Kapitel 2

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Pov.-(Y/N)

Das nervtötende Klingeln meines Weckers riss mich aus meinem Schlaf, wobei ich mich murrend auf die Seite drehte und die Augen fest zusammenkniff. Einfach ignorieren, das hört gleich wieder auf. Meine Decke zog ich höher über den Kopf, um den Anschein zu erwecken es wäre noch Nacht. 
Allerdings, als mir einfiel was heute für ein Tag eigentlich war, wurde ich sogleich hellwach und schlug die Decke von mir. 
Der erste Tag an der Fukurodani!
Ich war gespannt wie meine neue Klasse wohl sein würde, hoffentlich nicht allzu nervig oder laut. Nach der Mittelschule haben sich die Wege von mir und meinen damaligen Freunden getrennt, weswegen wohl jeder dort ein Fremder für mich sein wird. Die meisten wechselten auf die Nekoma oder anderen Oberschulen in Tokio, wiederum zwei meiner Freunde zogen aus unserer Heimat weg in eine andere Präfektur. 

Aufgeregt und mit neu gewonnener Motivation sprang ich von der Matratze auf und lief zu meinem Schrank um meine Uniform herauszuholen. Den Kleiderbügel hängte ich über die Schranktür und holte Mullbinden aus einer kleinen Schublade, wo ich eigentlich meine Socken lagerte. Vorsichtig band ich mir damit meine Oberweite ab, um einen etwas männlicher aussehenden Oberkörper zu bekommen. Mit viel Klebeband befestigte ich mein Konstrukt und sah auf das Werk hinab. Es zeigte tatsächlich Wirkung, zwar komisch damit zu atmen, aber ich würde mich schon noch daran gewöhnen. Als ich meine Uniform fertig angezogen hatte, ging ich ins Bad und machte mich dort frisch für den Tag. Meine Haare waren schnell gerichtet, bevor ich wieder zurück in mein Zimmer schlurfte. Dort setzte ich mich vor den Standspiegel mit einem Haufen Kosmetikzeug, dass ich noch in den tiefen meiner Schubladen gefunden hatte und fing an mir mein Gesicht etwas markanter zu schminken. Mit dem Ergebnis war ich sogar recht zufrieden, obwohl ich nicht sonderlich viel Ahnung von Schminke besaß. 

"Fertig, dann kann es ja losgehen.", versuchte ich mein Spiegelbild zu motivieren und tippte mit einem Pinsel auf die Nasenspitze meines Ebenbilds. Schnell stand ich auf, packte meinen Rucksack und schulterte diesen, ehe ich mein Zuhause verließ, nachdem ich mir Schuhe übergezogen hatte. Auf dem Weg zur Schule hörte ich Musik mithilfe von Kopfhörern und summte ein wenig vor mich hin. Morgens war es zum Glück in meinem Viertel noch relativ ruhig, dafür dass wir uns in Tokio befanden. Die Sonne beschien fleißig die Dächer von Einfamilienhäusern, die eine Reihe von Hochhauskomplexen umrahmten. Mittendrin vereinzelte Bäume und auch am Straßenrand wuchsen die Holzriesen in gleichen Abständen zu einer Art Allee. Die Gehwege waren gepflastert, die Markierungen auf dem schwarzen Teer der Straßen schon abgenutzter und dabei allmählich zu verblassen. 

Meine Aufregung stieg allerdings erneut, als sich das riesige Schulgebäude langsam in mein Blickfeld schob. Imposant stachen die Mauern hervor und die Fensterfronten blitzten im Schein der Sonne, als wären sie extra für den Schulstart noch einmal gründlich poliert worden. "Okay, du schaffst das schon.", murmelte ich mir Mut zu, betrachtete schüchtern den Hof als ich am Tor stand und betrat schließlich das Gelände mit gestrafften Schultern. Es waren eine Menge Schüler versammelt und die Älteren warben die neuen Erstklässler laut rufend und Flyer wedelnd, unter anderem auch mich, für ihren Club an. Typisch für den ersten Tag eines neuen Schuljahres. Nervöser werdend sah ich mich um, ob ich irgendwen vom Volleyball-Team erblicken konnte. Ich schob mich weiter durch die Menschenmassen, ließ mich vom Strom der Schüler leiten und hielt weiterhin verzweifelt Ausschau nach Anzeichen von Volleybällen. 

Als mir jemand plötzlich auf die Schulter tippte, zuckte ich zusammen und drehte mich verwundert eilig um. Fast wäre ich dadurch mit dem Täter zusammengeknallt oder hätte ihm zumindest meinen Rucksack in die Seite gerammt. 
"Hey Hey Hey, du siehst so verloren aus.", kam es fröhlich von meinem Gegenüber, dem dieses Missgeschick wohl in keinster Weise zu stören schien. 
Ein großer, muskulöser Junge mit grauen hochgelten Haaren in denen sich schwarze Strähnen befanden stand vor mir. Er hatte breite Schultern und eine ungeheure offene Ausstrahlung, die einen glatt umhauen könnte. Seine goldenen Augen, schöner als jeder Bernstein, glänzten mich an und sein gesamtes Auftreten erinnerte beim näheren Betrachten ein bisschen an...eine Eule. Im Großen und Ganzen schon attraktiv. Ich vermutete, dass es sich hierbei um einen Drittklässer handeln musste.

"Guten Tag, mein Name ist (Y- äh, ich meine (J/N). Ich suche nach den Jungs vom Volleyball-Team.", stellte ich mich vor, als ich mich wieder gesammelt hatte und verbeugte mich schnell vor ihm. "Dann bist du bei mir genau richtig! Ich bin Bokuto Kōtarō, der Kapitän des Teams.", stellte sich mir der Ältere ebenfalls vor und bei der Erwähnung welchen Rang er im Team vertrat weiteten sich meine Augen bewundernd. "Freut mich sehr.", erwiderte ich lächelnd und fand es sehr angenehm das er mich direkt beim Vornamen nannte und nicht noch weiter nach meinem Nachnamen nachhakte, wobei es eigentlich hier üblich war.  "Also, du willst ins Team? Dann komm mit mir.", grinste Bokuto breit und zog mich an meinem Handgelenk einfach mit sich, ohne eine Antwort meinerseits abzuwarten. Vor einem kleinen Stand mit einem weißen Banner und großen Kanji, die das Wort 'Volleyball' formten hielten wir an. Neben den Zeichen waren Bälle gekritzelt worden. Der Junge von eben überreichte mir ein Formular für die Anmeldung.

"Füll das hier einfach aus und bring es mir später wieder, okay? Dann kann ich es dem Trainer überreichen.", sprach er gut gelaunt, deutete mit seinem Zeigefinger auf das bedruckte Blatt in meinen Händen und eilig nickte ich bestätigend. Dieses Stück Papier würde ich so schnell wie möglich ausfüllen. Ich drehte mich um und wollte gerade gehen, als ich stockte, da ich beinahe zum zweiten Mal an diesem Tag in einen Jungen rein gelaufen wäre. "Tut mir leid.", murmelte ich beschämt, hielt mir das Formular vor mein Gesicht, um mich abzuschirmen und betrachtete über den Rand hinweg meinen Gegenüber.

Rabenschwarze Haare und Augen die einem dunklen Türkis ähnelten, als hätte ein Ozean sie selbst geformt und seine tiefen Abgründe hineingegeben. 
"Schon gut.", kam es beschwichtigend von ihm, mit einem Lächeln ging er an mir vorbei weiter zu dem Stand hinter mir.
Wohl auch ein Erstklässler, der dem Volleyball-Team beitreten möchte. Gut zu wissen wer wahrscheinlich noch zu meinen Mitspielern zählte.

Ich hingegen machte mich auf den Weg ins Schulgebäude hinein und suchte nach der Aula, wo sich die Erstklässler versammeln sollen. Zum Glück war das Gebäude gut ausgeschildert. 
Als ich sie fand erstreckte sich vor mir ein riesiger, heller Saal in dem sich eine Menge Schüler und Stühle angesammelt hatten. Ich wollte die Anzahl am liebsten gar nicht erst wissen. 
Vorsichtig quetschte ich mich durch einige Gruppen und suchte mir einen Platz. Auf einen leeren Stuhl in einer der vorderen Reihen ließ ich mich fallen und atmete zum ersten Mal so richtig auf, seitdem ich hier angekommen war. 

Während ich wartete, dass es losging spielte ich ein bisschen an meinem Handy, um mich abzulenken, als sich plötzlich eine Hand in mein Sichtfeld schob.
"Hallo, darf ich mich zu dir setzen?", fragte eine weibliche Stimme höflich und verwirrt sah ich von meinem Display auf. Vor mir stand ein kleines Mädchen mit braunen schulterlangen Haaren, die an flüssige Schokolade erinnerten. Sie lächelte mich lieb an und irgendwie hatte sie etwas süßes an sich. Ihre Augen allerdings sprühten nur vor Seriosität. "Klar, gerne.", antwortete ich mit einem kleinen Lächeln und das Mädchen setzte sich sofort. "Mein Name ist Akira Shio und du bist?", stellte sie sich mir vor und hielt mir ihre Hand erneut entgegen. "Ähm, Kamori (J/N). Freut mich, Akira.", entgegnete ich zögernd und schüttelte unsicher ihre Hand. Sie sah süß und schüchtern aus, war aber innerlich definitiv eine ziemlich selbstbewusste Person. 

Sie fing an mit mir ein Gespräch aufzubauen, wobei ihre offene Art sie direkt noch sympathischer wirken ließ, denn umso mehr sie redete, umso weniger musste ich etwas beitragen. Vielleicht könnten wir zwei ja noch gute Freunde werden.

A Girl?! ~ Bokuto x ReaderWo Geschichten leben. Entdecke jetzt