Kapitel 16

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PoV Levi
Hanji verstaute gerade die Kiste mit Rheas Sachen in Erens Kofferraum. Ich hielt meine Katze in den Armen, streichelte ihren Kopf und lauschte ihrem genießenden Schnurren. Eren redete mit Erwin über irgendwas. Es ging mich nichts an. Also hörte ich nicht zu. Auch, wenn ich neugierig war.

Erwin hatte das Gespräch gesucht. Vermutlich ging es sogar um mich. Etwas anderes hatte er nie mit Eren zu besprechen. „Lass mein Mädchen nicht verkümmern, Levi!", mahnte Hanji mich. Ich rollte als Antwort nur mit den Augen.

Hanji wusste genau, dass ich Rhea nicht wieder zu mir holen würde, wenn ich mir das nicht zutrauen würde.

Die Brillenträgerin warf einen Blick du den anderen Beiden, die sich noch immer unterhielten und ein wenig Abseits standen. Dann kam sie einen Schritt näher auf mich zu, lehnte sich an das Auto und grinste. „Was willst du?", murrte ich. „Wie nah seid ihr euch schon gekommen?"

„So nah, wie man sich halt kommt, wenn man zusammenwohnt.", vielleicht auch ein bisschen näher. Immerhin hatten wir im selben Bett geschlafen. Von dem kitschigen Rumtoben auf dem Boden mal ganz abgesehen. „Ahja, ich sehe schon. Da war irgendwas.", grinste sie und wackelte mit den Augenbrauen. „Nicht mal drei Tage schafft ihr es die Finger voneinander zu lassen." – „Wenn du Einzelheiten wissen willst, frag Eren. Ich sag nichts.", damit setzte ich Rhea in ihre Box, schloss die Tür und ebenso den Kofferraum.

Waren die da hinten endlich mal fertig mit ihrem Scheiß?

Es sah nicht danach aus. Erwin redete, Eren nickte. Als müsste er interessiert wirken, wie bei einem Vorstellungsgespräch.

„Er wird mir aber auch nichts sagen!", Hanjis Gejammer holte mich aus meiner Beobachtung und ich zuckte nur mit den Schultern. Es war doch eh nichts Wirkliches passiert. Er hatte mich auf die Stirn geküsst, hatte mir gesagt, dass er meinetwegen wieder hier war und es an meinem Alkoholkonsum liegen würde, ob wir wieder zusammenkommen würden. Nichts, was Hanji unbedingt wissen müsste.

Wenn ich ihr jede Kleinigkeit erzählen würde, würde sie mich nur noch ausfragen und normale Gespräche wären gar nicht mehr möglich mit ihr. Das waren sie auch jetzt nicht wirklich – immerhin war es Hanji.

„Ey Eren!", rief sie plötzlich und der Brünette drehte sich um. „Der Problemfall will los." – „Halts Maul, Vierauge.", murrte ich nur und drehte mich von Eren weg. Wieso brachte sie sowas immer wieder?

Wieso war ich überhaupt mit der befreundet? Sie regte mich nur auf!

„Na dann, fahren wir.", hörte ich es hinter mir und spürte Erens Hand auf meiner Schulter. Genoss still und heimlich diese Berührung.

-

Zuhause machte Eren etwas zu Essen, ich kümmerte mich um Rhea, baute ihren Baum auf, stellte ihre Näpfe in die Küche und so weiter.

Dabei konnte ich hören – und auch immer mal wieder sehen – wie Eren Musik hörte und den Pfannenwender als Mikrofon nutzte. Ich lehnte im Türrahmen, beobachtete ihn amüsiert.

Würde ich es schaffen, ohne ihn klar zu kommen? Wenn ich alleine gewesen wäre, hätte ich mir was bestellt, mich auf die Couch gesetzt und nichts getan. Ich hätte nicht mal den Fernseher angemacht. Ich hätte einfach nur dagesessen und getrunken. Das Essen vor die Tür liefern lassen und wäre niemandem unter die Augen getreten. Würde ich dieses Verhalten auch ablegen können, wenn Eren arbeiten musste und sich nicht mehr die ganze Zeit um mich kümmern konnte?

Ich wollte nicht so abhängig von ihm sein, doch ich glaubte ehrlich gesagt nicht daran, dass ich es alleine schaffen könnte. Ich hatte es ein Jahr nicht hingekriegt. Obwohl ich mehrere gute Gründe gehabt hätte.

Nun kommt Eren wieder, der einzige Grund, der von meinem Kopf akzeptiert werden konnte, und sorgt dafür, dass ich seit fast drei Tagen nichts mehr getrunken hatte? Das schien viel zu einfach. Es musste doch noch ein Nachbeben geben. So wie bei ihm damals. Die erste Woche war gut, dann hatte ich es versaut und er wurde rückfällig. Was, wenn ich es wieder versauen würde? Was wenn ich rückfällig werden würde, wieder austicken würde? Ich könnte das hier so schnell kaputt machen, wenn ich mich nicht unter Kontrolle hatte. Und bei Gott, ich hatte panische Angst davor.

Es war die zweite und vermutlich letzte Chance, die Eren mir geben würde. Ich durfte das nicht aufs Spiel setzen. Doch wie sollte ich es ohne ihn schaffen? Mich im Zimmer einsperren und nichts tun? Den ganzen Tag schlafen? Ich wusste es nicht. Und es machte mir Angst.

„Levi?", holte er mich aus den Gedanken und verwirrt sah ich zu ihm rauf. „Was ist los?" Die Musik war leiser geworden und das Essen stand fertig auf dem Tisch. Wie lange hatte ich hier gestanden? Und wie sollte ich seine Frage beantworten? Was war los? Wie sollte ich meine Gedanken in eine kurze Antwort packen, die alles gut beschrieb? „Wie lange musst du immer arbeiten?"

Er hob verwirrt eine Augenbraue. „Von 11 bis 18 Uhr.", erklärte er mir dann und ließ seine große Hand in meine Haare fahren. Unbewusst lehnte ich mich gegen sie und schloss die Augen. Wie ich das liebte, wenn er das tat. „Wieso fragst du?" – „Weil das sieben Stunden sind, die ich nicht unter Kontrolle habe.", murmelte ich leise und wand mich aus seinem Griff, sah zu ihm hoch.

Er war in den letzten Jahren ziemlich gewachsen. Aus den paar Zentimetern wurde plötzlich ein ganzer Kopf. Wahrscheinlich noch ein bisschen mehr.

Eren sagte nichts. Er sah mich einfach nur an. Sah zu mir herunter. Doch nicht auf mich herab. Er sah, dass ich wirklich Angst vor diesen sieben Stunden hatte. Und er schien es zu verstehen. Er wusste, wie das war. Doch er hatte deutlich mehr Willenskraft gehabt, als ich es jetzt hatte. Ich war schwach im Vergleich zu ihm.
Der Größere legte seinen Kopf auf meinen, legte seine Arme um mich, hielt mich an Hüfte und Taille fest, zog mich an sich und vergrub sein Gesicht in meinen Haaren.

Can you save my life [Ereri/Riren]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt