Eine halbe Stunde vor dem Ende von Kapitel 18 bei Julian:
Ungläubig starrte ich die Bilder an, die mir von meinem Handy aus entgegenleuchteten. Das konnte unmöglich wahr sein! Emily war niemand, der einfach so mit einem Fremden rumknutschte und mit ihm irgendwohin fuhr. Während ich mich fragte, was sie wohl dazu getrieben hatte, spürte ich einen unangenehmen Stich in meiner Brust. Nachdem ich bei ihr übernachtet hatte und wir sogar im selben Bett geschlafen hatten, hatte ich gehofft, dass wir auf einem guten Weg waren, um uns wieder näher zu kommen. Natürlich war es auch für mich noch schmerzhaft, ihr nah zu sein, aber es war noch viel schmerzhafter, von ihr getrennt zu sein. Seufzend rieb ich mir die Schläfen, dann beschloss ich, Kai anzurufen. Eigentlich war ich immer noch sauer wegen der ganzen Aktion mit meinem Aufeinandertreffen mit Emily und das hatte ich ihm auch gesagt, aber jetzt brauchte ich einfach meinen besten Freund. Also wählte ich seine Nummer und er hob schon nach kurzer Zeit ab. "Hey Jule." "Hey." "Es ist schön von dir zu hören. Heißt das, du bist nicht mehr sauer?" Ich seufzte. "Eigentlich bin ich noch sauer, aber ich brauche gerade meinen besten Freund, der mir zuhört und mir sagt, was ich jetzt machen soll." "Okay, schieß los." "Nachdem ich Emily im Restaurant getroffen habe, sind wir nicht einfach aufgestanden und gegangen, sondern haben dort gegessen und geredet. Am Anfang lief es ganz gut, auch wenn die Themen nur oberflächlich waren, aber dann hat sie mir irgendwann gestanden, dass es für sie sehr schmerzhaft ist, neben mir zu sitzen und so zu tun, als ob nichts passiert sei. Wir sind ein wenig aneinandergeraten und dann wollte sie gehen, aber ich hab sie nicht allein gehen lassen und nach Hause gebracht. Und dann hat sie mir angeboten, bei ihr zu übernachten, weil ich nicht bei dir übernachten wollte nach der ganzen Aktion. Ich hab zugestimmt und sie hat mir ihr Schlafsofa zurechtgemacht, dann haben wir uns eine gute Nacht gewünscht und ich dachte eigentlich, das war's. Aber ich konnte nicht einschlafen und nach einer Weile stand Emily plötzlich im Wohnzimmer und meinte, dass sie auch nicht schlafen kann und dann hab ich sie eingeladen, bei mir zu schlafen und das hat sie dann auch getan. Verdammt, es hat sich so richtig angefühlt, sie wieder in meinen Armen liegen zu haben. Ja, wir haben uns gegenseitig verletzt und ich hätte diesem Niklas am liebsten den Hals umgedreht, weil die beiden sich geküsst haben, aber als wir da lagen und sie neben mir eingeschlafen ist, da war mir das alles plötzlich komplett egal. Da zählte nur, dass sie neben mir lag." Am anderen Ende der Leitung herrschte einen Moment Schweigen, bevor Kai sich räusperte und ich bereits daran erkannte, dass er breit grinste. "Du merkst selbst, dass du sie immer noch liebst, oder?"Eine halbe Stunde vor dem Ende von Kapitel 18 bei Bernd:
Erschöpft schloss ich die Haustür auf und schlug sie hinter mir zu, dann zog ich mir Schuhe und Jacke aus und brachte meine verschwitzten Klamotten zur Waschmaschine. Das Training war heute mal wieder grottenschlecht verlaufen, wie so oft in letzter Zeit und es fehlte mir, mit jemandem darüber zu reden, der mich aufheiterte. Ich musste unweigerlich an Emily denken und an unsere Treffen voller Gespräche und Oreo-Kekse. Ich vermisste sie, mehr als ich zugeben wollte. Aber im selben Moment dachte ich an Annas Worte, als sie mit mir Schluss gemacht hatte und ich wurde wütend. Auf sie, auf mich und auf Emily, obwohl Emily wohl am wenigsten dafür konnte. Seufzend zog ich mein Handy hervor und scrollte wie so oft in den letzten Monaten durch die Fotos auf meinem Handy, die mich mit meiner ehemaligen besten Freundin zeigten. Es tat weh, sie anlügen zu müssen, aber ich konnte ihr niemals den wahren Grund sagen, wieso ich sie von mir wegstieß. In diesem Moment erschien am oberen Rand meines Bildschirms eine Benachrichtigung vom Kicker und ich öffnete sie.
Strafe für Emily Bender nach ausgelassenem Feiern trotz Verletzungspause
Die Überschrift ließ mich stutzig werden und nachdem ich die wenigen Zeilen darunter gelesen hatte, war mir klar, dass ich Emily anrufen musste, denn irgendwas stimmte da ganz und gar nicht. Also wählte ich ihre Nummer und sie nahm bereits nach kurzer Zeit ab. "Bender?" "Hey Emmi, ich bins, Bernd." "Wow, hey!", entfuhr es ihr erfreut, was mich unwillkürlich zum Lächeln brachte, "Wie geht's dir?" "Nicht so gut. Das Training lief schlecht und dann hab ich in einem Artikel gelesen, dass es dir wohl auch nicht so gut geht. Deshalb wollte ich dich fragen, ob du jemanden zum Reden brauchst." "Wo ist der Haken?", erkundigte Emily sich misstrauisch und ich konnte es ihr nach meinem Verhalten in den letzten Monaten nichtmal verübeln. "Es gibt keinen. Ich war ein Arsch." "Woher die plötzliche Erkenntnis?" Ich rang mit mir. Sollte ich ihr die Wahrheit sagen? Eigentlich hatte ich mir geschworen, das niemals zu tun, aber länger anlügen wollte ich sie auch nicht. Und Anna hatte mich sowieso schon verlassen, was sollte also noch schlimmeres passieren? Aber ich wollte es ihr nicht übers Telefon sagen, sondern persönlich. "Die Erkenntnis kommt nicht plötzlich und ich würde dir gerne alles erklären, weil- weil du mir fehlst." "Du fehlst mir auch", murmelte Emily mit belegter Stimme und ich schluckte hart. "Aber das ist nichts fürs Telefon. Wir haben nächste Woche drei Tage am Stück kein Training oder sonstiges, dann könnte ich dich besuchen kommen." "Das wäre toll. Ich würde jetzt auch gerne noch weiter mit dir reden, aber ich hab es leider ein wenig eilig." "Wieso das?" Ich hörte sie seufzen. "Ich bin auf dem Weg zur Polizei." Ich glaubte, mein Herz würde stehenbleiben. "Was? Warum? Ist dir irgendwas passiert?" "Das weiß ich noch nicht so richtig. Ich hab zuletzt öfter Sachen geschickt bekommen und gestern Abend hab ich diesen Typen im Club getroffen und bin mit zu ihm gefahren und ich befürchte, dass er mein Handy gehackt und mir möglicherweise irgendwas ins Glas gemischt hat. Die Polizei soll mir Blut abnehmen und das checken." "Was denn für Sachen?", erkundigte ich mich besorgt. "Blumen, Pralinen und-" Ein lauter Knall unterbrach Emily und ließ mich zusammenzucken. Dann hörte ich ein Rauschen und das Geräusch einer durchgängig gedrückten Hupe. "Emily? Emily, was ist los? Emily, hörst du mich?" Angespannt hielt ich den Atem an und glaubte, ein schmerzvolles Stöhnen zu hören, dann war die Leitung tot und ich starrte fassungslos an die Wand vor mir.Zur selben Zeit bei Emily:
Ein durchgezogenes Piepen hallte in meinen Ohren wider, während ich die Augen öffnete, um mich zu orientieren. Wo war ich? Was war passiert? Richtig, ich hatte im Taxi gesessen und mit Bernd telefoniert. Und dann? Dieses Auto... Da war ein Auto gewesen! Es war wie aus dem Nichts aufgetaucht und in uns reingefahren. Ich versuchte den Kopf zu heben und stöhnte vor Schmerz auf. "Hallo? Was ist passiert?", erklang plötzlich die Stimme des Taxifahrers. "Wir wurden gerammt. Ich glaube, wir haben uns überschlagen", brachte ich keuchend hervor. Plötzlich ertönten Schritte, die sich näherten und dann erklang eine mir bekannte Stimme. "Was ist denn hier passiert? Hatten Sie etwa einen Unfall?" Mir gefror das Blut in den Adern, als mich jemand packte und ruckartig aus dem Wagen riss, sodass ich vor Schmerz aufschrie und die Augen zusammenkniff. Als ich sie wieder öffnete, bestätigte sich mein Verdacht und ich sah nur kurz sein Gesicht, bevor er ausholte und mich bewusstlos schlug. "Max?"
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Plötzlich zwei Leben?
Hayran KurguDritter Teil der "Plötzlich zwei...?"-Trilogie Vier Monate sind vergangen seit Emily und Julian sich getrennt haben. 16 Wochen, in denen beide auf ihre eigene Art versucht haben, mit der neuen Situation leben zu lernen. 112 Tage, die gereicht haben...