Seokies Schnupfen ist leider immer noch nicht weggegangen, obwohl ich ihn mit Nasentropfen, Salbe und literweise Tee bombadiere. So gaaaaanz allmählich schleicht sich in mein Hirn der Gedanke, dass es wirklich Zeit wird, den Transporter zu verlassen und wieder ein festes Dach über dem Kopf zu haben.
Wenn nur die Angst nicht wäre ...Jedenfalls werde ich das Angebot annehmen und ihn heute bei Patrick „parken". Dann können die beiden sich kennen lernen. Vielleicht schneit ja auch Taehyung rein. Die Baustelle ist bestimmt super spannend für Seokie, die vielen Spiele in der Kneipe werden ihn sich fühlen lassen wie im Himmel. Der kriegt die fünf Stunden ohne mich bestimmt gut rum dort. Und nach der Arbeit muss ich nicht sofort losrennen, weil kein kleiner Bruder in der Kälte auf mich wartet. Wir können bleiben, bis es Zeit ist, dass der Zwerg ins Bett muss, und können uns dann fahren lassen.
Es ist verrückt. An manchen Tagen möchte ich schreiend weglaufen, und an anderen möchte ich mich heulend in Patricks Arme werfen. Ich habe allmählich den Verdacht, dass ich diese Grundangst, dieses Misstrauen selbst dann nicht werde ablegen können, wenn alles geregelt und legal und in Ordnung ist. Das Fürchten und Weglaufen ist mir so in Fleisch und Blut übergegangen. Das gruselt mich selbst am meisten.
Minseok schläft länger als sonst. Aber heute ist ja auch keine Schule. Als er aufwacht, erzähle ich ihm, dass er heute mitkommen und Patrick kennenlernen darf. Dass es dort den ganzen Tag warm ist, wir uns zwischendurch sehen können, dass dort Spiele sind und eine Baustelle, bei der er bestimmt zukucken darf, wenn er den Handwerkern nicht im Weg steht. Seine Augen fangen an zu glänzen vor lauter Vorfreude, und er zieht sich mal wieder in Weltrekordzeit an. Nach dem Frühstück laufen wir gleich los. Er soll sich nicht überanstrengen, wenn er nicht ganz gesund ist.
In der Nähe der Bushaltestelle, wo ich ausgestiegen bin, wird er dann merklich langsamer und stiller. Ich will das zwar nicht, aber er muss gesund bleiben. Also checke ich meine Barschaft und kaufe uns beiden eine Busfahrkarte. Seokie ist seit Ewigkeiten nicht mehr Bus gefahren und hat insgesamt von dieser Stadt noch nicht viel gesehen. Also drückt er sich die Nase an der Scheibe platt und erzählt mir, was er draußen alles sieht, während ich checke, wie nahe ich mit diesem oder einem anderen Bus an die JEONWON SANGA rankomme.
Wenn wir einmal umsteigen, müssen wir dann nur noch fünf Minuten laufen, das ist gut.An unserem Ziel hat der Kleine wieder etwas mehr Energie und flitzt neugierig von Schaufenster zu Schaufenster. Da ich ihm mal ein Foto von der Kneipe gezeigt hatte, erkennt er sie schon ein paar Häuser vorher und läuft los. Wie jeden Tag jetzt stehen Handwerkerautos vor und hinter der Kneipe. Und da kommt auch Taes Kleinwagen angefahren.
Also volles Programm. Hoffentlich kommen die miteinander klar so viele Stunden!Als ich beim Eingang der Kneipe angekommen bin, kommt Patrick drinnen schon auf die Tür zu. Er hat vielleicht sogar gewartet, ob ich Seokie zu ihm bringen würde. Der Ire schließt auf und lässt uns rein. Dann setzt er sich auf den nächsten Stuhl und lächelt Seokie an.
„Hallo, kleiner Mann. Ich bin Patrick. Jimin hat schon soooo viel von dir erzählt. Ich freue mich sehr, dass ich dich jetzt mal kennen lernen kann."Seufz.
Minseok macht intuitiv einen Schritt rückwärts und greift nach meiner Hand. Es ist noch eine halbe Stunde, bis ich anfangen muss zu arbeiten, und ich hoffe einfach dass er bis dahin auftaut.
Ich ziehe meine Jacke aus und hänge sie über eine Stuhllehne. Dann hocke ich mich vor den Kleinen, drehe ihn zu mir rum und ziehe seinen Reißverschluss auf.
„Das, Seokie, ist Patrick. Hier esse ich jeden Tag mein Mittagessen, und hier bekomme ich immer unser Abendessen. Patrick ist ein ganz, ganz lieber Mensch, der uns helfen möchte, dass wir nicht mehr dauernd wegrennen und hungern und frieren müssen."Scheu schaut mein kleiner Bruder über seine Schulter wieder zu Patrick hin. Ich lege seine Wintersachen beiseite, nehme ihn an der Hand und setze mich zu Patrick an den Tisch. Sofort klettert er auf meinen Schoß und schaut sich von dieser sicheren Warte aus um. Es dauert eine ganze Weile, bis er mit seinen Blicken wieder bei dem geduldigen Iren angekommen ist. Ich spüre, wie er mit sich ringt. Aber dann gibt er sich doch einen Ruck.
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Mensch, ärgere dich nicht - Adventskalender 2020
FanfictionDer Ire Patrick O'Brien strandet in Südkorea und zieht in einer gut besuchten Einkaufsstraße eine irische Esskneipe auf. Als die Gewerbegemeinschaft beschließt, im Advent in allen Geschäften Sonderaktionen anzubieten, muss Patrick mitziehen. Er biet...