett. Ich gucke meine Zimmerdecke an und versuche hinzuhören, ob die Tür zur Treppe aufgeht und Daniel doch noch kommt. Zuzutrauen wäre es ihn. Doch die Tür bleibt zu und ich konzentriere mich auf meine Gedanken. Auf diese Situation. Sie ist nämlich einfach nur beschissen. Ich hätte sie nicht küssen dürfen, aber ich wollte mich gestern einfach nicht zurückhalten. Konnte ich auch irgendwie nicht. Ich habe sie gehalten und wir haben getanzt. Auch wenn ich es so nicht möchte, bereue ich nur, dass ich sie wieder von mir weggestoßen habe. Nur habe ich einfach Panik bekommen.
Ich stecke mir irgendwann Kopfhörer in die Ohren und höre laut Musik. Auch wenn ich schon heute Joggen war, will ich unbedingt noch eine Runde laufen. Mich abregen. Ich gucke auf die Uhr und muss feststellen, dass es mittlerweile zweieinhalb Stunden her, dass Emma, Claire und Jay gegangen sind.
Ich ziehe mir meine Sportsachen an und gehe nach unten. Im Wohnzimmer ist niemand, aber ich höre wie die Tür aufgemacht wird. Meine erste Idee ist es sich wie ein Feigling wieder nach oben zu verziehen, aber das mach ich nicht. Ich prüfe, ob ich alles habe und verbinde die Kopfhörer mit meinem Handy und gehe zur Tür. Jay guckt mich mit zusammengezogenen Augenbrauen an, aber er sieht es schon an meinen Sachen, dass ich nur Joggen will. Emma ist in der Küche, aber das habe ich nur aus dem Augenwinkel gesehen. Ich gehe nach draußen und laufe meine typische runde.
*
Mein Wecker hat echt den schlimmsten Ton auf der ganzen Welt. Ich sollte mir echt einen neuen holen. Mürrisch gucke ich auf die Uhr. Es ist halb sieben. Ach Ja… Heute beginnt die Uni wieder. Es sind zwei Tage seit der Party vergangen. Seit zwei Tagen geht Emma mir so ziemlich aus dem Weg. Verübeln kann ich ihr es nicht.
Ich schnappe mir meine Sportsachen und schleiche mich aus der Wohnung. Ich laufe und höre mir dabei meine Musik an. Nur muss ich zweimal überspringen, weil die Lieder Hollywood und Lovefools auch in meiner Playliste sind. Bei dem ersten Song haben wir angefangen zu tanzen. Bei dem zweiten Song haben wir uns geküsst. Und das schlimme ist, dass ich immer, wenn ich sie sehe, in den Armen nehmen will. Das ich mit meinen Fingern in ihre Haare fahren will. Aber ich muss mich mehrmals ermahnen. Ich darf ihr nicht näherkommen. Nicht bei der Scheiße, die passiert ist.
Ich laufe eine halbe Stunde und komme Zuhause an. Ich schließe die Tür und sehe, dass jemand schon in der Küche ist. Die Tür ist nur ein Spalt offen, aber ich gucke dennoch rein. Ich mache die Tür etwas auf und sehe, wie Emma sich schon einen Kaffee macht. Sie guckt mich überrascht an, aber guckt dann wieder zur Kaffeemaschine. „Möchtest du irgendwas bestimmtest zu Trinken haben?“ fragt sie, als ich mich gerade umdrehe. Ich gucke sie überrascht an, aber sie ist konzentriert dabei den Wasserkocher zu befüllen. „Nein, danke.“ Sage ich, aber gut getroffen freundlich. Dafür das in meinem Kopf ein großes Caos entsteht. Sie nickt und ich gehe nach oben. Unter der Dusche lasse ich mir etwas zu viel Zeit. Wenn das so den ganzen Tag über so bleibt, dann werde ich mich ja super auf die Dozenten und Professoren konzentrieren können.
Als ich umgezogen wieder nach unten gehe, höre ich schon Daniel und Jay sich zanken. Ich bleibe im Türrahmen stehen und sehe, dass Emma und Daniel den absolut müden Jay Kaffee andrehen wollen. Der Typ hasst den Kram und würde sich eher eine ganze Vodka Flasche in den Hals kippen um wach zu werden.
Ich setzte mich neben Jay und wir frühstücken in Ruhe. „Wer fährt?“ fragt Daniel und guckt in die Gruppe. Emma hebt die Hände und sagt: „Ich bin raus. Ich habe keinen Führerschein.“. Jay und Daniel gucken sie an, als hätte sie nicht mehr alle Tassen im Schrank. „Warum?“ fragt Jay nur und Emma beginnt zu kichern und sagt: „Habe die Prüfung verkackt. Und mir hatte die Zeit und das Geld gefehlt für einen zweiten Versuch.“. Mein rechter Mundwinkel zuckt, weil ich mich daran erinnere, dass ich bestimmt sie genauso doof wie Daniel angeguckt habe. Nur wandert er direkt nach unten, weil mir klar wird, wieso wir da überhaupt drüber geredet haben. Und das ist einer der Gründe, warum ich Abstand halten muss. „Ich kann fahren.“ Sagt Jay und guckt mich fragend an. Ich nicke, weil ich weiß, dass er am liebsten mit meiner Karre fährt, aber für mich ist es in Ordnung.
Wir fahren um zehn vor los. Die Fahrt an sich dauert nicht lange, aber einen Parkplatz zu finden schon. Jay lenkt den Wagen, während ich neben ihn sitze und auf meiner Seite nach einer Parklücke suche. Schließlich finden wir eine und er parkt perfekt ein. „Auf mich braucht ihr später nicht zu warten. Ich gehe zu Claire.“ Sagt sie und wir nicken. Jay und sie gehen vor während ich mit Daniel etwas weiter hinten laufen. Außer Hörweite. Er guckt mich fragend an, aber fragt nichts, sondern sagt nur: „Ich habe keine Ahnung, was passiert ist, nur weiß ich, dass es irgendwie mit der Party zu tun haben muss. Wenn du mir es nicht erzählen möchtest kann ich damit leben, aber rede dir nicht ein, du hättest es nicht verdient.“. Daniel kennt mich einfach. Er war da und hatte sich die Scheiße angeschaut, die ich verzapft habe. Die er verzapft hat. Er war dabei, als ich mich gebessert habe und kennt mich daher zu gut. Ich nicke einfach nur und will darüber nicht weiterreden. Irgendwie muss ich ja den Tag überleben.

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