36

4.6K 196 8
                                    

Hailey

„Geh weiter!"

Der Lauf der Waffe drückte noch immer gegen meinen unteren Rücken. Durch die Tränen, welche mir über mein Gesicht liefen, konnte ich meine Umgebung nur noch verschwommen wahrnehmen. Wir liefen am Strand entlang zum Ozean.

„Warum machst du das?", fragte ich mit tränenerstickter Stimme. „Wo ist Penelope?"

„Deine Freundin?" Spott und Hohn war aus ihrer Stimme herauszuhören. „Ich habe ihr von hinten eine über den Kopf gehauen. Sie schläft sich erstmal aus. Aidens Wagen steht nicht in der Auffahrt. Ich dachte ja, dass ich dich alleine erwische." Sie trieb mich immer weiter in Richtung des Wassers.

„Bitte hör auf!" Ich blieb stehen. „Warum tust du mir das an?" Weitere Schluchzer verließen meinen Mund.

„Du hast ihn mir weggenommen!" Khloe stieß mich zu Boden und die kühlen Wellen bedeckten meine Unterarme und Knie, auf denen ich mich abstützte. „Ich habe alles getan, um ihn zu bekommen, doch du musstest wieder alles an dich reißen!"

„Wovon redest du?" Ich wusste wirklich nicht, was sie meinte. „Ich habe ihn dir nicht weggenommen."

Sie beugte sich zu mir nach unten und schlug mir, mit ihrer Waffe in der Hand, ins Gesicht. In meinem Kopf dröhnte es und mir wurde schwarz vor Augen. Meine ganze linke Gesichtshälfte pochte und langsam setzte dumpfer Schmerz ein.

„Du hast immer alles bekommen, was du wolltest. Du hattest die besseren Noten als ich. Du warst beliebter bei anderen und die Kerle fraßen dir regelrecht aus der Hand. Mit deinem reichen Daddy im Hintergrund musstest du nie auf etwas verzichten und als ob das nicht reicht, hast du mir den einzigen Mann genommen, den ich jemals wollte."

Ich weinte und hielt mir meine schmerzende Gesichtshälfte. „Bitte!", flehte ich sie an. „Ich weiß nicht, was du meinst!"

„Ich habe ihn zuerst gesehen!", schrie sie mich an. „Doch du warst zu egoistisch und hast dich nicht darum gekümmert, was ich zu dir gesagt habe!"

„Der Typ von der Semesterparty?"

„Sieh an. Die Prinzessin kann sich ja doch erinnern."

„Khloe", begann ich. „Er hat dir einen Drink ausgegeben. Mehr nicht. Du kanntest nicht einmal seinen Namen."

Erneut holte sie mit der Waffe in ihrer Hand aus und schlug mir ins Gesicht. „Das ist egal. Er sollte mir gehören! Weißt du, wie lang ich darauf gewartet habe? Es war sogar recht einfach, damals an die Medikamente zu kommen. Aiden war wie in Trance. Eigentlich sollte er mich an diesem Abend schwängern. So wäre er bei mir geblieben. Aber dann bist du hereingeplatzt und hast meinen Plan vorerst vereitelt. Als wir dann mitbekommen haben, dass du verschwunden bist, hatte ich zunächst Hoffnung, dass er mir gehören könnte. Doch du Miststück hast seinen Geist vergiftet. Er wollte nur dich und hat mich abgewiesen."

„Ich wusste doch nicht, dass dieser Typ Aiden war."

„Du und dein kleiner Bastard haben alles kaputt gemacht. Eigentlich sollte deine Tochter heute verschwinden, doch nun nimmst du ihren Platz ein." Khloe entsicherte die Waffe und hielt sie mir an die Stirn. „Wenn du erstmal weg bist, ist der Weg für mich frei."

Es sollte nicht so enden. Ich wollte nicht, dass mein Leben schon vorbei war. Wir sollten doch noch ein Baby bekommen und Zoey könnte zeigen, dass sie eine großartige große Schwester wäre. Es war egoistisch, aber ich wollte Leben. Mit Aiden und unseren Kindern.

Ich schloss meine Augen und atmete noch einmal tief durch. „Es tut mir leid", waren meine letzten Worte, die flüsternd meinen Mund verließen. Das nächste, was ich mitbekam, war ein dumpfes Geräusch. Ich öffnete meine Augen und konnte erkennen, wie Khloe zu Boden ging. Hinter ihr stand Penelope mit einer meiner Bratpfanne in der Hand.

Ein Gefühl der Erleichterung überkam mich, doch auch Sorge mischte sich darunter. „Du blutest", stammelte ich.

„Und dein Gesicht ist ziemlich geschwollen", antwortete sie mir. „Komm hoch. Das Wasser ist kalt."

Penelope half mir hoch und gegenseitig stützten wir uns, während Khloe stöhnend im Sand lag.

„Sie hat eine Waffe", flüsterte ich zu Penelope und meine Augen suchten den Sand ab.

„Es ist zu dunkel. Wir würden sie nicht finden. Ich bin froh, dass ich dich gefunden habe. Außerdem wird sie nicht so schnell wieder aufstehen, es war immerhin ein ganz schöner Gong." Penelope hielt die Pfanne noch immer in ihrer Hand.

„Wir sollten Hilfe rufen."

Meine Retterin lachte auf. „Schon erledigt, Boss. Sie hat mich im Wohnzimmer hinter dem Sofa liegen lassen und als ich wieder zu mir kam, habe ich sofort das Police-Department benachrichtigt. Sie werden mit Sicherheit bald hier sein. Wenn du ins Haus möchtest, kannst du ruhig gehen. Ich warte hier und passe auf. Zur Not habe ich noch die Pfanne."

„Ich lasse dich nicht alleine", versprach ich ihr. „Obwohl du dich scheinbar zu verteidigen weißt. Ich traue dir sogar zu, dass du sie ohne Pfanne umgehauen hättest."

„Es war das Erste, was ich gefunden hatte. Die Kindersicherung an deinen Schränken hat mich etwas Zeit gekostet. Ich bekam nichts auf, also musste die Pfanne her. Aber du hast recht. Selbst ohne diese hätte ich sie umhauen können. Nur so ging es schneller und sie hatte keine Chance, den Abzug der Waffe zu betätigen."

Wir hielten uns gegenseitig und haben uns dadurch halt. Ich konnte nicht realisieren, dass es nun endlich vorbei sein sollte. Hinter uns konnte ich stimmen hören und nach einiger Zeit trafen die ersten Officer ein.

„Ich glaube, sie braucht einen Arzt."

Ein Officer ließ von Khloe ab, welche noch immer im Sand lag und sah zu mir und Penelope. „Sie sehen so aus, als ob Sie auch einen bräuchten." Er sprach in sein Funkgerät und hockte sich dann zu seinen Kollegen in den Sand. Dieser legte Khloe die Handschellen an und klärte sie über ihre Rechte auf.

„Hailey!" Aidens Stimme hallte den Strand entlang und nur wenige Augenblicke später hielt er mich in seinen Armen. „Ich hatte solche Angst um dich."

„Aiden?" Khloes Stimme klang kratzig und sie sah sehr verwirrt aus. „Aiden!" Ihr Körper wurde aufgerichtet und sie wurde von beiden Seiten durch Officer gestützt. „Aiden! Ich liebe dich! Aiden, bitte! Ich habe alles nur für dich getan! Wir können zusammen sein! Für immer! Aiden!"

Ich sah dabei zu, wie die Frau, welche einst meine beste Freundin war, den Strand entlang zu einem Krankenwagen gebracht wurde. Sie hatte recht. Niemals habe ich sie nach ihrer Meinung bezüglich Aiden gefragt. Ob sie ein Problem mit ihm hätte oder wie sie ihn fand. Ich ging einfach davon aus, dass sie sich für mich freuen würde.

Someone you lovedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt