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Hailey

„Mommy nicht weinen."

Zoey war sichtlich überfordert, denn noch nie hatte sie mich weinen sehen und konnte somit nur schwer mit der Situation umgehen.

„Ich hab dich lieb Prinzessin", sprach ich zu meiner Tochter, während sie auf meinen Schoß saß.

„Ich hab dich auch lieb. Nicht mehr weinen Mommy." Zoey wischte mit ihren kleinen Händen über mein Gesicht und sah noch einmal mit bösem Blick in die Richtung ihres Vaters.

Aiden stand vor uns und sah aus, als hätte ihn der Blitz getroffen. Was genau in seinem Kopf vorging, konnte ich nicht sagen. Aber es war eindeutig, dass er erkannte, wen er vor sich hatte. Sein Blick verriet mir, dass er wusste, dass Zoey nicht die Tochter eines fremden Mannes war.

„Baby entschuldige dich bitte. Er hat mich nicht zum Weinen gebracht", bat ich meine Tochter und rang weiter um Fassung.

Kurz sah sie mich an, bevor sie von meinem Schoß stieg und auf Aiden zulief. Dieser ließ sie nicht einen Moment aus den Augen und als sie vor ihm stand, ging er in die Hocke.

„Entschuldigung", murmelte sie und gab ihm die Hand.

Bitte baue jetzt keinen Mist!- sendete ich ein Stoßgebet in Aidens Richtung. Doch er schlug sich gut.

Er nahm ihre kleine Hand in seine und lächelte Zoey an. „Du bist mutig. Nicht jede Prinzessin hätte ihre Mommy so verteidigt, wie du es getan hast."

„Ich muss auf Mommy aufpassen und auf Wil."

„Auf Wil?", fragte Aiden und sah kurz zu mir. Es war eindeutig, dass er etwas Überfordert war. Irgendwie tat er mir Leid. Ich war schuld an der Menge der Informationen, die momentan auf ihn einschlugen.

„Grandpa hat ihn mir geschenkt. Er wohnt jetzt ganz weit oben im Himmel und Wil konnte nicht mit." Zoey hob während ihrer Erklärung, ihre Arme in die Höhe. Sie erzählte munter weiter und Aiden schien jedes ihrer Worte aufzusaugen.

„Komm mit. Wil und Tante Mona sind draußen." Sie griff erneut nach seiner Hand und zog ihn mit zur Tür.

Die Zeit, in welcher Zoey Aiden für sich einnahm, nutze ich um mich zu sammeln. Es stand mir ein Gespräch bevor, welches sich nicht mehr aufschieben ließ. Auch wenn ich mich die letzten Jahre vehement gegen die Tatsache wehrte, dass Aiden irgendwann von seiner Tochter erfahren musste, war mir nun bewusst, dass Zoey ein Recht auf ihren Vater hatte. So wie er ein Recht auf seine Tochter hatte.

„Mommy!" Zoey rief mich zu sich und den anderen in den Flur.

Ich wischte mir mit einem Taschentuch die letzten, kläglichen Reste meines Make-ups aus dem Gesicht und begab mich zu ihnen.

Mona trug ein wissendes Lächeln in ihrem Gesicht als sie mich sah. „Ich sollte euch noch etwas Zeit geben", flüsterte sie mir zu. „Ich fahr dann schon mal zurück nach Malibu." Sie verabschiedete sich von uns und stieg in den Fahrstuhl.

Meine Tante hatte schon immer ein Händchen für das perfekte Timing und wusste genau, wann ihre Anwesenheit unnötig war.

Aiden streichelte den Hund, welcher sich vor ihm auf den Rücken warf und die Zuneigung, welche ihm entgegengebracht wurde, sichtlich genoss.

„Ich habe mir schon Sorgen um dich gemacht", sprach Aiden zu Wilfried.

„Wil wohnt jetzt bei mir und Mommy. Er schläft in meinem Bett, aber Mommy mag das nicht."

„So so. Deine Mommy mag es nicht." Er warf mir einen Blick zu, der eine Palette aus Enttäuschung und Wut zeigte.

Scheinbar hatte ich mich selbst in große Schwierigkeiten gebracht. Aiden alles zu erklären, würde nicht einfach werden.

„Baby wir sollten auch nach Hause. Wir müssen morgen sehr früh aufstehen", versuchte ich meine Tochter von deren Vater zu trennen.

„Kann Aiden mich besuchen kommen?", fragte Zoey mich und sah dann direkt zu ihm. „Du kommst doch zu Besuch?" Sie wartete nicht einmal meine Antwort ab. Wenn sie sich etwas in den Kopf setzte, wollte sie es mit allen Mitteln durchsetzen. Ein wahrer Sturkopf. Ich weiß nur nicht, ob diese Eigenschaft eher von mir oder Aiden stammte. Wir waren ebenfalls beide äußerst Stur.

„Natürlich, Prinzessin." Dass er Zoey mit dem Kosenamen ansprach, welcher sonst mir vorbehalten war, traf mich direkt ins Herz. Ich war vielleicht nicht mehr seine Prinzessin, aber Zoey würde es für immer bleiben. „Ich bringe euch noch nach unten."

Eines musste man Aiden lassen. Obwohl ich seine Anspannung deutlich spüren konnte, zeigte er Zoey nichts davon. Er verhielt sich, ihr gegenüber absolut tadellos. Doch ich wusste, dass er in die Luft gehen wird, sobald wir alleine wären.

Als wir im Fahrstuhl standen, drückte er auf den Knopf für die Tiefgarage.

„Das Erdgeschoss reicht", sprach ich und sah ihn an. „Ich habe kein Auto und Mona ist ohne uns gefahren. Wir nehmen uns ein Taxi."

„Wieso hast du kein Auto?" Aiden war sichtlich verwirrt. „Henry hatte einige Wagen in seinem Besitz."

„Ich fahre seit geraumer Zeit nicht mehr selbst." Ich hatte Zoey an der einen Hand und Wilfried an seiner Leine in der anderen.

„Ich war ein Unfall", rief Zoey und grinste Aiden an.

Dieser sah mich entsetzt an. „Baby, das ist nicht richtig", verbesserte ich unsere Tochter. „Ich hatte einen Unfall und dann wurdest du geboren."

„Sag ich ja." Sie sah lächelnd zwischen uns hinunter her.

Die Fahrstuhltüren öffneten sich und wir traten hinaus in die Tiefgarage. „Ich fahre euch nach Hause. Dann kannst du mir während der Fahrt erzählen was passiert ist."

Während ich versuchte, Aiden klarzumachen, dass ich ihm keine Umstände bereiten möchte, war Zoey Feuer und Flamme. Sie lud ihn zum Abendessen bei uns ein und versprach, dass er noch eine Folge ihrer Lieblingsserie mit ihr ansehen durfte. Er sog jedes Wort seiner Tochter wie ein Schwamm auf und dachte nicht einmal daran, uns mit einem Taxi nach Malibu fahren zu lassen.

„Ich habe zwar keinen Kindersitz, aber bis zur nächsten Fahrt sollte ich einen besorgt haben." Er hatte noch keine offizielle Bestätigung von mir erhalten, dass Zoey wirklich seine Tochter war und plante trotzdem schon die Anschaffung eines Kindersitzes.

Während ich Zoey auf dem Rücksitz anschnallte, machte Aiden den Kofferraum Hundesicher und verstaute Wilfried in diesem, bevor er sich hinter das Steuer setzte. „Wo müssen wir hin?"

Es war ungewohnt, dass er von wir sprach. Doch mit dem Gedanken sollte ich mich wohl abfinden. Nach fast drei Jahren spielte er wieder eine Rolle in meinem Leben.

„Nach Malibu. Ich kann dir die Adresse gleich geben." Ich setzte mich auf den Beifahrersitz.

Aiden winkte mit seiner Hand ab. „Nicht nötig. Ich weiß, wo ihr hin müsst." Er startete den Wagen und lenkte diesen zielsicher aus der Garage.

Heute Abend, sobald Zoey schlief, würde ich ihm Rede und Antwort stehen müssen.

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