Fortschritte °💖° Fr. 11.12.2020

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Jimin war heute wieder mittags da, hat sich nochmal zu Tapeten und Fußboden geäußert und erzählt, dass Minseok zwar Schnupfen hat, aber ansonsten guter Dinge, wach und fröhlich ist. Er hat sich auch vorsorglich in eine Apotheke getraut, ist aber bei den Preisen fast tot umgefallen. Also hab ich ihm noch einen Hustensaft, Nasenspray und neue Gaskartuschen gekauft, die er am Nachmittag freudestrahlend entgegengenommen hat.
„Bringst du am Wochenende mal Minseok mit? Einer von uns kann euch dann ja wieder zum Bus fahren, dann schafft der Kleine das, oder?"
„Ich ... glaube, er könnte das jetzt brauchen, ja."
Als er ging, hab ich ihm hinterher geschaut und hatte richtig sowas wie Vatergefühle. Allmählich habe ich doch die Hoffnung, dass er das auch annehmen kann.

Weil Heilig Abend dieses Jahr am Donnerstag ist, ist der Advent ziemlich lang. Das kommende Wochenende ist schon der dritte Advent. Aber heute ist noch nichtmal Halbzeit für mein „Mensch ärgere dich nicht!"-Event. Es ist zur Routine geworden. Seit der Kämpfer nicht mehr kommt, finden sich spätestens um zehn vor sieben einige Spieler an den Tischen ein, stellen sich einander vor und plaudern. Die Tische werden meistens alle voll, die Stimmung ist gut. Wenn jemand zum ersten Mal dabei ist, erklären sich die Spieler die Regeln gegenseitig. Ein Selbstläufer also.

Wenn Taehyung im Pub ist, wird er freundlich-normal behandelt oder in Ruhe gelassen. Es kommt sogar vor, dass er von sich aus darüber plaudert, wie es so ist hinter den Kulissen einer Modenschau oder am Set. Aber er muss nicht. Wenn er mitspielt, ist an seinem Tisch immer besonders viel Stimmung. Inzwischen gewinnt er öfter mal. Aber ein Abendessen konnte er bisher noch nie einheimsen, weil er dann immer in der Endrunde gescheitert ist.

Auch heute wieder hat er eine lustige Runde am Tisch, die zwei Männer und zwei Frauen schenken sich absolut nichts, die Pöppel fliegen im hohen Bogen, und wer ewig keine Sechs mehr würfelt, ist schier am Verzweifeln. Tae hat grade ziemliches Würfelglück und schon drei Pöppel im Haus. Aber sein letzter Pöppel ist nun Einzelkämpfer und hat es echt schwer. Schließlich laufen noch genau vier Figuren ums Eck, von jedem eine. Es wird spannend. Die ersten neugierigen Zuschauer bilden einen Ring um den Tisch.

Jetzt muss Tae schon wieder von vorne anfangen. Aber er würfelt auf einmal so viele Sechsen wie den ganzen Abend lang nicht. Eine Gegnerin fliegt raus, während er zu den anderen aufschließt. Und endlich stehen die drei Pöppel vor den jeweiligen Häusern. Jetzt zählen auf einmal nicht mehr Sechsen sondern Einsen. Inzwischen gibt es vor jedem mit großen Gesten zelebrierten Würfelwurf Trommelwirbel an mehreren Tischen. Die Eins will einfach nicht kommen. Stattdessen holt die zuletzt rausgeworfene Spielerin schnell wieder auf – und springt dann aus kleinem Abstand lässig mit einer Drei ins Haus. Kurz darauf sind auch die anderen Tische mit der ersten Runde durch, und die vier Sieger finden sich zur Endrunde zusammen.

Heute ist wieder besonders viel los, und so bindet Taehyung sich nach dem Spiel einfach eine Schürze um und kellnert nun, um die Mädels zu unterstützen. Da wird dann schon mal gefeixt, was für eine Ehre es ist, vom berüüüüühmten Kim Taehyung sein Bier serviert zu bekommen. Aber das macht ihm sogar Spaß. Dann grinst er sein bekanntes Kastengrinsen und macht einen besonders tiefen Bückling. Ich genieße es richtig zuzusehen, wie sehr er sich hier wohlfühlt.

Interessanterweise entdecken grade meine Stammkunden inzwischen auch die anderen Spiele im Regal. Hier wird nicht mehr nur Billard und Dart gespielt. In einer Ecke bimmelt penetrant die HalliGalli-Glocke, irgendwo werden Karten gespielt. Und mein altes, abgenutztes „Mensch, ärgere dich nicht" ist auch im Gebrauch.

Die neuen Mitarbeiter sind mühelos ins Team gerutscht und machen einen richtig guten Job. Ich bin echt froh, denn so flutscht es wieder, und alle Gäste können schnell und freundlich bedient werden.

Ich schaue mich zufrieden um und leiste innerlich der Gewerbegemeinschaft Abbitte, weil ich wie jedes Jahr furchtbar über die Advents-Zwangs-Aktion geschimpft hatte. Das hat mir eine völlig neue, richtig nette Atmosphäre im Haus verschafft – und Jimin, der ohne die Flyer nicht hier reingestolpert wäre, als es anfing zu schütten.

Mensch, ärgere dich nicht - Adventskalender 2020Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt