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Hailey

Aiden hatte mich so früh wie möglich aus dem Krankenhaus geholt und nach Hause gebracht. Auf der Autofahrt hatte er mir bereits lachend erklärt, dass Zoey uns nicht teilen wollte.

Er hat in der vergangenen Nacht kaum ein Auge zugetan. Es lag nicht daran, dass Zoey ihm Probleme gemacht hatte, denn wir hatten uns im Vorfeld darauf geeinigt, ihr zu sagen, dass ich einfach ganz lange arbeiten musste. Sondern eher daran, dass er die erste Nacht alleine mit ihr verbrachte und er einfach Angst hatte.

Nachdem wir in Malibu ankamen und wir gemeinsam gefrühstückt hatten, fuhr er zur Arbeit. Wir mussten an unserem Plan festhalten und so tun, als wäre alles normal. Zoey blieb die restliche Woche zu Hause, denn offiziell war sie krank und ich musste mich um sie kümmern.

Während ich also in Malibu festsaß, musste Aiden alles für Thalias Brautkleid in die Wege leiten. Wir hatten einen Zeitplan, an welchem wir uns unbedingt halten mussten und Thalia müsste einige Male zu Anprobe kommen, damit es an ihrem großen Tag keine böse Überraschung gab.

Auch ich hatte im Krankenhaus kein Auge zugetan, denn immer wieder schweiften meine Gedanken zu dem Tag, an welchen Zoey geboren wurde.

„Können Sie mich hören?"

Was war das für eine Stimme? Ich war doch alleine mit dem Auto unterwegs. Woher kam dann diese Stimme?

„Miss Garver, können Sie mich hören? Sie sind im Krankenhaus."

Im Krankenhaus? Wie kam ich hier her?

„Sie müssen uns nun helfen und aufwachen. Ihr Baby ist in Gefahr."

Mein Baby? Warum war mein Baby in Gefahr? Dieses kleine Wesen in mir. Ich hatte noch ein paar Wochen bis zum Geburtstermin und bei der letzten Kontrolle war doch alles in Ordnung. Warum sollte es nun in Gefahr sein? Plötzlich spürte ich diesen Schmerz in meinem Bauch. Mein Baby!

Ich schlug meine Augen auf und musste diese sofort wieder schließen. Auf das helle Licht und die Gesichter, welche auf mich herab sahen, war ich nicht vorbereitet.

„Miss Garver, haben Sie schmerzen? Sie müssen uns helfen."

„Mein Bauch tut weh", stammelte ich und öffnete vorsichtig meine Augen. „Was ist mit meinem Baby?" Obwohl ich, seitdem ich Aiden verlassen hatte, kein wirkliches Interesse an unserem Kind zeigte, hatte ich nun eine unbeschreibliche Angst. Ich wollte nicht, dass diesem Wesen etwas zustößt.

„Haben Sie sonst noch schmerzen oder ist es nur der Bauch?", fragte eine der Stimmen.

„Mein Kopf, aber der Bauch ist schlimmer", antwortete ich und versuchte diesen zu berühren.

„Sie dürfen sich nicht bewegen. Wir versetzen Sie nun in Narkose und holen Ihr Kind auf die Welt. Sollen wir jemanden kontaktieren?"

„Meinen Dad, Henry Summer. Seine Telefonnummer ist in meinem Handy." Ich wollte noch so viel mehr sagen, doch die Ärzte setzten mir schon eine Maske auf den Mund. Ich sollte ruhig und tief einatmen. Sie würden sich um alles Weitere kümmern und meinen Vater benachrichtigen, dann wurde erneut alles um mich herum dunkel.

Als ich das nächste Mal meine Augen öffnete, waren die Schmerzen fast verschwunden. Mein Bauch tat zwar immer noch weh, doch waren die Schmerzen weitaus weniger als zuvor. Fast automatisch glitt meine Hand dahin, wo eigentlich eine Kugel sein sollte, doch mein Bauch war flach.

Panik überkam mich. Wo war mein Baby? Ich setzte mich ruckartig auf, was sich als Fehler erwies. Es fühlte sich an als würde meine Bauchdecke brennen und mir blieb die Luft weg. Doch war der Gedanke an das Kind, welches ich eigentlich bis zu diesem Zeitpunkt weitestgehend ignoriert hatte, dass einzige was mir durch den Kopf ging.

Ich sah mich im Raum um, aber konnte nichts finden. Beinahe panisch betätigte ich den Rufknopf am Kopfende und drückte so lange auf diesen, bis sich die Tür öffnete und eine Schwester den Raum betrat.

„Wie ich sehe, sind Sie wach." Die Schwester lachte mir entgegen, doch das war mir egal.

„Wo ist mein Baby?" Ich erschrak, als ich meine brüchige Stimme wahrnahm.

Sie kam auf mich zu und drückte mich zurück in das Kissen. „Es ist alles in Ordnung. Ich gebe schnell dem Arzt Bescheid, damit er Sie noch einmal untersuchen kann. Sobald er hier ist, hole ich Ihr Kind. Machen Sie sich keine Sorgen."

Wenige Augenblicke später betrat der Doktor mein Zimmer und die Schwester lächelte mir noch einmal zu, bevor sie ging. Hoffentlich kommt sie schnell zurück und hat mein Baby dabei.

„Wie geht es Ihnen? Haben Sie Schmerzen?" Er sah auf den kleinen Monitor zu meiner linken, auf welchen er meine Vitalzeichen ansah und in der Akte, welche er mit sich trug, notierte.

„Mein Bauch fühlt sich an, als würde er brennen", antwortete ich ihm wahrheitsgemäß.

„Dann würde ich diesen gerne untersuchen."

Ich tat alles, um den Arzt seine Arbeit zu ermöglichen und zog den Krankenhauskittel etwas nach oben. Auf meinem Bauch befand sich ein großes Pflaster.

„Wissen Sie, was passiert ist?", fragte er, während er meinen Bauch abtastete.

Ich überlegte kurz. „Das letzte, an das ich mich erinnern kann, ist, dass ich mit dem Auto unterwegs war."

„Ein Lastwagen hat ein Stoppschild überfahren und ist in Ihren Wagen gerast. Sie hatten Glück im Unglück. Ihr Auto hat einen Totalschaden, aber abgesehen von einer Gehirnerschütterung und einem Notkaiserschnitt haben Sie nur einige wenige Blessuren."

„Ein Notkaiserschnitt?"

„Machen Sie sich keine Sorgen. Sie können noch weitere Kinder bekommen und Ihre Tochter hat die Geburt gut überstanden. Ihr Vater wurde bereits kontaktiert und wird spätestens in zwei Tagen hier sein. Wir haben Sie für einen Tag ins Koma versetzt, um Ihrem Körper die nötige Ruhe zu gönnen."

Ich hatte eine Tochter. Tränen stiegen mir ins Gesicht und ich war unendlich dankbar für dieses Geschenk. Die Tür öffnete sich und die Schwester schob ein kleines Babybett vor sich.

„Dann bringen wir dich mal zu deiner Mommy", sprach sie und lächelte in das Bettchen.

Der Arzt zog meinen Kittel zurück und meinte, ich könne mich vorsichtig aufsetzen. Vorsicht, aber schnell zugleich, setzte ich mich auf und der Arzt stellte noch das Kopfteil meines Bettes ein, bevor er sich vorerst verabschiedete. Die Schwester griff in das Bettchen und legte mir das kleine Bündel in die Arme.

Ich dachte immer, dass Aiden die Liebe meines Lebens war. Doch solch eine bedingungslose Liebe wie in diesem Augenblick hatte ich noch nie gespürt.

„Mommy?" Zoeys Stimme riss mich aus meinen Gedanken und ich schenkte ihr sofort meine ganze Aufmerksamkeit.

„Baby?", fragte ich und ging vor ihr in die Hocke.

Sie schlang ihre kleinen Arme um mich. „Ich hab dich lieb", flüsterte sie mir ins Ohr.

„Ich hab dich auch lieb."

„Ich möchte nicht, dass ihr mir ein Baby zum Geburtstag schenkt", waren die nächsten Worte, welche sie mir zuflüsterte.

Ich konnte mir das Lachen nicht verkneifen. „Keine Sorge. Es ist dein Geburtstag und du bekommst kein Geschwisterchen."

„Versprochen? Wenn doch, dann muss Daddy es wieder dahin zurückbringen, wo ihr es gekauft habt."

„Möchtest du denn wirklich niemals einen kleinen Bruder oder eine kleine Schwester?", fragte ich sie.

Zoey schien kurz zu überlegen. „Vielleicht schon. Aber zuerst habe ich Geburtstag."

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