Chapter 11

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„Hope?“, fragte Cole und kam ins winzige Bad. „Alles in Ordnung mit dir?“
Benommen stand ich auf und spülte herunter. Cole ging schnell in die Küche, wo er ein Glas Wasser holte, welches er mir dann gab.
„Spül dir erst einmal den Mund aus, und dann komm mit in die Küche. Wenn du willst kannst du mir erzählen, was passiert ist. Sam ist  gerade nicht da.“
Mit diesen Worten ließ er mich allein.

Allein mit meinen Gedanken und Gefühlen. Mit der Frage, warum ich mich übergeben hatte und der Antwort, die mir Angst machte.
Er war berühmt.
Weltberühmt. Teenieschwarm. Begehrt.
Und ich war ihm verfallen.

Ich erschrak über meinen eigenen Gedanken, doch ich wusste, dass er wahr war. Das gestand ich mir ein, ohne groß darüber nachzudenken. Leugnen brachte nichts und ich war nie jemand gewesen, der die Dinge gerne leugnete. Früher oder später müsste man sich sowieso mit ihnen auseinander setzen und ich tat es eben lieber früher.

Kurz war ich überlegt einfach wieder in mein Zimmer zu gehen, doch ich wusste auch, dass ich jemanden zum Reden brauchte. Ich brauchte jemanden, der mir zuhörte, nicht urteilte und mir half. Mir sagte, was ich tun sollte.

Cole. Er war perfekt und so saß ich nur wenige Sekunden später neben ihm. Er würde zuhören und Sam war noch einige Stunden weg. Alte Freunde besuchen oder so etwas in der Art, und ich war froh darüber. Sie sollte das alles erst einmal noch nicht erfahren, denn sie würde keine Ruhe geben. Ihre Antwort auf das alles war mir schon klar und deswegen kam zum reden nur Cole infrage. Außerdem hatte er es mir gerade angeboten.

„ Was ist los?“, fragte er vorsichtig und setzte sich neben mich.
„Ich…“, fing ich an, doch dann brach ich in Tränen aus.
Ungewollt und ohne Kontrolle. Dafür hasste ich mich, denn ich hatte nicht gewollt, dass das noch einmal passierte. Nie wieder sollte es passieren.

„Hör auf zu weinen.“, schrie sie mich an. Ängstlich blickte ich sie an, doch ich weinte weiter. Ich konnte es nicht stoppen. In dicken Tropfen rannen mir die Tränen über das Gesicht und meine Nase war verstopft vom Weinen. Ich wollte gerne aufhören, konnte es aber nicht. Die Kontrolle hatte mich verlassen.
„Hör auf, sagte ich.“, schrie sie erneut.
Immer noch keine Reaktion von mir. Ich wusste was das hieß.
Bestrafung.
Mit einem lauten Knall schloss sich hinter ihr die Tür und nur wenige Sekunden später hörte ich Schreie. Es war fürchterlich und ich bekam vor Schmerz keine Luft mehr. Meine Tränen stoppten, wurden ersetzt.
Ersetzt durch Angst. Durch Schmerz. Durch Hass. Durch Wut. Durch Trauer.
Erneute Schreie, dann jammern.
Jegliches Blut wich mir aus dem Gesicht und ich hatte das Gefühl, ich müsste mich übergeben.
„Es tut mir leid.“, fing ich an zu flüstern.
„Es tut mir leid.  Es tut mir leid. Es tut mir leid.“
Wie ein nicht enden wollendes Mantra flüsterte ich es. Wiederholte es. Mal um Mal. Tausende Male.
Erst als die Schreie und auch das Jammern schon stundenlang verschwunden war hörte ich auf.
„Es tut mir leid.   Es tut mir leid. Es tut mir leid. Ich liebe dich. Bitte vergib mir.“
Dann fiel ich in einen tiefen Schlaf, denn die Erschöpfung breitete sich mit einem Schlag über meinem Körper aus.

„Hope. Es ist in Ordnung. Alles ist gut. Alles wird gut.“
„Nichts wird gut“, schniefte ich. Cole reichte mir eine Packung Taschentücher und Geräuschvoll putze ich mir die Nase.
„Nichts wird gut, Cole.“

Ahnungslos blickte er mich an.  Nachdem ich meine Tränen endlich gestoppt hatte und mich stark genug fühlte, um zu erzählen, begann ich damit.

„ Der Abend in der Disko, oder vielmehr der Junge, den ich dort kennen gelernt habe, er ist es, wegen dem ich so traurig bin. Obwohl ich nicht einmal weiß, ob traurig das richtige Wort ist. Mit fällt aber kein Wort ein, für meine Gefühlslage.
Und wenn man es genau nimmt, war es auch gar nicht der Junge aus der Disko, sondern sein Freund. Oder Bandkollege, oder wie auch immer. Beide.
Sie… Ich…“

Cole schaute mich irritiert an. Ich glaube, er hat mich  zu diesem Zeitpunkt endgültig für geistig nicht ganz zurechnungsfähig eingestuft.

„Hope. Ich verstehe kein Wort. Versuch es doch mal ganz langsam und am besten von vorn.“

Ich nickte und versuchte es ein zweites Mal.
„ Der Junge, den ich in der Disko angesprochen habe. Er heißt Niall. Wir haben uns gut verstanden, doch dann ging alles zu schnell und ich bin abgehauen. Er kam hinter her und ich bin in einen anderen Jungen hinein gelaufen. Harry. Die beiden kennen sich.
Als ich Harry das erste Mal in die Augen geblickt habe passierte etwas Merkwürdiges. Ich hatte das Gefühl, dass die Welt still stand. Cole, das ist verrückt, weil es doch nur ein Blick war, aber er hat mich so in seinen Bann gezogen. So fasziniert.
Niall wollte mich wieder sehen, aber ich habe ihn stehen gelassen, und nur gesagt, dass ich mit ihm ausgehen würde, wenn wir uns noch einmal treffen.
Ich glaubte ehrlich gesagt nicht daran und hoffte dieses Gefühl, welches ich beim Blick von Harry gespürt hatte einfach zu verbannen.
Aber irgendwie meinte es das Schicksal gut mit mir. Oder schlecht, das weiß ich nicht so genau.
Harry hat mich beim Singen gesehen. Er hat mir einen Zettel gegeben und wir haben uns Abend am Speakers Corner getroffen.
Beide, also Niall am Vortag und Harry an dem Abend, haben Haare und Gesicht versucht zu verstecken.
Dann haben sie Andeutungen gemacht, von wegen das ich sie nicht erkenne und ob ich ein Fan bin. Glaub mir Cole, zu diesem Zeitpunkt wusste ich schon, dass sie berühmt waren und irgendwie kamen sie mir bekannt vor, doch ich wusste nicht woher. Trotzdem konnte ich nicht anders und musste mich mit Harry treffen.
Und es war schön. Wirklich schön.
Ich kenne Harry zwar noch nicht lange, doch  er hat mich beeindruckt. So tief beeindruckt, dass ich ihn nicht vergessen kann.
Dann habe ich ihn gefragt, wer er ist, und er hat gesagt, dass wir einen Kompromiss machen. Er sagt es mir nicht, aber ich sollte ihm meine Adresse geben und er würde mir am nächsten Tag eine Nachricht zukommen lassen. Auch darauf bin ich eingegangen, irgendwie blieb mir keine Wahl.
Das war gestern und heute war da der Brief.
Glaub mir, ich habe wirklich gezögert ihn zu öffnen, weil ich mir plötzlich nicht mehr sicher war, ob ich ihn noch öffnen wollte, aber ich habe es getan.
Darin war eine Konzertkarte.
Eine Konzertkarte für One Direction.
Sie sind Harry und Niall. Er ist Harry Styles Cole, und ich bin ihm verfallen. Verfallen, so wie millionen anderer Mädchen.“

„ Aber warum dann hast du dich übergeben? Ich meine Harry scheint ja auch interessiert an dir zu sein.“

„Ja, vielleicht ist er das Vielleicht.
Eines aber ist gewiss, ich bin interessiert an ihm. Sogar sehr. Er hat mich beeindruckt, wie es noch nie einer getan hat. Er ist drauf und dran meine kleine Welt zum einstürzen zu bringen, und das, obwohl ich ihn nicht kenne. Doch wenn er dies tut, dann sind wir nicht alleine, Cole. Die ganze Welt guckt uns dabei zu.  Irgendwann werden sie es mitbekommen und dann Cole? Dann stehe ich in der Öffentlichkeit. Werde gehasst von so vielen Menschen, die mich nicht einmal kennen. Werde von Paparazzi verfolgt, oder was auch immer dann passiert.
All die Sachen, die ich niemals wollte.
Glaub mir, es liegt gewiss nicht an Harry selber, sondern an dem, was er ist.
Ein Megastar.
Das kann ich nicht, und doch weiß ich zugleich, dass ich ihn wieder sehen möchte. Wiedersehen muss. Ich kann nicht anders.“

„Dann gehst du zu diesem Konzert. Danach können wir weiter sehen, okay Hope?“

Zögerlich nickte ich, denn ich wusste, dass ich zu de Konzert gehen würde. Es war mir noch einmal klar geworden, dass ich gar keine Wahl hatte.
Ich war ihm verfallen, da blieb mir keine Wahl mehr.

„ Und Hope?“
„Hm?“
„Ich bin für dich da. Egal was passiert. Ich werde immer hier sitzen und auf dich warten. Zu jeder Zeit und dann werde ich dir helfen. Egal, was auch passiert. Und Notfalls werde ich die Scherben einsammeln und sie wieder zusammen kleben. Ich werde sie zusammen halten, mit all meiner Kraft, die ich habe. Ich werde alles dafür tun, dass sie wieder zu einem werden.“


Different (Harry Styles)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt