Mensch, ärgere dich nicht - Adventskalender 2020

Schnupfen °🎲° Mi. / Do. 10.12.2020

Der Bus fährt zwar ettliche Schleifen durch Wohngebiete. Trotzdem komme ich schneller an meine Zielhaltestelle als zu Fuß. Zusammen mit der Zeitersparnis durch die Fahrt mit Taehyung bin ich fast so schnell, als wenn ich sofort losgegangen wäre. Ich warte, bis der Bus weg ist und die Leute sich verlaufen haben. Dann starte ich durch, damit mein Kleiner nicht mehr warten muss. Als ich in unserem Hof ankomme, rührt sich im Transporter nichts, und es ist auch dunkel. Ich steige hinten ein und mache ein Licht an.

Minseok liegt zugedeckt und fest schlafend auf der Rückbank und hört auch mein Kommen nicht. Schnell sehe ich, dass er sich auch nichts zu essen gemacht hat. Und das ist komisch. Ich fange an, das Essen von Patrick anzuwärmen. Ich bin froh, dass ich über meinen riesigen Schatten gesprungen bin und auf Taehyung gewartet habe. Sonst hätte ich diese Dose jetzt nicht.

Erst, als das Essen fertig ist, wecke ich Seokie. Er ist schwer wach zu kriegen und fängt gleich an zu schniefen. Ich reiche ihm Taschentücher und nehme ihn für eine Weile auf den Schoß, bis er richtig wach ist. Aber sehr gesprächig ist er auch dann nicht, ganz anders als sonst. Ich habe echt die Befürchtung, dass er krank wird. Ich koche auch noch seinen Lieblingstee und behalte ihn zum Essen auf dem Schoß. Vielleicht ist er ja heute nur ein bisschen anhänglich. Solche Tage hat er manchmal.

Nach dem Essen spielen wir noch ein bisschen, weil ich nicht will, dass er zu früh richtig schläft. Dann kommt er immer so durcheinander. Dabei wird er wieder ein bisschen aktiver und hat auch seinen Spaß dran. Ich habe mich also wohl getäuscht.
Er hat doch bloß einen Schnupfen.
Lange halten wir heute beide nicht durch. Bald legen wir uns hin, ich nehme ihn in den Arm, wickele uns ein und lösche das Licht.

Vorsichtig rantasten  °°  Do. 10.12.2020

Als wir heute Morgen aufwachen, läuft Minseoks Nase immer noch, aber er ist wieder besser drauf als gestern Abend. Der lange Schlaf scheint ihm gut getan zu haben. Und die Wärme in der Schule wird ihm auch weiter helfen. Ich hoffe nur, dass er denen nicht zu erkältet ist und die ihn deshalb wieder nach Hause schicken. Oder versuchen, seine „Eltern" zu erreichen. Aber ich muss jetzt noch vier Tage lang arbeiten, wir brauchen das Geld, also gehe ich das Risiko ein.

Heute bringe ich Seokie mal fast bis hin zur Schule und trage seinen Rucksack. Er plaudert wieder fröhlich und genießt die zusätzliche Zeit mit mir. Er schaukelt unsere Hände hin und her und balanciert auf Grundstücksmäuerchen. Es ist so schön, ihn unbeschwert und vergnügt zu sehen. Als immer mehr Kinder um uns drumrum laufen und er einen Klassenkameraden erspäht, verabschiede ich mich von ihm mit einer dicken Umarmung und setze ihm seinen Rucksack auf.
„Geht das so, Seokie?"
„Ja, klar. Ich hab dich lieb, Hyung!"
„Ich dich auch. Du bist mein Super-Seokie. Vergiss das nie!"

Eine Weile sehe ich ihm noch nach, bevor ich mich aufmache in die Stadt. Ich kaufe unterwegs noch ein paar Lebensmittel ein und bekomme wieder Bananen geschenkt, die durch den Frost ganz braun geworden sind. Irgendwie verstehe ich die Menschen ja manchmal nicht. Die Bananen sind doch nicht weniger essbar, wenn sie braun sind! Ich möchte echt nicht wissen, wie viele Lebensmittel jeden Tag in Supermärkten weggeworfen werden, weil niemand sie mehr kaufen will.
Könnt ihr alles mir schenken. Wir essen alles auf!

Vor einer Apotheke zögere ich lange, ob wir uns Medizin gegen eine Erkältung leisten können. Im Schaufenster werden alle möglichen Schnupfen-, Husten- und sonstwas-Arzneien beworben, aber bei den Preisen wird mir schwindelig. Ich kann doch nicht ein Drittel eines Wochenlohns für Medizin ausgeben! Aber ich kann auch nicht Seokie richtig krank werden lassen. Dafür ist es im Transporter einfach viel zu kalt. Auch mit Daunendecke. Ich raufe mir die Haare und gehe rein. Nach eingehender Beratung kaufe ich eine Erkältungssalbe zum Einreiben und hoffe, dass das helfen wird, wenn es nötig ist.