Kapitel 18

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PoV Eren
Einige Tage waren vergangen. Levi schien es immer besser zu gehen, auch, wenn er nicht viel schlief und die Nächte meistens auf dem Balkon saß. Immerhin waren seine nächtlichen Angstattacken weniger geworden.

Morgen würde ich wieder arbeiten gehen. Und ich konnte Levi bereits jetzt ansehen, was für eine Angst er davor hatte.
Er war noch nicht mal eine Woche trocken. Und er meinte, dass wenn er Ablenkung bekommen würde, es nicht so schwer wäre. Doch Levi war Levi, er würde sich niemals freiwillig die Blöße geben und fragen, ob jemand bei ihm bleiben könnte.

Das erwartete auch keiner. Es war verständlich, dass er es alleine schaffen wollte. Doch er musste einsehen, dass es nicht so leicht war. Immerhin war er auch derjenige, der einem Haufen Teenagern – vor ein paar Jahren noch – genau dasselbe gesagt hat. "Ich bin hier, um zu helfen.", hatte er immer gesagt.

In letzter Zeit dachte ich oft daran zurück. Diese vier Jahre, die seitdem vergangen waren, waren größtenteils schön, doch nichts konnte mir in so einer Situation besser helfen als die Zeit meines eigenen Entzugs und der Therapie.

Ich ging zu Levis Schlafzimmer, klopfte zweimal an der weißen Tür und trat nach seinem Brummen ein. Er saß auf dem Bett, den Laptop auf dem Schoß und tippte darauf herum. „Was machst du?", fragte ich und lehnte mich gegen den hölzernen Rahmen der Tür. „Erwins Englisch ist im Eimer, deswegen übersetze ich ihm eine Bestellung.", murmelte er und sah zu mir hoch, klappte den Laptop dann jedoch zu.

„Vertraust du mir dein Auto an?"

Levi hob eine Augenbraue, nickte dann jedoch. „Gut, dann zieh dich an. Wir machen einen Ausflug.", grinste ich und verließ das Zimmer wieder. Vermutlich fragte er sich, wo wir um diese Uhrzeit – immerhin war es schon kurz vor 23 Uhr – an einem Sonntag hinfahren würden.

Kurze Zeit später saßen wir in seinem Auto – er hatte den Jeep vor zwei Jahren gegen ein neueres Modell ausgetauscht – und fuhren aus der Stadt raus. Levi sagte nichts, hatte seinen Kopf an der Fensterscheibe gelehnt und hatte die Augen geschlossen, lauschte der Musik und schien vollkommen entspannt.

Meine Hand wanderte schon fast wie von selbst von der Gangschaltung zu seinem Oberschenkel. Verharrte dort. Levi hatte aufgrund der Bewegung leicht zusammengezuckt, sich danach aber wieder entspannt und seine Hand auf meine gelegt, streichelte – vielleicht bewusst, vielleicht nicht – meine Hut und fuhr die Venen auf meiner Hand nach.

„Wo fahren wir hin?", fragte er dann leise. Sah mich immer noch nicht an. Hatte die Augen noch immer geschlossen und lehnte den Kopf noch immer am Fenster. „Wirst du gleich sehen.", damit bog ich in eine kleine Straße ein und fuhr den kurzen Weg weiter.

Parkte, nahm meine Hand von Levi weg und ging zum Kofferraum des Jeeps.

Natürlich lag die Decke hier. Wie immer. Ich hörte die Autotür und Levi stand plötzlich neben mir, sah zu mir hoch und schien zu verstehen, was ich hier wollte.

Im Hintergrund hörte man das Meer rauschen und ein angenehm warmer Wind zog uns leicht um die Ohren, als wir es uns auf dem Dach des Jeeps mitsamt Decke gemütlich machten und in den dunklen Sternenhimmel sahen.

Als er mich damals mit hergenommen hatte, wusste ich erst nicht genau, warum er das tat. Doch als wir dann hier lagen, auf dem Jeep, die Musik im Hintergrund laufen hatten und er mir zum ersten Mal seine Gefühle offenbart hat, verstand ich, warum es an diesem Ort sein musste. Er bedeutete Levi sehr viel.

Erwin hatte mir mal erzählt, dass sie früher oft mit Isabell und Farlan hergekommen waren und Levi deshalb so gerne hier war. Hier könne er nachdenken und abschalten.

Und nicht nur Levi ging es so. Auch ich konnte hier immer zur Ruhe kommen. Wenn wir uns mal gestritten hatten, oder wenn ich wegen den Trinkereien einen Moment für mich brauchte, war ich immer hierhergekommen. Saß in meinem Auto und dachte einfach nur nach.

So auch jetzt. Ich lag ihr, wusste, warum ich hergekommen war und doch musste ich noch darüber nachdenken. Musste nachdenken, ob ich es nicht überstürzen würde.

„Eren?", holte der Schwarzhaarige mich aus meinen Gedanken und ich drehte meinen Kopf zu ihm. Sah ihm in die grauen Augen. „Ich liebe dich.", murmelte er leise und sah wieder weg. Ein leichtes Lächeln schlich sich auf meine Lippen und ich setzte mich auf, sah zu ihm herunter.

Er vermied den Augenkontakt, hatte vermutlich eine andere Reaktion erwartet. Doch das war ok. Langsam beugte ich mich zu ihm runter, legte meine Hand an seinen Kiefer, drehte seinen Kopf zu mir und zwang ihn mir in die Augen zu sehen. Als er sah, dass ich lächelte, verschwand die Unsicherheit aus seinem Gesicht und wechselte zur Sicherheit und Geborgenheit.

In diesem Moment war mir egal, ob es überstürzt war, Ob ich nicht noch warten sollte. Ich beugte mich weiter runter, überwand den letzten Abstand zwischen unseren Gesichtern und legte meine Lippen auf seine.

Langsam und sanft. Nicht zu schnell. Ich wollte, dass dieser Kuss perfekt wurde. Es war der erste Kuss, seit ich gegangen war. Und er musste einfach perfekt werden. Genießend schloss ich die Augen und begann leicht meine Lippen gegen Levis zu bewegen, hielt noch immer seinen Kiefer fest, machte klar, dass ich ihn nicht gehen lassen wollte.

Levi richtete sich langsam auf, trennte sich jedoch nicht von mir, saß nun einfach mit mir auf dem Dach seines Wagens, küsste mich, berührte mich leicht und lächelte leicht in den Kuss.

In diesen perfekten Kuss, der nie aufhören sollte. Ich wollte seine weichen Lippen für immer so spüren. Wollte für immer merken, dass er lächelte. Wollte dieses Herzrasen nie wieder los werden und vor allem wollte ich ihn nie wieder loslassen.

Can you save my life [Ereri/Riren]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt