Der Gedanke, dass ich einen Stalker haben könnte, ließ mich den gesamten restlichen Tag nicht mehr los und als ich mich schließlich abends im Bett hin- und herrollte, weil ich nicht schlafen konnte, reichte es mir. Kurzerhand griff ich nach meinem Handy und schrieb Kai eine Nachricht, dass ich JuliansNummer brauchte, dann scrollte ich eine Weile durch meineKontakte und fand einen Namen, den ich lange nicht mehr auf meinem Display gesehen hatte. Kurz zögerte ich, dann wechselte ich zu WhatsApp und begann zu tippen.
E: Hallo Niklas, hier ist Emily. Ich hab dich seit Beginn der Saison noch kein einziges Mal gesehen und wollte fragen, wie es dir so geht.
Bevor ich es mir anders überlegen konnte, schickte ich die Nachricht ab und sah, dass Kai mir kommentarlos Julians Nummer weitergeleitet hatte. Ich bedankte mich und begann eine Nachricht an meinen Exfreund zu schreiben, löschte aber immer wieder ganze Sätze, weil ich mit nichts zufrieden war. Letztendlich entschied ich mich dafür, ihn ebenso wie Niklas nicht direkt auf die Blumen anzusprechen.
E: Hi, hier ist Emily. Ich weiß nicht, ob du meine Nummer noch hast, aber ich dachte, jetzt wo wir versuchen, wieder sowas wie Freunde zu werden, könnte ich dich ja mal fragen, wie es dir so geht. Wenn du nicht möchtest, musst du mir natürlich nicht antworten, aber ich würde mich freuen :)
Halbwegs zufrieden schickte ich die Nachricht ab und fühlte mich tatsächlich besser. Morgen oder in ein paar Tagen würde ich wissen, ob einer der beiden mir die Sachen geschickt hatte und dann würde ich hinterher wahrscheinlich über meine Paranoia lachen.
Tatsächlich dauerte es keine Tage, sondern nur wenige Stunden bis ich zwei Antworten auf meinem Display entdeckte. Da Julian zuerst geschrieben hatte, öffnete ich auch seinen Chat zuerst und begann bei seiner Nachricht unwillkürlich zu lächeln.
J: Hey Emily, wie schön, dass du dich meldest🙂 Natürlich wäre es toll, wenn wir wieder miteinander schreiben würden, jetzt wo wir Freunde sind. Wie geht's dir denn so? Ich hab gesehen, dass ihr recht gut in die neue Saison gestartet seid💪🏻
Ich war also nicht die einzige von uns beiden, die den fußballerischen Werdegang des anderen verfolgte. Das beruhigte mich irgendwie und es freute mich, dass ich ihm offensichtlich nicht egal war, obwohl ich ihn so verletzt hatte. Ich begann eine Antwort zu tippen, war aber mit nichts wirklich zufrieden, was mich frustriert Seufzen ließ. In diesem Moment ertönte die Klingel und ich legte schnell mein Handy weg, um zu sehen, wer unten vor der Haustür stand. Neben meiner Wohnungstür befand sich die Freisprechanlage, die ich jetzt betätigte. "Bender?" "Frau Bender, ich hab hier ein Paket für sie." "Alles klar, ich komme runter." Schnell schlüpfte ich in meine Schuhe und schnappte mir den Wohnungsschlüssel, dann eilte ich die Treppen nach unten und nahm dem Postboten das große Paket, das er für mich hatte. Anschließend lief ich wieder hoch, um es auszupacken. Zu meiner Enttäuschung stand kein Absender drauf und ich wurde nervös, weil sich in mir eine dunkle Vorahnung breit machte. Meine Vermutung wurde bestätigt, als ich im Inneren des Pakets haufenweise Fake-Rosenblätter entdeckte. Ich durchwühlte sie und ergriff lauter Kleinigkeiten. Zu einer Tasse mit weihnachtlich geschmückten Tannen gehörte ein Früchtetee mit essbaren Obststückchen darin, zu einer pflegenden Gesichtsmaske gehörte ein Entspannungsbad mit Rosenduft, zu einer Tafel meiner Lieblingsschokolade gehörte eine Packung Kekse. Zuletzt fischte ich eine Karte vom Boden des Kartons, auf deren Vorderseite ein riesiger Strauß rote Rosen abgedruckt war. Mit zittrigen Fingern las ich den Text auf der Rückseite.
Liebe Emily,
ich dachte mir, dass du dein neues Buch bestimmt gerne bei einer Tasse Tee in der Badewanne lesen möchtest und deine Lieblingsschokolade darf da natürlich auch nicht fehlen. Lass es dir gut gehen ;)Dass das Paket von derselben Person war, wie all die bisherigen Geschenke, war also klar, denn ich hatte niemandem von dem Buch erzählt, das neulich vor meiner Wohnungstür auf mich gewartet hatte. Seufzend packte ich alles wieder in den Karton und legte das Buch und alle Karten, die bei den Geschenken dabeigewesen waren, ebenfalls hinein. Dann schob ich ihn unter den Esstisch und beschloss, dass ich Julian und Niklas einfach direkt fragen musste, ob einer der beiden mir diese Sachen geschickt hatte. Also schnappte ich mir mein Handy und ließ mich auf die Couch fallen und schreib zunächst Julian.
E: Mir geht's gut, aber leider hab ich mich gestern beim Training verletzt😕 Der Verein wird das vermutlich morgen oder übermorgen bekannt geben, weil ich dann ja am Samstag auch nicht spielen kann. Ich hab gesehen, dass du auch angeschlagen warst und individuelle trainiert hast. Wie siehts denn jetzt bei dir aus? Außerdem wollte ich dich fragen, ob du mir vielleicht in den letzten Tagen ein Paket geschickt hast. Ich hab nämlich eins bekommen, aber da steht kein Absender drauf🤔
Nachdem das erledigt war, öffnete ich den Chat mit Niklas, las mir seine Nachricht durch und antwortete.
N: Hi, ich war ehrlich gesagt ganz schön überrascht, von dir zu hören. Mir geht's ganz gut, aber mein Vater bereitet mir im Moment ziemliche Sorgen. Und wie geht's dir? Ich hab per Flurfunk mitgekriegt, dass du dich beim Training verletzt hast...
E: Das mit deinem Vater tut mir Leid😔 Wenn ich dir irgendwie helfen kann, dann sag mir bitte Bescheid! Das mit meiner Verletzung hast du richtig gehört, ist ziemlich ärgerlich, aber das wird schon wieder😌
Diese Frage kommt jetzt bestimmt überraschend, aber hast du mir vielleicht ein Paket geschickt? Ich hab eins ohne Absender bekommen und keinen blassen Schimmer, von wem es sein könnte...Seufzend sperrte ich mein Handy wieder und überlegte, wie ich mich jetzt ablenken könnte. Auf der Suche nach einer Beschäftigung sah ich mich im Raum um und mein Blick fiel auf die aufgeblätterte Zeitung auf dem Wohnzimmertisch. Ich hatte zuletzt vermehrt die Anzeigen des Tierheims darin gelesen, weil mir der Gedanke gekommen war, dass ich mir ja einen Hund anschaffen könnte. Seit Julian und ich getrennt waren, vermisste ich Nala unglaublich und ich hasste es, nach Hause in eine leere und völlig stille Wohnung zu kommen. Diese Woche war ich noch nicht zum Nachschauen in der Zeitung gekommen, aber das konnte ich ja jetzt nachholen. Motiviert lief ich zum Wohnzimmertisch und griff nach dem Objekt meiner Begierde. Schnell blätterte ich zu der Seite mit der Tierheim-Anzeige und bekam große Augen, als ich die Fotos und Beschreibungen der drei Hunde sah, die diesmal darin vorgestellt wurden. Es schien wie Liebe auf den Blick zu sein, als ich die Mischlingshündin Bonnie auf dem kleinen Bild sah. Kurzerhand sah ich auf die Uhr und kontrollierte, dass das Tierheim gerade offen hatte, dann verließ ich grinsend meine Wohnung und lief zu dem Tierheim, das gar nicht weit von meinem Zuhause entfernt war. Dort angekommen suchte ich nach einem Mitarbeiter und fand schnell einen jungen Mann, der mir Bonnie vorstellte. Sobald wir uns Bonnies Zwinger näherten, tapste sie in dessen Ecke und sah sich aufmerksam nach mir um. "Kann ich direkt zu ihr rein?", erkundigte ich mich und der Tierheimmitarbeiter nickte und schloss mir auf. Lächelnd kniete ich mich vor Bonnie, obwohl mir das in meinem verletzten Bein ziemlich weh tat, und steckt meine Hand nach ihr aus. Sofort tapste sie auf mich zu und schleckte meine Hand ab, dann traute sie sich näher heran und schmiegte sich an mich. Überglücklich wuschelte ich ihr durch das goldene Fell und sah dann zu dem Mitarbeiter, der uns schmunzelnd beobachtete. "Sie sehen aus, als hätten Sie sich entschieden", stellte er fest und ich nickte. "Sie ist wie gesagt total lieb und kann sowohl mit anderen Menschen als auch Hunden gut. Um regelmäßig viel Sport mit ihr zu machen, ist sie nicht wirklich zu begeistern, aber ausgiebige Spaziergänge und anschließendes Kuscheln liebt sie. Und sie ist es auch gewöhnt, mal eine Weile allein zu sein, freut sich aber immer über Gesellschaft", erklärte er und ich musste grinsen. "Sie ist perfekt und genau das, was ich gesucht habe." Glücklich sah ich die Hündin an und kraulte sie hinter den Ohren. "Was meinst du Bonnie? Wir zwei werden ein super Team, stimmts?"
Ich liebe Bonnie, obwohl sie ein fiktiver Hund ist😍 Was haltet ihr von Emilys Idee, sich durch ihre neue Freundin weniger einsam zu fühlen?
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Plötzlich zwei Leben?
FanfictionDritter Teil der "Plötzlich zwei...?"-Trilogie Vier Monate sind vergangen seit Emily und Julian sich getrennt haben. 16 Wochen, in denen beide auf ihre eigene Art versucht haben, mit der neuen Situation leben zu lernen. 112 Tage, die gereicht haben...