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Hailey

Nachdem ich Zoey ins Bett gebracht hatte, ging ich wieder nach unten ins Wohnzimmer. In diesem angekommen, verabschiedete Mona sich mit der Bitte, dass wir keine Gegenstände nacheinander werfen sollten. Dann schloss sie die Tür hinter sich und ließ Aiden und mich zurück.

„Möchtest du etwas trinken?", fragte ich. „Ich könnte einen Drink vertragen." Ich nahm eine Flasche Rotwein und zwei Gläser aus dem Regal und stellte diese vor uns auf den Tisch ab.

Aiden beobachtete jeden meiner Schritte und ließ mich nicht eine Sekunde aus den Augen. „Wolltest du mir jemals von ihr erzählen?" Seine Stimme spiegelte Wut, Enttäuschung und Verachtung wider.

„Es ist nicht so einfach", begann ich meine Erklärung. Doch ich wurde jäh von ihm unterbrochen.

„Dann erkläre es mir!"

Ich musste jedes meiner nun gesprochenen Worte genau abwiegen. Eine falsche Kleinigkeit und Aiden würde komplett ausrasten. Mir war bewusst, dass wir beide Fehler gemacht haben. Doch ich konnte nicht abschätzen, wer von uns den größeren begangen hat.

Mit seinem Betrug hatte er im Grunde genommen nur uns beide verletzt. Ich hingegen habe nicht nur uns beiden geschadet, sondern auch Zoey. Mein Baby hatte ein Recht auf ihren Vater, egal wie ich zu diesem stand.

„An dem Tag, an dem ich dich verließ, habe ich von meiner Schwangerschaft erfahren. Ich wollte es dir sagen, doch als ich euch sah, war ich so verletzt und wütend. Ich wollte nur noch weg. Weg von dem Menschen, den ich am meisten geliebt habe und der mich doch so tief verletzt hatte." Während ich redete, blickte ich auf das Glas Wein in meinen Händen.

„Also ging ich nach Portland zu Mona. Diese gewährte mir Unterschlupf und ich hatte Zeit, meine Wunden heilen zu lassen. Ich war so wütend. Nie hatte ich vor, dir von Zoey zu erzählen und sie hatte nur einmal nach ihrem Vater gefragt."

„Wie hast du ihr die Frage beantwortet?" Aidens Stimme war sanfter, doch hatte diese nichts von ihrer Wut verloren.

„Ich habe ihr gesagt, dass wir böse aufeinander sind und du deswegen nicht bei uns bist." Das war die Wahrheit und Zoey gab sich mit der Antwort zufrieden. „An dem Tag ihrer Geburt fuhr ich mit dem Wagen und aus dem nichts kam dieser Lastwagen und rammte mich."

Der Gedanke an Zoeys Geburt trieb mir erneut die Tränen in die Augen. „Eine Schwangerschaft sollte etwas Schönes sein, doch ich war nie glücklich. Ich war immer traurig. Das Baby war mir egal. Erst als mein Wagen von der Straße gedrängt wurde, bekam ich Angst. Angst um das kleine Wesen in mir, welches nichts für all die Fehler konnte."

Ich wischte mir mit einer Hand die Tränen von den Wangen, während Aiden nur dasaß und mich weiter ansah.

„Dann ging alles ganz schnell. Ich kam mit schrecklichen Schmerzen ins Krankenhaus und Zoey wurde zwei Monate zu früh geboren. Ich war total überfordert, denn ich hatte nichts vorbereitet. Nicht mal für einen Namen hatte ich mich entschieden."

Aiden beugte sich auf seinem Sessel nach vorne. Er wollte etwas sagen und doch schwieg er, während meiner Erläuterung. Damit gab er mir die Möglichkeit, all meine Erinnerungen in dem Tempo, welches ich benötigte, um meine Emotionen im Zaum zu halten, wiederzugeben.

„Als ich sie das erste Mal in meinen Armen hielt, war sie einfach nur perfekt. Alles andere war egal. Für mich gab es ab diesem Moment nur mein Baby."

„Und wann bekam sie ihren Namen?"

„Erst drei Tage später. Dad kam ins Krankenhaus und war entsetzt, dass sie noch keinen Namen hatte. Er meinte, ich sollte ihr endlich einen Namen geben und als erstes kam mir Zoey in den Sinn."

„Hast du denn keinen einzigen Moment daran gedacht, mich irgendwie darüber zu informieren? War ich, Zoeys Vater, dir denn so egal?" Er sprang auf und lief im Wohnzimmer auf und ab. „Ich weiß, dass ich verdammt nochmal Scheiße gebaut habe, aber du bist ebenfalls zu weit gegangen!" Er schrie nun förmlich und sein Kopf war rot angelaufen.

„Auch wenn ich dich nicht in unserem Leben haben wollte, bist du seit ihrer Geburt ein Teil davon." Ich versuchte zu schlichten und ihn zu beruhigen. Wenn er weiterhin so laut wäre, würde Zoey aufwachen.

„Und wie hast du vorgehabt mich daran teilhaben zu lassen?"

„Hör auf zu schreien!" Nun wurde ich lauter und stand auf. „Zoey schläft oben also zügel deine Stimme und lass mich ausreden!"

„Dann rede!", forderte er. „Sag mir, wie ich ein Teil von Zoey sein soll?"

„Aine", flüsterte ich.

Aiden blieb stehen und sah mich verwirrt an. „Was hast du gesagt?"

„Ich zweiter Name ist Aine." Es fiel mir damals erstaunlich leicht, ihr den Zweitnamen zu geben, welcher die weibliche Variante von Aiden ist. „Ich wollte, dass sie mit dir verbunden ist. Sie sollte nicht nur deinen Familiennamen tragen. Also gab ich ihr diesen Namen."

Aiden vergrub die Hände in seinen Haaren und atmete tief durch. „Ich bestehe darauf, dass wir ihr sagen, dass ich nicht ihr Onkel bin. Ich will, dass sie weiß, wer ich bin."

„Das verstehe ich. Wirklich, aber ich weiß nicht wie. Vermutlich mache ich mir auch einfach nur unnötige Gedanken darüber. Immerhin scheint sie dich zu vergöttern."

Ein Lächeln schlich sich auf sein Gesicht. „Das beruht auf Gegenseitigkeit. Sie ist perfekt." Kurz schwieg er, bevor er mich erneut ansah. Diesmal lagen Liebe und Zuneigung in seinem Blick. „Danke."

„Wofür bedankst du dich?"

„Jede andere Frau hätte vermutlich abgetrieben. Doch du hast ihr das Leben geschenkt. Dafür danke ich dir." Er hatte sich scheinbar beruhigt. „Dennoch hast du mir zwei Jahre mit meiner Tochter genommen und das kann ich dir nicht so einfach verzeihen."

„Ich weiß und jetzt, im Nachhinein, tut es mir Leid. Aber ich hoffe, du kannst auch meine Seite der Geschichte verstehen." Ich wollte einfach Frieden mit ihm schließen. „Zoey wird ausflippen, wenn sie erfährt, dass du ihr Vater bist."

„Meinst du?" Aiden trug ein unsicheres Lächeln in seinem Gesicht.

„Als ich sie vorhin in Bett gebracht habe, hat sie mich gefragt, ob du auch hier schläfst. Sie hat mir sogar gesagt, dass du Wilfried haben kannst, solltest du Angst alleine haben."

Wir standen uns gegenüber und sahen uns einfach nur an. Dieses verfluchte Kribbeln in meinem Bauch hörte einfach nicht auf. Unumstritten hatte Aiden bis heute eine Wirkung auf mich. Doch es ging nicht um mich oder meine Gefühle. Zoey hatte oberste Priorität. Zudem wusste ich nicht einmal, wie Aiden empfand und es sollte mich auch gar nicht interessieren. Trotzdem war da diese kleine Stimme in meinem Inneren, welche nach ihm rief.

War er fast drei Jahre nach unserer Trennung über mich hinweg?

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