Einen Tag nach Julian in Kapitel 21 bei Julian: (also jetzt praktisch zeitgleich mit Emily)
"Hey, ich bin so schnell gekommen, wie ich konnte", begrüßte mich der ehemalige Leverkusener Torwart und wir umarmten uns kurz. "Gut, dass du da bist, Bernd. Du musst den Polizisten unbedingt ganz genau erzählen, was Emily am Telefon zu dir gesagt hat." "Mach ich. Wo müssen wir hin?" "Hier entlang. Die anderen warten schon im Büro von Kommissar Sydlik." Gemeinsam liefen mein ehemaliger Teamkollege und ich zu dem Raum, wo Sven, Laura, Lars, Nele, Kai, Sophia und Marco uns bereits erwarteten. Sie alle begrüßten Bernd, dann lauschten wir angespannt seiner Erzählung von ihrem gemeinsamen Telefonat. "Das letzte, was ich gehört hab, war ein schmerzvolles Stöhnen und dann war die Leitung tot", schloss er seinen Bericht. "Wissen Sie vielleicht, in welchem Club sie feiern war?", erkundigte sich Sydliks Kollegin Breme. Bernd schüttelt den Kopf, aber Laura nickte und zog ihr Handy hervor. "Sie wurde von der Presse erwischt, auf den Fotos müsste man eigentlich erkennen können, welcher Club es war." Sie zeigte den Beamten ein Foto aus der Presse und Kommissarin Breme verließ den Raum, um in Erfahrung zu bringen, ob es irgendwelche Kameras vor dem Club gab. "Das scheint keine impulsive Entführung zu sein, sondern lange und bis ins Detail geplant. Diese Postkarten sind teilweise vor Wochen abgestempelt worden und wir haben vom Blumenlieferdienst bereits erfahren, dass sie mehrfach Sträuße mit überwiegend rosa Gerbera erhalten hat. Allerdings wurden die Bestellungen ohne Namen und von einem Prepaidhandy aus in Auftrag gegeben." "Das sind ihre Lieblingsblumen", murmelte ich und Laura nickte. "Das sind alles ihre Lieblingssachen. Der Autor des Buches, die Pralinen, einfach alles. Wer auch immer ihr die Sachen geschickt hat, kennt sie wirklich gut." Ich schluckte und biss mir auf die Lippe. "Ich will wirklich nicht wie der eifersüchtige Exfreund klingen, aber könnte es Niklas gewesen sein? Die beiden waren sich immerhin ziemlich... nah." Das letzte Wort kam mir eher widerwillig über die Lippen, aber Kommissar Sydlik schüttelte den Kopf. „Wir haben in Frau Benders Handy Textnachrichten gefunden, die zeigen, dass sie denselben Verdacht hatte und ihn danach gefragt hat. Er hat das bestritten und wir haben bereits überprüft, dass er ein Alibi für die Entführungszeit hat." Sven rieb sich schnaufend die Schläfen. "Aber diese Texte auf den Karten, die zeigen doch, dass sie sich kannten. Irgendwoher kennt Emily ihren Entführer und zwar mehr als nur flüchtig." Er seufzte tief, dann stand er auf. "Ich brauch mal frische Luft." Mit schnellen Schritten verließ er den Raum und ich konnte es ihm nicht verdenken. Fragend sah ich Kommissar Sydlik an. "Was passiert als nächstes?" "Wir müssen sehen, ob es irgendwo vor dem Club Kameras gibt, die uns Auskunft über Frau Benders Barbekanntschaft geben. Die Sachen, die ihr geschickt wurden, sind bereits in der KTU und werden auf Fingerabdrücke oder DNA-Spuren untersucht. Bis dahin können wir nur warten und Sie können uns leider nicht weiterhelfen. Sie sollten nach Hause gehen und versuchen sich auszuruhen. Sobald wir etwas neues wissen, melden wir uns." Ich nickte widerwillig und obwohl ich am liebsten hier gewartet hätte bis es Neuigkeiten gab, wusste ich, dass das unvernünftig war. Also stand ich auf und die anderen taten es mir gleich. "Wer mag, kann gerne zu uns nach Hause kommen", bot Laura an," Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber ich möchte jetzt nicht alleine sein." Wir verließen die Polizeistation und Laura, Sven, Lars und Nele fuhren direkt zu Emilys Bruder nach Hause. Entschuldigend sah Marco mich an. "Ich würde gerne noch bleiben, aber ich glaube, ich störe ein wenig und morgen ist wieder Training und ich-" Verständnisvoll nickte ich. "Natürlich. Mach dir keinen Kopf und fahr einfach. Danke für alles. Und grüß die Jungs von mir." Marco nickte und zog mich in eine kurze Umarmung. "Halt mich auf dem Laufenden und lass den Kopf nicht hängen. Deine Emily schafft das schon." "Sie ist nicht meine-", begann ich ihn zu korrigieren, aber er schüttelte schmunzelnd den Kopf. "Sogar ein Blinder sieht, was du noch für sie empfindest, Brandt. Und ich mach dir die Hölle heiß, wenn du ihr das nicht sagst, sobald du sie wiederhast." Ich schwieg einfach nur, während Marco sich auch noch von Bernd, Kai und Sophia verabschiedete, dann stieg er in seinen Wagen und fuhr davon. Fragend sah ich die anderen drei an. "Wollt ihr zu Sven und Laura fahren?" Sophia nickte. "Ja. Ich kann jetzt einfach nicht allein sein und es fühlt sich irgendwie richtig an, jetzt mit ihrer Familie zusammen zu sein." Auch Bernd nickte. "Wenn ich jetzt alleine wäre, würde ich glaub ich durchdrehen. Vor allem, weil ich sie in den letzten Monaten wie ein Arsch behandelt habe und der Gedanke, dass das vielleicht das letzte ist, was sie von mir mitgekriegt hat-" Er sprach nicht weiter, aber wir wussten alle, was er meinte. Ich musste Emily doch noch sagen, dass ich noch Gefühle für sie hatte! Wenn sie starb, könnte ich mir das nie verzeihen und ich konnte mir auch nicht vorstellen, dass das Leben noch einen Sinn hätte, wenn sie nicht mehr da wäre.(Einen Tag später)
Die Zeit schien elendig langsam zu vergehen. Wir hatten gestern den gesamten Nachmittag zusammen bei Laura und Sven verbracht und ich hatte mich so gut wie möglich abgelenkt, auch wenn sich in ruhigen Momenten immer wieder der Gedanke in meinen Kopf schlich, dass Emily vielleicht schon tot war. In der Nacht hatte ich kaum geschlafen und als wir uns am heutigen Morgen wieder bei Laura und Sven trafen, konnte ich an den Augenringen der anderen erkennen, dass ich nicht der einzige war, dem es so ging. Stumm saßen wir alle im Wohnzimmer, bis Laura leise das Wort ergriff. "Ich denke, ich mache uns allen mal Frühstück. Es hilft Emily nicht, wenn wir nichts essen." Sie stand auf, um in die Küche zu gehen, schwankte jedoch bedrohlich und wäre umgekippt, wenn Sven nicht aufgesprungen wäre, um sie festzuhalten. "Du machst gar nichts. Es hilft Emily nämlich auch nicht, wenn du zusammenbrichst." Sanft half er ihr, sich wieder hinzusetzen. "Dann gehe ich jetzt wohl mal Frühstück machen." "Ich helfe dir", murmelte ich und stand ebenfalls auf. Gemeinsam liefen wir in die Küche und holten stumm alles Essbare aus den Schränken. Müsli, Milch, Aufbackbrötchen, Butter, Marmelade, Käse, Nutella, Schinken. Meine Bewegungen waren beinahe mechanisch und ich sah, dass es bei Sven nicht anders war. Ich holte gerade ein paar Müslischälchen raus, als ich ihn plötzlich schluchzen hörte. Erschrocken drehte ich mich um und stellte fest, dass er mit bebenden Schultern dastand und eine Tasse in der Hand hielt. Ich erkannte sie sofort, denn ich besaß eine ähnliche. Nachdem Emily eine Weile Probleme mit Selbstverletzung gehabt hatte, hatte sie im Rahmen ihrer Therapie einen Töpferkurs belegt und sowohl für ihre Brüder, als auch für mich eine Tasse getöpfert und bemalt. Ich benutzte sie nie, weil sie viel zu schade war, sondern hatte sie meistens irgendwo als Dekoration stehen. Vorsichtig lief ich zu Sven und legte ihm eine Hand auf die Schulter. Sofort begann er, sich die Tränen aus dem Gesicht zu wischen. "Sorry." Ich schüttelte verständnisvoll den Kopf. "Du musst dich nicht entschuldigen. Sie ist deine Schwester, du liebst sie." Er nickte schwach und ich drückte seine Schulter leicht. "Die Polizei wird sie finden. Alles wird wieder gut." Mit Tränen in den Augen sah Sven mich an. "Versuchst du gerade mich zu überzeugen oder dich selbst?" Ich schluckte und biss mir auf die Lippe. "Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass Emily mich schon oft überrascht hat, weil sie eine Kämpferin ist. Also muss ich einfach daran glauben, dass sie nicht all ihren Kampfgeist für mich aufgebraucht hat." Sven wollte gerade etwas sagen, als mein Handy klingelte. Ich zog es hervor, hoffnungsvoll, dass es vielleicht die Polizei war, aber es war nur meine Mutter. Seufzend hob ich ab. "Hallo Mama, was gibt's?" "Stimmt es, was im Internet steht? Emily wurde entführt?" "Was? Wie zum Henker hat die Presse das rausgekriegt?", entfuhr es mir wütend, während meine Mutter leise seufzte. "Also stimmt es. Was ist denn passiert?" Ich atmete tief durch. "Wir wissen es nicht genau. Jemand hat sie anscheinend schon seit längerem gestalkt und ihr Geschenke geschickt und alles deutet daraufhin, dass es derselbe ist, der sie auch entführt hat." "Bist du in Leverkusen?" "Ja. Ich musste herkommen, sobald ich davon erfahren hab. Tut mir Leid, dass ich euch nicht Bescheid gesagt habe." "Ach Julian, du hattest doch andere Dinge im Kopf. Versprich mir nur, dass du auf dich aufpasst und uns auf dem Laufenden hältst, ja?" "Mach ich. Danke Mama." "Ich hab dich lieb, mein Großer." "Ich hab dich auch lieb. Mach's gut." Ich legte auf und sah, dass Sven mit finsterer Miene auf sein Handy starrte. "Sie schreiben überall davon. ››Bayer Leverkusens Emily Bender entführt?‹‹, ››Fußballerin Emily Bender wohl entführt‹‹, ››Emily Bender von Stalker entführt‹‹. Verdammt, woher haben die das alles?" Ich zuckte die Schultern. "Nachbarn, Polizisten, was weiß ich. Wir müssen das aber mit dem Verein abklären. Sie müssen es offiziell bestätigen, Leugnen ist jetzt zwecklos." Sven nickte. "Ich klär das. Fangt ihr schonmal an zu frühstücken." Ich nickte und während er den Raum verließ, hörte ich ihn bereits in sein Handy sprechen. "Achim? Hier ist Sven, Emilys Bruder. Es geht um die Gerüchte in der Presse."
![](https://img.wattpad.com/cover/208362293-288-k641255.jpg)
DU LIEST GERADE
Plötzlich zwei Leben?
FanfictionDritter Teil der "Plötzlich zwei...?"-Trilogie Vier Monate sind vergangen seit Emily und Julian sich getrennt haben. 16 Wochen, in denen beide auf ihre eigene Art versucht haben, mit der neuen Situation leben zu lernen. 112 Tage, die gereicht haben...