Kapitel 26

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Meine Mum hatte natürlich mal wieder komplett übertrieben mit der Menge des Essens. Wir hätten die ganze Siedlung damit versorgen können. Ich wusste jetzt schon was es die nächsten Tage zu essen gab...

Auf Wunsch meiner Mutter, zog ich zu meiner schwarzen Hose eine weiße Bluse anstatt eines Hoodies an. Und ich war mehr als froh darüber, als ich Kai und seine Familie sah. Sie waren alle schick gekleidet. Sogar Kai trug ein Hemd und - verdammt - es stand ihm echt gut.
Nachdem unser Christbaum ausführlich betrachtet und auch gelobt wurde, stellte sich uns Kais Schwester Lea vor. Sie war mir direkt sympathisch und ich merkte schnell, dass sie genauso humorvoll wie ihr Bruder war. Als wir uns an den Tisch setzten, erzählte sie ein wenig von ihrem Job in München und ihrem Leben dort.
Irgendwann fragte mein Vater: "Hattet ihr nicht mal erzählt, dass ihr noch einen älteren Sohn habt?"
"Ja, der kann dieses Jahr leider nicht an Weihnachten hier sein", meinte Kais Mutter etwas traurig, "Er ist damals zum Studieren nach Spanien gezogen, weil er einfach die Welt sehen wollte. Dort hat er dann seine Frau kennengelernt und die beiden wohnen jetzt gemeinsam in Spanien. Normalerweise sind sie jedes Jahr im Dezember für eine Woche nach Deutschland geflogen. Aber dieses Jahr erwarten sie in den nächsten Tagen ihr erstes Kind und deswegen hat das leider nicht geklappt."
"Ich finde das echt spannend. Ich könnte mir irgendwie nicht vorstellen im Ausland zu studieren, das macht das Ganze doch nochmal schwieriger", meinte ich.
"Und du brauchst es ja immer einfach", sagte Kai grinsend.
"Och Kai", seine Schwester gab ihm einen Klaps auf den Arm, "Musst du immer deine dummen Kommentare abgeben? Also ich sehe das genauso wie du Tara, aber ICH finde du wirkst so klug und tough, dass ich dir das auch zutrauen würde." Sie schenkte mir ein Lächeln.
"Hey!", mischte sich wieder Kai ein, "Das war ein Scherz! Ich hab nie behauptet, dass ich ihr das nicht zutrauen würde. Denn ich kann dir sagen, Tara wirkt nicht nur so, sie IST klug und tough."
Ich wurde rot bei diesen Worten. Das waren eindeutig zu viele Komplimente auf einmal und dann noch von Kai...
"Ähm... danke euch beiden", brachte ich langsam heraus. Doch mein Dank ging fast unter, denn im selben Moment sprach Lea: "Ach, ich wusste nicht, dass ihr beide euch so gut kennt."
Kai und ich blickten uns einen Moment an und keiner wusste so wirklich was er darauf antworten sollte. Zum Glück rettete uns Kais Mutter: "Tara ist großer Fußball-Fan und sie war auch schon bei Spielen von Kai dabei."
Lea sah mich interessiert an. "Echt? Bist du dann auch Fan von Bayer Leverkusen?"
"Nein, ich bin eigentlich Fan vom VfB Stuttgart."
"Stimmt. Meine Eltern haben vorhin kurz erzählt, dass ihr von Stuttgart hierher gezogen seid."
Ich nickte.
"Vermisst du deine Freunde aus Stuttgart?", wollte Lea wissen.
Ich hasste diese Frage. Sofort sah ich wieder die Nachrichten und Kommentare vor meinem Auge. Doch ich blinzelte sie sofort wieder weg. Ich hatte damit abgeschlossen, die Vergangenheit durfte mich nicht mehr verletzen.
"Ich habe hier tolle neue Freunde kennengelernt", umging ich die Frage ein wenig.
Lea nickte lächelnd und hakte zum Glück nicht weiter nach.
Im weiteren Verlauf des Abends sprachen wir über alles Mögliche, aber nicht mehr über mich, worüber ich mehr als erfreut war. Ich hasste es im Mittelpunkt zu stehen und besonders wenn es dann noch um ein so empfindliches Thema ging.

Als mir ein wenig langweilig wurde, begann ich den Tisch abzuräumen und das Geschirr schon mal in die Spülmaschine einzuräumen. Während ich alleine in der Küche vor mich hin arbeitete, hörte ich plötzlich Schritte hinter mir. Als ich mich umdrehte, stand Kai dort mit einem weiteren Stapel Geschirr.
"Ich dachte ich helfe dir mal. Die reden über irgendein politisches Zeugs und da hab ich keine Ahnung von."
"Das ist nett von dir. Ich mache das auch nur, um zu flüchten."
Kai drückte mir lachend einen Teller in die Hand.
"Sorry, dass Lea dich so ausgefragt hat, aber sie ist eben sehr neugierig."
"Dafür musst du dich nicht entschuldigen. Ich fand das nicht schlimm", erklärte ich.
Ein paar Minuten räumten wir schweigend das Geschirr in die Spülmaschine und packten übriggebliebenes Essen in Dosen.
Doch dann meinte Kai plötzlich: "Ich würde gerne noch länger hier in Aachen bleiben."
"Aber ich dachte du bist noch eine Woche da?"
"Ja schon. Doch das ist nicht genug. Ich hab Angst davor die Wahrheit über Sophia herauszufinden. Was ist wenn sie mich wirklich betrügt? Was mach ich dann?"
"Du machst als allererstes Schluss, würde ich mal sagen. So einen Menschen verdienst du nicht. Wenn sie nicht sieht was sie an dir hat, sondern sich direkt den nächsten Typen sucht, ist sie nicht die Richtige."
"Ich weiß. Aber dann bin ich wieder so allein. Sophia war fast so etwas wie ein Julian-Ersatz..."
"Zuerst einmal werde ich so schnell wie möglich zu dir fahren, um dich aufheitern zu können, falls dein Verdacht sich bestätigt", stellte ich klar, "Und zweitens hast du keine anderen Teamkollegen die du als Freunde bezeichnen würdest?"
"Doch schon..."
"Aber?"
"Die sind aber nicht Julian."
"Das ist Sophia auch nicht, aber du hast trotzdem in ihr einen Art Ersatz gefunden. Ich glaube du bist nur zu sehr in deiner Blase verschlossen, dass du gar nicht merkst wie viele potentielle Julian-Ersätze du kennst. Sobald du wieder in Leverkusen bist, triffst du dich mal mit ein paar Teamkollegen und du wirst sehen, du bist nicht alleine!"
"Mach ich... Tara? Danke, dass du mich immer noch so unterstützt, obwohl ich dich so kacke behandelt habe..."
Ich blickte ihn an.
"Du bist und bleibst mein bester Julian-Ersatz", meinte er mit einem schiefen Grinsen.
"Das ehrt mich aber", antwortete ich, bevor er mich auf einmal in eine Umarmung zog.
Obwohl ich eigentlich gerade ihn aufgemuntert hatte, hatte diese Umarmung auch für mich etwas Tröstendes. Ich genoss jede Sekunde in der ich ihm so nah sein konnte und da er keine Anstalten machte die Umarmung zu beenden, tat ich es genauso wenig.
"Sooo, dann helf ich euch mal", ertönte plötzlich Leas Stimme. Schnell lösten wir uns wieder von einander.
Die nächsten Minuten machten wir uns wieder an die Arbeit ohne einander ein einziges Mal in die Augen zu sehen. Während dieser Umarmung war wieder diese Spannung da gewesen, die ich auch damals bei Kai auf dem Sofa gespürt hatte, als wir kurz davor waren uns zu küssen.
Oh Mann, das war überhaupt nicht gut und ich denke wir beide wussten das...

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Guten Abend! 👋🏼

Heute gibt es mal wieder ein etwas längeres Kapitel, aber ich war irgendwie im Schreibfluss. Ich freu mich schon auf die nächsten Kapitel, denn dann geht's richtig zur Sache hihi
Seid gespannt! 🤓

Ein schönes Wochenende euch allen! 🥰

Eure Laura :)

Just a fence between us | Kai HavertzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt