Kapitel 6

7.6K 200 38
                                    

Kai wollte mich um 14 Uhr abholen. Also begann ich am Vormittag zu duschen und danach mein Outfit auszuwählen. Ich entschied mich für eine Jeansshorts und einem einfachen T-Shirt. Ich wollte es auf keinen Fall wieder so übertreiben wie bei unserem gemeinsamen Abendessen.
Als ich dann noch etwas Zeit hatte, schminkt ich mich ein wenig. Es sollte das ganze etwas auffrischen, aber dennoch natürlich aussehen. Danach schmiss ich noch meinen Geldbeutel, mein Handy und meine Schlüssel in meine Handtasche.
Pünktlich um 14 Uhr klingelte es an der Tür. Schnell rannte ich die Treppen hinunter, damit ich unten ankam, bevor einer meiner Eltern Kai öffnen würde.
Ich atmete einmal tief durch, dann machte ich die Haustür schwungvoll auf. Dahinter stand ein grinsender Kai.
"Hey! Bereit Aachen kennenzulernen?"
"Aber sowas von bereit!", gab ich motiviert zurück.
In Windeseile schlüpfte ich in meine weißen Sneaker, dann konnten wir schon los. Ich dachte wir würden mit dem Bus in die Stadt fahren, doch als Kai am Ende unserer Einfahrt nach rechts anstatt nach links abbog, war ich verwirrt.
"Geht's zur Bushaltestelle nicht in die andere Richtung?"
"Wer hat denn behauptet wir würden mit dem Bus fahren?", antwortete Kai schmunzelnd.
"Ich dachte nur..."
"Ich hab ein eigenes Auto", unterbrach mich der Braunhaarige, "Da brauchen wir doch dann nicht den Bus!"
Natürlich! Kai war 19 Jahre alt, da war es irgendwie verständlich, dass er Auto fuhr. Warum hatte ich da nicht früher dran gedacht?
Mit großen Schritten schloss ich zu ihm auf. Er war schon wieder in die Einfahrt seiner Eltern gebogen und öffnete gerade die Garage. Zum Vorschein kam ein glänzend schwarzer Sportwagen. Ich staunte nicht schlecht.
"Mit dem Auto habe ich mir einen Wunsch erfüllt. Ich dachte mir, nachdem ich so viel Geld schon gespart hatte, dürfte ich mir auch mal was gönnen", erklärte Kai, als er meinen Blick bemerkte.
"Würde ich wahrscheinlich genauso machen", meinte ich.
"Du würdest dir auch ein teures Auto kaufen?", fragte Kai interessiert.
"Naja, vielleicht eher erstmal ein schönes Haus, aber auf jeden Fall würde ich nicht das komplette Geld sparen."
Mittlerweile hatte mein Begleiter sein Auto aufgeschlossen und hielt mir nun die Beifahrertür auf. Richtiger Gentleman!
Ich bedankte mich und ließ mich auf den Ledersitz fallen.
Das Auto roch nach Kais Aftershave und ein wenig nach Putzmittel, er musste es kurz vorher noch sauber gemacht haben.
Dann fuhr Kai los. Während der Fahrt unterhielten wir uns über unsere Lieblingsmusik. Dadurch erfuhr ich, dass er hauptsächlich Rap hörte. Ich war kein großer Fan von Deutschrap, aber ich ließ dennoch die Lieder, die aus Kais Radio kamen, über mich ergehen. Ich wollte nicht schon bei unserem ersten Ausflug meckern.

In der Stadt angekommen, parkte er sein Auto in einer Tiefgarage und führte mich dann ein wenig rum.
Irgendwann kamen wir vor einem kleinen Haus an, das schon etwas älter aussah. Davor standen Tische und Stühle, außerdem einige Sonnenschirme.
"Und hier", Kai machte eine ausladenden Bewegung, "Hier gibt es das beste Eis in ganz Aachen. Glaub mir, es schmeckt nirgendwo besser."
Ein kaltes Eis war jetzt genau das richtige. In der Innenstadt war es noch mal einen Tick heißer als bei uns zu Hause.
Wir betraten den Laden und ich betrachtete die große Vielfalt an Eissorten, die im Tresen vor uns präsentiert wurden.
Während ich meine Handtasche öffnete, um meinen Geldbeutel herauszuholen, meinte Kai zu mir: "Du brauchst gar nicht erst daran zu denken! Ich lade dich natürlich ein."
"Dankeschön", ich lächelte ihn an. Dann bestellte ich eine Kugel Wassermelone in der Waffel. Kai nahm zwei Kugeln, einmal Schokolade und einmal Erdbeere.
Wir liefen mit dem Eis in der Hand weiter, da kein Platz im Schatten mehr frei war.
"Du bist richtig langweilig was deine Auswahl angeht", schmunzelte ich und deutete auf die Eiswaffel in Kais Hand.
"Ich hab schon jede einzelne Sorte, die sie dort verkaufen, probiert und dann festgestellt, dass Erdbeer und Schoko immer noch die Besten sind."
Wir liefen schweigend weiter und aßen unser Eis.
Irgendwann fragte mich Kai: "Wie sehen eigentlich deine Pläne für die restlichen Sommerferien aus?"
Ich zuckte mit den Schultern.
"Wegen dem Umzug waren wir dieses Jahr schon in den Pfingstferien im Urlaub, deshalb habe ich in den nächsten Wochen nichts vor. Was machst du noch so in eurer Sommerpause?"
"Mein einziger Plan ist es, die nächsten Wochen bei meinen Eltern zu genießen, bevor die Saisonvorbereitung startet. Bis letzte Woche war ich mit meinem besten Freund Julian, dessen Brüder und noch ein paar weiteren Kumpels im Urlaub. Jule hatte uns dazu eingeladen, es sollte wohl so als Abschied für ihn dienen."
"Wieso Abschied?", fragte ich überrascht, doch als ich Kais traurigen Blick sah, hätte ich die Frage am liebsten wieder zurückgenommen. Sofort malte ich mir im Kopf die schlimmsten Szenarien aus.
Was ist wenn Kais Freund Krebs hatte und wusste, dass er bald sterben würde oder er sich sogar umbringen will?
Wenn Kai mir gleich irgendeine traurige Geschichte erzählt, würde ich ihn trösten müssen. Oh Gott, ich war die letzte Person zu der man kommen sollte, wenn es einem schlecht geht. Ich war immer überfordert damit, wenn ich jemanden trösten musste. Wenn Kai gleich die Tränen kommen, würde ich vor Panik auch anfangen zu heulen!
"Julian verlässt Leverkusen, er hat vor einigen Wochen einen Vertrag bei Dortmund unterschrieben. Ich kenne ihn seit meinem ersten Tag bei den Profis von Leverkusen. Wir haben uns sofort gut verstand und sind schnell beste Freunde geworden", erklärte Kai.
Gut, die Situation war doch nicht ganz so übertrieben schlimm, wie ich gedacht hatte.
"Julian Brandt oder?", fragte ich vorsichtig.
Kai nickte. Ich hatte die Wechselgeschichte von Kais Kumpel mitbekommen. Es stand ja auch sofort überall. Anscheinend war es eine große Sache.
Kai seufzte. "Ich kann mir gar nicht vorstellen ohne ihn zu trainieren oder auf dem Platz zu stehen. Er hat mich immer aufgemuntert und motiviert. Dank Jule hab ich nie aufgegeben."
"Aber du hast doch bestimmt auch noch andere Teamkollegen mit denen du dich gut verstehst", meinte ich.
"Schon, aber mit keinem habe ich so eine gute Bindung wie mit Jule."
"Ich hätte auch gerne einen besten Freund oder eine beste Freundin", platzte ich heraus ohne nachzudenken.
Kai schaute mich mitleidig an. Dann fragte er: "Du kannst doch bestimmt mit deinen Freunden aus Stuttgart in Kontakt bleiben? Heutzutage mit den Smartphones geht das doch ganz einfach. So werden auch Jule und ich uns weiterhin unterhalten."
"Das Problem ist nur, dass ich zuletzt in Stuttgart keine richtigen Freunde hatte", antwortete ich.
Jetzt schaute der Braunhaarige richtig verwirrt.
"Im Ernst? Du willst mir gerade klar machen, dass dort KEINER mit dir befreundet sein wollte? Sind die irgendwie dumm?"
Ich musste grinsen. Kai hatte sich sofort reingesteigert in die Sache. Wenn er den Grund dafür kennen würde, warum keiner mit mir mehr befreundet sein wollte, würde er wohl nicht so ausrasten...
"Ich bin mir sicher, hier in Aachen findest du an der Schule Freunde. Und wenn nicht, dann komm ich halt mal mit und ich versprech dir, dann wollen plötzlich alle mit dir Kontakt haben", meinte Kai lachend.
"Danke, ich werde auf das Angebot zurückkommen", antwortete ich und stimmte in sein Lachen ein.

-----
Heyyy!

Ich hab mal wieder etwas Zeit gefunden, um zu schreiben.
Ich bin jetzt schon bei Kapitel 9 und komme gerade an einen Punkt, wo ich nicht so genau weiß, wie ich weiterschreiben soll. Ich hoffe, dass mir in den nächsten Tagen Ideen kommen 🙈

Bis irgendwann ✌🏼♥️

Just a fence between us | Kai HavertzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt