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Aiden

Ich war mit der Situation vollkommen überfordert.

Hailey saß seit knapp einer Stunde in ihrem Schlafzimmer und weinte sich die Augen aus dem Kopf, während Zoey bei mir blieb und sich keiner Schuld bewusst war.

Vermutlich wusste sie tatsächlich nicht was sie getan hatte, aber Hailey war zutiefst getroffen. Zoey wusste nun, dass ich ihr Vater war. Doch sie verstand nicht, dass ich nicht bei ihr und Hailey wohnen würde. Sie erklärte uns sogar, dass die Eltern der anderen Kinder aus ihrem Kindergarten doch aus zusammen wohnten und ich nun auch bei ihr und Hailey wohnen sollte.

Hailey versuchte ihr daraufhin zu erklären, dass es nicht möglich war und dann ging alles ganz schnell. Zoey schrie ihre Mutter an, dass sie böse und gemein wäre.

Ich musste den Drang widerstehen Hailey hinterherzulaufen, als diese weinend nach oben lief. Unsere Tochter hatte mir vor Augen geführt, wie trotzig sie reagieren konnte. Ich hatte Hailey nie geglaubt, dass Zoey auch anders sein konnte. Bisher kannte ich nur eine Seite von ihr, aber diese Trotzreaktion hatte mich eines Besseren belehrt.

Zoey zeigte mir seit geraumer Zeit einige ihrer Spielzeuge und plapperte dabei munter umher. Wilfried lag neben ihr und schlief den Schlaf der gerechten.

„Was hältst du davon, wenn ich uns Sandwiches zum Abendessen mache?", fragte ich sie nach einer Weile.

Zoey nickte mir zu und spielte weiter mit ihren Sachen.

„Danach geht es für dich in die Badewanne."

„Ich will aber nicht." Da war er wieder. Dieser Trotz. Waren alle Kinder in diesem Alter so oder lag es einfach an diesem Tag?

„Es ist mir egal." Wenn Zoey mit trotz regieren konnte, dann konnte ich es schon längst. Ich war mir zwar nicht sicher wie Hailey meine Methode fand, aber ich hatte keine andere Wahl. Sie hatte sich nach oben verkrochen und kam nicht wieder herunter.

„Das sage ich Mommy!"

„Dafür musst du dich aber zuerst bei ihr entschuldigen", versuchte ich ihr zu erklären.

„Muss ich?"

Ich verschränkte die Arme vor meiner Brust. „Ja, du musst." Zoey sah noch einmal trotzig zu mir, dann wandte sie sich ab. Dieser Abend konnte nur anstrengend werden.

Während ich das Abendessen vorbereitete, sah ich ab und zu über meine Schulter zu meiner Tochter. Sie ignorierte mich noch immer. Dieses Kind war unglaublich.

Nachdem ich die Sandwiches fertig hatte, ging ich nach oben. Vielleicht würde Hailey zum Essen ja nach unten kommen. Ich klopfte vorsichtig an ihrer Tür, aber es kam keine Reaktion.

Anscheinend hatten es sich alle Frauen dieses Hauses heute zur Aufgabe gemacht mich zu ignorieren. Ich ging wieder nach unten und beschloss ihr später einen Teller nach oben zu bringen.

Schweigend aßen wir. Nachdem wir damit fertig waren und ich die Reste im Kühlschrank verstaut hatte, nahm ich Zoey auf den Arm und ging mit ihr nach oben.

Im Badezimmer angekommen beschloss sie nach einer Weile mich nicht weiter mit ihrer Ignoranz zu strafen. Denn sie erklärte mir, dass ich den falschen Badeschaum benutzte und, um weiteren Streit aus dem Weg zu gehen, machte ich alles noch einmal neu. Hoffentlich konnte ich sie damit zufrieden stellen.

Die Badewanne war halb gefüllt und Zoey planschte fröhlich darin herum. Etwas unangenehm war es mir schon sie zu entkleiden und in das Wasser zu setzen, aber sie war meine Tochter. Ich hatte bisher noch nie die Gelegenheit gehabt sie zu Baden und damit begründete ich mein Unbehagen.

Streng nach ihrer Anweisung wusch ich ihre Haare, trocknete ich sie ab und föhnte diese, nachdem ich sie aus der Wanne gehoben hatte. In ihrem Handtuch gewickelt, trug ich sie in ihr Zimmer. Dort fand ich, auf einer Kommode liegend einen Pyjama. Anscheinend hatte Hailey mitbekommen, dass ich ganz schön zu kämpfen hatte und griff mir etwas unter die Arme.

Nachdem wirklich alles erledigt war, setzte ich mich mit Zoey auf ihr Bett. „Möchtest du dich bei Mommy entschuldigen?", fragte ich sie. „Sie ist traurig, denn du hast etwas Gemeines zu ihr gesagt."

„Aber Mommy will nicht, dass du bei uns wohnst." Zoey kuschelte ihren Kopf an meine Schulter. „Mommy ist böse zu dir."

„Ich war auch böse zu Mommy. Ich habe etwas Dummes gemacht und war gemein zu ihr. Deswegen möchte sie nicht, dass ich hier wohne."

„Daddy, du musst dich entschuldigen. Dann ist Mommy auch nicht mehr böse".

„Ich habe zu lange damit gewartet. Also wartet Mommy genauso lange damit nicht mehr böse auf mich zu sein."

Zoey schien mich verstandenen zu haben und sah mich an. „Wenn ich mich nicht entschuldige, ist sie lange traurig?"

„Genau." Ich nickte und stand, mit ihr in meinen Armen auf. „Komm. Wir gehen und Entschuldigen uns."

Vorsichtig öffnete ich die Tür zu Haileys Schlafzimmer und sah ihre zusammengekauerte Gestalt im Bett liegen. Ich ging, mit unserer Tochter im Arm, auf sie zu und setzte mich auf ihre Seite. Dann entließ ich Zoey aus meinen Armen.

Diese überbrückte sofort die Distanz zu Hailey und kuschelte sich an sie. „Entschuldigung Mommy", flüsterte sie.

Hailey legte ihre Arme um sie und zog Zoey näher zu sich. „Ich hab dich lieb."

„Ich und Daddy haben dich auch lieb. Sei nicht mehr böse auf uns."

Hailey sah nicht gut aus. Ihre geröteten Augen zeigten mir, dass ihr die Situation sehr zusetzte. Generell ging es ihr in letzter Zeit schlecht. Sie hatte abgenommen und litt oft unter Schwindel und Übelkeit. Sie spielte das ganze herunter, doch ich machte mir große Sorgen um sie.

„Ich bring dir noch etwas zu essen und trinken."

Ich erhob mich und als ich an der Tür ankam, rief Zoey noch einmal an mir. „Daddy warte." Sie kam vom Bett auf mich zu. „Mommy sagt, dass wir unten die Eiskönigin gucken. Wir brauchen ganz viele Decken." Sie flitze an mir vorbei in ihr Zimmer.

Irritiert blieb ich an der Tür stehen und sah ihr hinterher. Mit ihrem Kissen kam sie wieder hinaus und lief die Treppe nach unten. Hinter mir hörte ich Hailey, welche sich mühsam aus ihrem Bett erhob.

Sofort war ich bei ihr, um ihr zu helfen. Ich erkannte, dass sie Probleme beim Aufstehen hatte. „Ist dir schwindlig?", fragte ich und stützte sie.

„Es geht schon wieder." Sie löste sich vorsichtig von mir.

„Du solltest zu Arzt."

„Es ist nur der Kreislauf. Vermutlich liegt es an dem Stress in letzter Zeit."

„Versprich mir, dass du zum Arzt gehst, wenn es Ende nächster Woche nicht besser wird."

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