Wieso ist Leben so komisch? Wieso weiß ich nie, was ich fühlen soll? Wieso steht nirgendwo, was ich fühlen muss? Wieso gibt es keine Bedienungsanleitung fürs Leben, oder wenigstens für die Gefühle? Wieso weiß ich nicht, ob ich glücklich sein darf, oder nicht? Wieso weiß ich nicht, was mein Herz fühlt? Wieso sagen Herz und Verstand so viele verschiedene Sachen? Und auf wen soll ich hören? Was soll ich tun? Wieso, weshalb, warum, was und wie… So viele Fragen, die durch meinen Kopf schwirren. So viele Fragen, die sich jeder Mensch an einem Punkt in seinem Leben stellt und nie bekommt irgendwer eine Antwort darauf. Wieso? Und schon wieder eine Frage. Manchmal habe ich das Gefühl, dass das Leben mehr Fragen stellt, als es Antworten gibt. Das jeden Tag tausende von Fragen gestellt werden, aber nur ganz wenige auch beantwortete werden. Damit meine ich nicht einfach Ja oder Nein, oder Ähnliches, sondern eine richtige Antwort. Eine Antwort, die einem weiter hilft und einem zeigt, dass der Andere zugehört hat. Doch auf so viele der gestellten Fragen gibt es keine richtige Antwort. Es gibt meist gar keine Antwort oder nur unzureichende. Woher soll denn auch irgendwer wissen, was ich fühle oder fühlen soll, wenn ich es selbst noch nicht einmal weiß? Woher soll jemand anders wissen, was das Beste für mich ist, wenn ich es doch selbst nicht weiß? Gemerkt? Das war schon wieder eine Frage. Achtet man darauf, merkt man, wie viele Fragen man sich eigentlich wirklich den ganzen Tag stellt. Eine Menge. Eine Menge Fragen ohne Antwort. Manchmal will man auch gar keine Antwort. Da will man einfach nur die Frage stellen, damit sie gestellt wurde, aber nicht, damit sie beantwortet wird.
Das alles ging mir durch den Kopf, als ich am nächsten Tag aufwachte. Der Traum steckte mir noch in den Knochen. Oder sollte ich besser sagen, die Erinnerung? Denn jede dieser Sekunden im Traum hatte ich schon einmal durchlebt. Einige Jahre bevor an einem unbestimmten Tag hatte ich genau das gleich schon einmal erlebt. Das war das Schlimmste an meinen Alpträumen. Das ich sie schon einmal erlebt hatte. Das ich sie manchmal zehnmal durchlebte und es einfach nicht vergessen konnte.
Dabei wollte ich nichts lieber, als einfach vergessen. Alles hinter mir lassen und nie wieder daran denken.Doch noch konnte ich nicht vergeben. Ich konnte der Vergangenheit und all den Personen, die eine wichtige Rolle dabei spielten, nicht vergeben und das war wohl der Grund, warum ich nicht vergessen konnte.
Ich wusste, dass irgendwann der Punkt kommt würde, an dem ich ihnen allen vergeben konnte. Einfach von jetzt auf gleich. Ein winziger Moment, in denen ich ihnen vergeben würde und anfangen würde zu vergessen. Doch wann wird dieser Punkt kommen? Ich hatte keine Ahnung, und das war das, was mir Angst macht. Dieser Punkt hätte morgen sein können, er hätte aber auch erst in vierzig Jahren sein können.
Vielleicht brauchte ich wen, der mir helfen konnte zu vergeben, doch noch hatte ich diesen jemand nicht gefunden. Niemand war in der Lage mir zu helfen. Ich musste da allein durch, denn ich konnte niemandem Vertrauen. Und mit Vertrauen meine ich nicht, dass ich ihm meine Katze, die ich nicht hatte, anvertraue oder ein teures Kleid, was ich ebenfalls nicht hatte, sondern, dass ich ihnen vertraute, dass sie mich auffangen würden.Ich vertraute niemandem, dass er mich auffangen würde, wenn ich fallen würde.
Wenn ich so darüber nachdenke ich das eigentlich traurig. Ich hätte fähig sein sollen zu vertrauen, denn es wird immer jemanden geben, der mich auffängt. Es wird immer jemanden geben, der mich auffangen will, aber es wird niemanden geben, der mich immer auffangen kann. Egal, wie sehr er es auch will. Irgendwann wird der Punkt kommen, an dem er mich nicht auffangen kann. Der Punkt, an dem er selber nicht aufgefangen wurde und nicht mehr die Kraft hat mich aufzufangen. Der Punkt, an dem er woanders ist, als die Stelle, an der ich falle. Der Punkt, an dem er fort ist.Er war weg und ich fiel in ein tiefes Loch. Er war von uns gegangen, weil ich ihn geliebt hatte. Er hatte mich verlassen. Dabei wollte er mich doch niemals verlassen. Er wollte mich immer auffangen, das hatte er mir versprochen, doch jetzt war er nicht mehr da. Wieso er weg war wusste ich nicht. Einzig, weil er mich liebte, das hatten sie gesagt. Aber das war nicht logisch. Wieso sollte er weg sein, weil er mich liebte? Er konnte mich doch lieben und noch immer hier sein. Ich glaubte, dass es an etwas anderem lag. Das da noch viel mehr hinter steckte, aber ich wusste nicht was.
Ich hatte ihm vertraut, dass er mich immer auffangen würde, aber jetzt war er nicht mehr da, um mich aufzufangen und das machte mir Angst. Die einzige Person, die mir versprochen hatte mich auf zu fangen war verschwunden. Einfach weg. Unfähig mich jemals wieder aufzufangen.Ich versuchte die Erinnerung zu vertreiben und stand auf. Schnell machte ich mein Bett und zog mich um.
Vor mir lagen jetzt nur noch zwei Nächte, bis ich Harry wieder sehen würde. Zwei Nächte und drei Tage. Bei diesem Gedanken schlug mein Herz ein wenig schneller.
„Und was machen wir heute?“, fragte Harry, als ich ihm die Tür aufmachte. Über seine Ungeduld konnte ich nur lachen und ich vertröstete ihn auf später. Ich wollte ihn auch ein wenig schmorren lassen, so wie er es mit mir vor wenigen Tagen getan hatte. Meine Idee für den Tag war zwar nicht annähernd so spektakulär, wie seine gewesen war, doch ich hoffte, dass sie ihm gefallen würde.
Ich wollte etwas ganz normales machen. Fast schon etwas Langweiliges und spießiges, denn ich war davon überzeugt, dass genau das seinen Reiz für ihn hatte. Außergewöhnliche Dinge konnte er jederzeit haben. Sein ganzes Leben war außergewöhnlich, doch an den normalen Momenten mangelte es ihm gehörig. Zwar hatte er es nie so gesagt, doch ich hatte ihn durchschaut. Er hatte Andeutungen gemacht, die ich verstanden hatte. Andeutungen, bei denen ich mir nicht einmal sicher war, ob er sie verstanden hatte.Gerade als Harry die Tür des Treppenahaus öffnen wollte, hielt ich ihn zurück. Bevor wir auf die Straße treten konnten, musste ich ihm noch etwas geben.
„Ich hoffe es ist deine Größe“, sagte ich und überreichte ihm einen Pulli. Es war mehr als ein Spaßgeschenk gedacht, denn ich war überzeugt, dass er schon tausende Pullis hatte.
„ Als ich ihn in einem Schaufenster gesehen habe, musste ich an dich denken.“, fügte ich noch hinzu und er bedankte sich. Trotzdem konnte ich ihm ansehen, dass er verwirrt war, und ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen.
„Zieh ihn an.“, forderte ich ihn auf.Schon als er ihn auseinander faltete sah Harry, warum ich diesen Pulli gekauft hatte. An der Kapuze waren noch kleine Bärenohren befestigt, so wie sie manchmal an Mützen für Kinder waren.
Ich fand, dass es einfach zu niedlich aussah.
Als Harry diese Ohren entdeckte musste er lachen.
„ Bei Bärenohren denkst du an mich?“, fragte er amüsiert.
„Ja, deine Haare sehen so flauschig aus. Wie das Fell eines Bären.“, scherzte ich. Darüber musste er nur noch mehr lachen.
„Die sind auch flauschig. Willst du fühlen?“, bot er mir schelmisch an.
Ich errötete bei seiner Bemerkung, und überlegte noch, ob er es ernst meinte, als er mir seinen Kopf hinhielt.
Vorsichtig griff ich nach einer seiner Locken und ließ sie mir durch die Finger gleiten.
„Und? Stellst du dir so das Fell eines Bären vor.“, wollte er immer noch amüsiert wissen.Darauf sagte ich gar nichts mehr, und er zog sich den Pulli an. Als er dann noch die Kapuze aufsetze war ich kurz davor Awww zu sagen. Es sah noch niedlicher aus, als ich es mir vorgestellt hatte.
Harry hatte etwas von einem großen Teddy.
„Und gefall ich dir?“
„ Du siehst niedlich aus.“
„Das ist genau das, was ein Mann hören will.“, sagte er ironisch.
„ Du siehst aus wie ein niedlicher, sexy Bär. Besser?“
„Na ja, fast. Und ich sehe nicht nur so aus. Ich bin auch sexy.“
Ich fing schallend an zu lachen.
„Da hast du jetzt aber die Hälfte der Wörter weg gelassen. Ich habe von einem niedlichen, sexy Bären geredet. Nicht nur von sexy.“
„Ich hör nur, was ich hören will.“
„Das habe ich bemerkt.“Harry wollte gerade etwas erwidern, als eine verärgerte Stimme durchs Treppenhaus rief: „Habt ihr vor in diesem Treppenhaus alt zu werden? Führt euer Gespräch gefälligst woanders.“
Lachend öffnete Harry die Tür und wir beide gingen hinaus.
Diese Situation war so normal, und trotzdem war sie etwas besonderes, sodass ich mir sicher war, dass das ganze Date wunderschön werden würde. Normal und dennoch besonders.
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Different (Harry Styles)
FanficHope und Harry. Der gleiche Anfangsbuchstabe und ihre Liebe zur Musik ist wohl das Einzige, was sie verbindet. Ansonsten könnten sie unterschiedlicher nicht sein. Sie, die arme Straßenmusiker, die das Wort glücklich nur aus Geschichten kennt. Er, d...