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Aiden

„Mister Anderson." In dem Moment, in welchem ich in der Einfahrt meines Elternhauses parkte, klingelte mein Handy. Ich hatte die Videodateien der Überwachungskamera bereits auf meinem Beifahrersitz zu liegen und wollte nun noch mit meiner Mutter über ihren Besuch bei SummerStyles sprechen.

„Miss Jones hat alles gestanden." Ich könnte heraushören, wie glücklich er über ihre Aussage war. „Man könnte sogar sagen, dass sie gesungen hat wie ein Vogel. Unser Trick hat funktioniert. Sie war entsetzt, um nicht zu sagen erschüttert, dass ihre Schwester sie so hintergangen hat."

„Was genau hat Kylie gesagt?", wollte ich von ihm wissen.

„Sie müssen wissen, dass es sich dabei um ganz schön harten Tobak handelt. Laut ihrer Aussage wusste sie nichts davon, dass es sich bei den Medikamenten für ihren Schwiegervater um Blutverdünner handelte."

Diese Aussage verwunderte mich sehr. „Und was sollte es dann sein?"

„Das Verhältnis der Schwestern war anscheinend distanziert. Doch eines Tages lud Khloe ihre Schwester zu einem Lunch ein. Sie gab an, dass sie ihr Verhältnis verbessern wollte. Bei diesem Lunch war ebenfalls eine Frau mit anwesend, welche sich als Diana vorstellte."

„Meine Mutter?" Das konnte nichts Gutes bedeuten.

„Ihre Mutter gab an, dass sie und Henry alte Freunde wären. Sie sei Medizinerin und wüsste, dass er häufiger vergisst, seine Medikamente einzunehmen. Deshalb hat sie ihr Tabletten gegeben und meinte, Kylie sollte diese einfach in seinen Kaffee tun. Miss Jones hat sich nichts dabei gedacht. Selbst dann noch, als Mister Summer starb."

Ich musste zugeben, dass es zu Kylie passte. Sie hatte keine Angst davor, dass ihr jemand etwas Böses wollte oder sie hinters Licht führen könnte. „Sie war zu gutgläubig und wollte die Anerkennung und Liebe ihrer Schwester."

„Als Ihre Frau die Firma übernahm, trafen sich die Schwestern erneut. Ihre Mutter war abermals anwesend. Kylie war froh über ihre neue Chefin. Dann sagte Khloe ihr aber, was sie getan hatte. Das Kylie ihrem Chef Blutverdünner verabreicht hatte und welche Konsequenzen sie nun erwarteten. Ihre Mutter, Diana, schlug ihr vor, Hailey ebenfalls aus dem Weg zu räumen. Wenn sie erstmal verschwunden wäre, würden Sie, Mister Garver, SummerStyles übernehmen."

„Und das hat Kylie geglaubt?"

„Khloe hat ihr weisgemacht, dass Sie beide eine Beziehung führen und ihre Mutter hat es bestätigt. Ihre Ehe zu Hailey bestünde nur auf dem Papier und Zoey wäre die Tochter eines andern." Mister Anderson machte eine kurze Pause. „Kylie Jones hatte Angst. Sie war verunsichert und ihre Schwester hat es ausgenutzt. Mit dem Versprechen ihr beizustehen und sie zu unterstützen. Die beiden Frauen manipulierten Miss Jones so lange, bis sie zustimmte."

„Und die Aussage hat Kylie verweigert, weil sie dachte, dass man sie aus dem Gefängnis holen würde." Irgendwo in meinem Inneren tat Kylie mir leid und ich wusste, dass es Hailey nicht anders gehen würde.

„Officer Taylor und einige seiner Kollegen sind bereits auf dem Weg zu Ihrer Mutter, Mister Garver."

„Das trifft sich gut, denn momentan parke ich in ihrer Einfahrt. Ich werde sie so lange ablenken, bis die Officer eintreffen." Ich stieg aus meinem Wagen und lief langsam auf die Haustür zu.

„Seien Sie vorsichtig, Mister Garver", bat er mich. „Sie ist zwar Ihre Mutter, aber nach allem was geschehen ist, traue ich dieser Frau alles zu."

Wir beendeten unser Telefonat und ich klingelte an der Tür. Wenige Augenblicke später öffnete meine Mutter die Tür.

„Was verschafft mir die Ehre?" Sie war eindeutig sauer und, nach ihrem heutigen Rauswurf aus der Firma konnte ich verstehen, dass sie nicht gut gelaunt war. Auch wenn es mir mittlerweile egal war, was diese Frau fühlte.

„Darf ich hereinkommen? Ich wollte mit dir über heute reden."

Sie verschränkte ihre Arme vor der Brust. „Was sollte ich mit dir zu bereden haben? Dass die Hure, die du deine Frau nennst, mir nicht nur meinen Sohn weggenommen hat, sondern auch noch meinen Mann? Oder willst du darüber reden, dass ich heute vom Sicherheitsdienst aus der Firma geworfen wurde? Ich kam mir vor wie eine Kriminelle!"

Oh Mutter, wenn du nur wüsstest...

„Möchtest du es auf der Straße klären, damit die Nachbarn es auch alle mitbekommen oder darf ich hereinkommen?"

Sie wandte sich von mir ab und lief in die Küche. „Schließe die Tür!"

„Was wolltest du heute bei SummerStyles?"

„Wo ist mein Mann? Was habt ihr mit Tom gemacht?" Anscheinend sollte es nach ihren Spielregeln gehen, so wie immer. Noch wollte ich ihr diese Genugtuung geben. Zumindest bis die Officer eintrafen.

„Dad wohnt in meinem Haus in Downtown. Du musst doch mitbekommen haben, dass er nicht mehr glücklich in eurer Ehe war."

„Er ist aber nicht da!", fuhr sie mich an. „Ich wollte vorhin zu ihm. Also, wo ist er?"

Ich atmete tief durch. Hoffentlich ging jetzt nicht alles schief und sie bleibt ruhig. „Hailey und ich haben ihn mit Zoey in den Urlaub geschickt. Die zwei sollen sich ein paar ruhige Tage machen."

Meiner Mutter wich sämtliche Farbe aus ihrem Gesicht. Sie erkannte wohl, dass ihr Plan nicht aufgegangen war. Das gab mir Hoffnung. Khloe hatte sich noch nicht bei ihr gemeldet.

„Aber das Kind muss doch...", stammelte sie.

Ich hörte das Zuschlagen von Autotüren und wusste, dass die Officer nun eingetroffen waren. „Was muss meine Tochter? Von Khloe entführt werden? Wolltest du ihr auch Blutverdünner verabreichen, so wie du es bei Henry getan hast? Wir wissen über alles Bescheid und es widert mich an, dass du meine Mutter bist."

„Du verstehst das nicht. Ich mache doch alles nur für dich!", jammerte sie. „Ich wollte immer nur dein Bestes."

„Hailey ist das Beste, was mir je passiert ist!" Mit meiner flachen Hand donnerte ich auf den Küchentresen. „Wie konntest du das tun?"

Sie stammelte einige Wörter, doch ich verstand nichts von dem, was sie sagte. Ich hatte vorhin die Haustür offen gelassen und Officer Taylor kam in die Küche. „Miss Garver, Sie haben das Recht zu schweigen. Alles, was Sie sagen, kann und wird vor Gericht gegen Sie verwendet werden. Sie haben das Recht, zu jeder Vernehmung einen Verteidiger hinzuzuziehen. Wenn Sie sich keinen Verteidiger leisten können, wird Ihnen einer gestellt. Haben Sie das verstanden?"

„Bitte Aiden", flehte sie. „Ich habe es nur für dich getan. Bitte!"

Ich stand an der Haustür und sah dabei zu, wie meine Mutter zu dem Streifenwagen geführt wurde. Wie sollte ich es Dad erklären?

„Mister Garver?" Officer Taylor trat auf mich zu. „Wir bringen ihre Mutter nun in Untersuchungshaft. Leider hat die Suche nach ihrer Komplizin noch nichts ergeben. Meine Kollegen fanden die Wohnung leer vor."

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