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Ich summte leise vor mich hin, während ich mit meiner Sporttasche über der Schulter nach oben lief, um zu meiner Wohnung im zweiten Stock zu gelangen. Dort angekommen schloss ich die Tür auf und lief erstmal zur Waschmaschine, um meine schmutzige Wäsche zu bearbeiten. Dann führte mich mein Weg in die Küche, wo ich mir einen Müsliriegel schnappte, mit dem ich es mir auf dem kleinen Balkon bequem machte. Während ich aß, ließ ich meinen Blick über die Umgebung schweifen, dann zog ich mein Handy aus meiner Hosentasche und scrollte ein wenig durch Instagram. Bei einem Bild, das Julian gepostet hatte, blieb ich stehen. Es waren drei Fotos von der Party, die er gegeben hatte und ich stellte fest, dass ich auf keinem davon zu sehen war, was mich erleichtert aufatmen ließ. Das Letzte, was ich jetzt gebrauchen konnte, waren Spekulationen in den sozialen Medien, ob Julian und ich wieder zusammen waren. Davon hatte es seit unserer offiziellen Trennung so einige gegeben und ich war froh, dass seit einem knappen Monat endlich Ruhe herrschte. Wie ich Promiflash und die BILD kannte, würden sie wahrscheinlich in wenigen Wochen wieder einen Beitrag dazu bringen und alles befeuern, worauf ich jetzt schon keinen Bock hatte. Verstanden die nicht, dass es auch so schon schmerzhaft genug war, den Menschen zu verlieren, den man liebte? Seufzend verschlang ich den letzten Bissen meines Riegels, dann öffnete ich die kicker-App und erwischt mich dabei, wie ich nach den letzten Spielergebnissen von Borussia Dortmund schaute und nachsah, ob Julian erneut getroffen hatte. Ein Lächeln schlich sich auf meine Lippen, als ich das Foto seines Spielerprofils musterte. Das gelbe Trikot war ungewohnt und ich vermisst das frühere Rot, das ein schöner Kontrast zu seinen hellblonden Haaren gewesen war, aber sein breites Grinsen machte alles wieder wett. Einen Moment lang musterte ich die Spielerinformationen, dann zuckte ich zusammen, weil es klingelte. Schnell stand ich auf und lief zur Freisprechanlage neben meiner Wohnungstür. "Bender?" "Hallo Frau Bender, ich hab hier eine Lieferung für sie." "Alles klar, ich komme runter." Rasch zog ich mir meine Schuhe wieder an, die ich mir vorhin von den Füßen getreten hatte, dann verließ ich meine Wohnung und eilte die Treppen nach unten. Vor der Haustür erwartete mich ein Mann mit blauer Kappe und blauem Poloshirt mit einem Blumen-Logo darauf. Lächelnd streckte er mir einen riesigen Strauß mit weißen und Rosinen Gerbera entgegen, die ich überrascht musterte. "Die wurden an Sie geschickt. Bitte einmal hier unterschreiben, als Beleg, dass Sie sie erhalten haben." Ich tat wie mir geheißen und der Lieferant verabschiedete sich, während ich irritiert die Blumen musterte. Es waren meine Lieblingsblumen, dass wussten nicht viele Leute, weshalb ich beschloss, einige davon zu fragen. Entschlossen lief ich wieder hoch in meine Wohnung und stellte den Strauß in eine große Vase, dann entsperrte ich mein Handy und fragte meine Brüder, Laura und Sophia, ob sie mir Blumen geschickt hatten. Ihre Antworten bekam ich schon nach wenigen Minuten, aber keiner von ihnen war der Absender. Ich wollte mein Handy gerade wieder ausschalten, als ich noch eine Nachricht von Laura bekam. "Vielleicht sind die Blumen von Julian? Du hast doch erzählt, dass ihr euch bei seiner Party halbwegs ausgesprochen habt..." Tatsächlich machten ihre Worte Sinn, aber würde mir Julian dann Blumen schicken? Das hatte er noch nie gemacht. Er hatte eher selbst welche gekauft und mir den Strauß persönlich überreicht. Überhaupt, diese Aktion trug nicht seine Handschrift. Wir waren immer noch Meilen davon entfernt, wirklich wieder enge Freunde zu werden, weshalb diese Blumen eigentlich unpassend waren. Schulterstücken beschloss ich, nicht weiter nachzuforschen, sondern mich einfach an dem schönen Strauß zu erfreuen. Lächelnd platzierte ich ihn auf meinem Wohnzimmertisch, dann setzte ich mich mit meinem Laptop aufs Sofa und erledigte noch einige Dinge für die Bender-Stiftung, die meine Brüder und ich gegründet hatten.

Zwei Tage später kam ich gerade von einem anstrengenden Spiel zurück und schleppte mich erschöpft zu den Briefkästen, die draußen vor dem Haus waren. Müde schloss ich mein Fach auf, woraufhin mir sofort drei Briefe und eine Karte entgegenkamen. Ich würdigte nichts davon eines Blickes, sondern schloss den Briefkasten wieder und lief zu meiner Wohnung. Dort angekommen chipte ich mir die Schuhe von den Füßen und ging in die Küche, wo ich die Post auf den Tisch legte und mir erstmal etwas zu essen machte. Mit einem kleinen Salat und einem leckeren Stück Fleisch setzte ich mich an den Küchentisch und stellte mal wieder fest, wie sehr mir die gemeinsamen Mahlzeiten fehlten, seit Jannis vor kurzem in eine WG in Köln gezogen war. Nach dem Essen räumte ich das dreckige Geschirr weg und widmete mich endlich der Post. Zwei der Briefe waren Rechnungen, der dritte bezog sich auf eine der Obdachlosenunterkünfte, die die Bender-Stiftung unterstützte. Ich glaubte bereits, mit der Post durch zu sein, als zwischen zwei Briefen eine Karte herausfiel. Ich hob sie auf und stellte fest, dass es eine Postkarte aus Australien war. Verwirrt runzelte ich die Stirn, weil ich absolut niemanden dort kannte und las mir dann die wenigen geschriebenen Zeilen durch.
Liebe Emily,
ich hoffe die Blumen haben dir gefallen, aber da du rosa Gerbera liebst, zweifle ich nicht daran ;)
Es tut mir sehr Leid, wie das mit uns enden musste, aber ich verspreche dir hiermit, alles zu tun, um es wieder gut zu machen.
Ich liebe dich!
Vollkommen irritiert las ich mir Worte noch einige Male durch, aber schlauer wurde ich daraus trotzdem nicht. Wieso sollte Julian sowas schreiben? Wir hatten gerade erst unser Schweigen gebrochen und zivilisiert miteinander geredet, da war diese Liebeserklärung doch völlig verrückt. Tief atmete ich durch und stellte fest, dass mein Herz wie wild pochte und ich verfluchte den Teil in mir, der sich so unheimlich nach Julian sehnte, dass er mir einreden wollte, diese ganze Aktion von ihm sei wunderschön und ich solle zu ihm zurückrennen, um alles wieder ins Lot zu bringen. Aber ich bemühte mich angestrengt auf den rationalen Teil zu hören, der mir verklickerte, dass hier irgendwas faul war. Kopfschüttelnd stand ich auf und legte die Karte neben den Blumenstrauß im Wohnzimmer. Bis ich mich für irgendeine Form von Reaktion entschieden hatte, würde ich die Sachen erstmal so stehen lassen.

Plötzlich zwei Leben?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt